Reisen ans Ende der Welt. Ibn Battuta

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Reisen ans Ende der Welt - Ibn Battuta Edition Erdmann

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erzählt hatte, erlebte ich jedoch den gegenwärtigen König in den Tagen meines Aufenthalts in diesen Ländern selbst.

      Sultan Mohammed Schah hatte sich selbst den Beinamen Abu’l-Mujahid, »Vater des Glaubenskampfes«, gegeben. Er ist unter allen Menschen derjenige, der es am meisten liebt, Geschenke zu machen und – Blut zu vergießen. An seiner Tür findet man stets einen Armen, der reich beschenkt, oder einen Lebenden, der umgebracht wird. Die Erzählungen über seine Großmut und Tapferkeit, über seine Härte und Brutalität gegen Verbrecher sind weltbekannt. Dennoch ist er wieder der demütigste Mensch, vornehmlich Recht und gleiche Behandlung zum Grundsatz seines Handelns machend. Die Zeremonien der Religion werden von ihm genau beachtet; er ist streng auf die Einhaltung der Gebetsvorschrift bedacht und ahndet es ebenso streng, wenn man sie nicht wahrnimmt. Er gehört zu den Herrschern, die laufend vom Glück begünstigt werden und deren außerordentlicher Erfolg das Maß des Alltäglichen überschreitet. Eine Charaktereigenschaft aber übt den größten Einfluss auf seine Handlungen aus: die Freigebigkeit. Vieles in seinem Tun grenzt nahezu an Wunderdinge, doch rufe ich Gott, seine Engel und seine Propheten als Zeugen an, dass alles, was ich über ihn zu berichten habe, unverbrüchliche Wahrheit ist. Gott wird mir als Zeuge genügen.

      Es ist Brauch bei diesem Volk, dass nur derjenige zum Palast und zum Audienzsaal Zutritt hat, den der Sultan dafür ausersehen hat. Er bestimmt auch für jeden, wie viele Diener und Gefährten ihn begleiten dürfen. Am dritten Tor des Palastes, durch das man eintreten darf, notieren die Sekretäre: »Der Soundso ist um die 1. oder 2. Stunde oder später angekommen.« Nach dem letzten Abendgebet liest der Sultan diese Liste durch, auf der auch verzeichnet ist, was sich sonst noch am Palasteingang und in dessen Umgebung zugetragen hat. Es ist außerdem Sitte, dass jeder, der sich länger als drei Tage entfernt hat, ob nun entschuldigt oder nicht, nur mit Sondererlaubnis des Sultans den Palast wieder betreten darf. Kann nun ein solcher Mann eine Entschuldigung, etwa wegen Krankheit, vorbringen, so bietet er dem Sultan ein passendes Geschenk an. Dies tun auch jene Leute, die von einer Reise zurückkommen. So schenkt der Gelehrte einen Koran, ein Buch oder Ähnliches, der Fakir einen Gebetsteppich, einen Rosenkranz oder Zahnstocher, Emire und Leute von ähnlichem Rang schenken Pferde, Kamele oder Waffen.

      In einem geradezu gigantischen Audienzsaal, der Hezar Ustun, »Tausend Säulen«, genannt wird, hält der Sultan vor versammeltem Volk seine Audienzen ab. Die Säulen bestehen aus lackiertem Holz, die eine Holzdecke mit wunderbarer Bemalung tragen. Bei einer Audienz, die meistens nach dem Nachmittagsgebet oder ganz früh am Morgen stattfindet, sitzt der Sultan auf einer mit weißen Stoffen bedeckten Erhöhung, auf der ein Thron errichtet ist. Seinen Rücken stützt ein großes Polster; rechts und links von ihm liegen Ruhekissen. Er sitzt nach indischer Sitte wie etwa bei der Ablegung des Glaubensbekenntnisses. Hat er nun Platz genommen, so steht der Wesir vor ihm, zusammen mit den Sekretären. Hinter ihnen wiederum befinden sich die Kammerherren. Großkammerherr ist Firuz Malik, der Vetter des Sultans und dessen Statthalter. Unter allen Kammerherren steht er dem Herrscher am nächsten. Nach ihm folgen der Leibkämmerer, dessen Stellvertreter, der Befehlshaber des Schlosses und dessen Stellvertreter, die beiden ersten Kämmerer und schließlich die Masse ihrer Untergebenen. Nach den Kammerherren ordnen sich in der Rangfolge ungefähr hundert Palastoffiziere ein.

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       Der Sultan hält Audienz

       (Persische Miniatur)

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