Fürstenkinder Staffel 1 – Adelsroman. Helga Torsten
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Aber Stoffel und Vronli liebten eine Klinik mehr als ihr Elternhaus.
»Ich werde mal mit Onkel Professor sprechen«, sagte Jasmine und streichelte über Vronlis goldenen Lockenschopf. »Aber einmal müßt ihr hier doch fort. Seht mal, es gibt ja noch so viele andere kranke Kinder. Ich verspreche: Jeden Tag besuche ich euch!«
»Wirklich jeden Tag?« forschte Stoffel.
Er hatte es trotz des Widerspruchs der Oberschwester Alma erreicht, daß Julius, der Kater, auch »Patient« sein durfte.
Julius lebte ein sehr erfreuliches Leben in der Privatklinik. Nicht nur, daß er von Stoffel und Vronli verwöhnt wurde.
In der Küche liebte man ihn, gab ihm das beste Futter. Und eine Reihe von Patienten konnten sich ihren Klinikaufenthalt nicht ohne den wunderschönen, seidenfelligen Kater Julius vorstellen, der oft in die Krankenzimmer huschte, weil er auch in der Ringling-Klinik mit Kraft und Grazie die Türdrücker zu handhaben verstand.
Ja, Julius war ein außergewöhnlicher Kater!
Das fanden alle.
Stoffel kraulte Julius’ graues seidiges Fell.
»Jasmine, was hat Onkel Ringling gesagt?«
Jasmine fühlte den Blick der beinahe angstvollen Kinderaugen auf sich gerichtet.
»Er wirft euch nicht hinaus«, erklärte sie lachend, obgleich sie genau wußte, daß die Kinder nicht mehr in ein Krankenhaus gehörten.
»Na, warten wir mal ab.«
»Hat Onkel Harald etwas dabei zu sagen?« Vronli schaute Jasmine sehr ernsthaft an.
Onkel Harald!
Seit wenigen Tagen arbeitete Dr. Harald Brockdorff auf Probe in der Ringling-Klinik.
»Ich weiß nicht«, wich Jasmine aus.
In diesem Augenblick klopfte es an der Tür.
»Visite!« sagte die nun schon ganz im Klinikwesen erfahrene Vronli.
Die »Visite« bestand aber heute nicht aus dem so geliebten Onkel Professor und einer großen Begleitung.
»Harald, ganz allein?« fragte Jasmine, als sie den Mann eintreten sah.
»Professor Ringling fühlt sich nicht gut«, erklärte der Arzt. »Nun, und so krank sind Stoffel und Vronli ja gewiß nicht mehr!«
»Zunge ’rausstrecken?« erkundigte sich Stoffel.
»Nein, heute nicht.« Jasmine griff Harald Brockdorff vor. »Ihr seid wirklich nur noch Gäste hier.«
»Aber wir bleiben doch?« Stoffel prüfte die beiden Erwachsenen sehr kritisch.
»Wir werden sehen«, beruhigte Jasmine. »Auf jeden Fall werde ich euch immer besuchen, gleich wo ihr Spatzenvolk mit eurem Kater Julius bleibt. Denn ich bin euch ja schrecklich dankbar, besonders eurem Julius.«
Jasmines kleine Hände streichelten das seidige Fell des Katers, der sich eng an ihre Knie preßte.
Kater Julius! Du bist wahrhaftig mein Schicksalstier. Und ich habe auch dich in mein Herz geschlossen.
Julius schnurrte und zog sich dann maunzend zurück.
Stoffel und Vronli jauchzten laut auf, als der Kater an ihnen hinaufsprang. Sie lagen ja nicht mehr im Bett, sondern durften bereits auf den ihrem Zimmer vorgelagerten Balkon.
»Kalt!« schnupperte Vronli, während sie die Balkontür öffnete.
»Na, nur für kleine Mädchen kalt«, behauptete Stoffel.
Das ließ Vronli sich nicht zum zweitenmal sagen. In Sekundenschnelle stand sie neben Stoffel und dem Kater Julius auf dem Balkon, schaute auf die weit angelegten, immer noch verschneiten Rasenflächen der Privatklinik hinab.
Zurück blieben im Zimmer Jasmine und der junge Arzt Dr. Harald Brockdorff.
»Ob du mir heute abend noch einmal bei meiner Arbeit hilfst?« Jasmine sah fragend in das Gesicht des Mannes.
»Gerade heute abend?« Harald wich aus. »Ich wollte heute abend…«
Er dachte an die wunderschöne Charlotte Ringling, die ihm versprochen hatte, heute abend in einem exklusiven Lokal mit ihm zu tanzen.
»Harald!« Jasmines große dunkle Augen hatten in dieser Sekunde keine hellen Lichter aufgesetzt. Sie waren nur dunkel, tiefdunkel, beinahe erschreckend dunkel. »Weshalb weichst du mir jetzt immer aus?«
Der Mann wurde nervös.
»Jasmine… ich weiß nicht, weshalb du immerzu fragst. Du mußt doch verstehen… meine Karriere.«
Harald Brockdorff sprach nicht von seinem ihn ausfüllenden Beruf, er sprach von Ehrgeiz, von Karriere. »Man muß eben einmal mit der Tochter seines Professors ausgehen. Man muß etwas für die Karriere tun.«
Jasmine schaute in das blaßgewordene Gesicht des Mannes, von dem sie nicht wußte, ob er ihr nicht trotz allem vom Schicksal bestimmt war. »Du, Harald…« Jasmine zögerte einen Augenblick, bevor sie weitersprach. »Liebst du Charlotte Ringling?«
Es war eine direkte Frage.
Der Mann aber mochte sie nicht in der gleichen direkten Weise beantworten.
»Liebe… Liebe…« Dr. Harald Brockdorff wehrte ab. »Du machst viel zuviel große Worte darum«, behauptete er.
»Liebe ist das Größte, Heiligste auf dieser Erde«, sagte Jasmine. »Man muß auch einmal darüber sprechen.«
»Jasmine!« Dr. Harald Brockdorffs Worte überschlugen sich. »Du fragst wirklich zuviel. »Du weißt, Charlotte…«
Der Mann, der sich sonst so wenig von seinem Gefühl beherrschen ließ, sah die kleine Jasmine vor sich stehen, die so viel zu geben vermochte.
Sie war klug, sie besaß Haltung. Sie war kein Durchschnittsmädchen mit Durchschnittswünschen.
Sie war mehr. Aber sie forderte auch mehr.
»Jasmine!« Dr. Harald Brockdorff wich aus. »Wir wollen dies alles nicht dramatisieren. Wir sind schließlich nicht verlobt.«
»Du liebst also Charlotte Ringling?«
Jasmines dunkle Augen flackerten erregt.
»Herrgott… frag mich nicht so direkt. Charlotte…«
»Du denkst an sie?« bohrte Jasmine weiter, obgleich sie selber jedes Wort so schmerzte, als würde ihr Herz aufgerissen.
Der Mann wich aus. »Wenn ich einmal mit einem Mädchen tanzen gehe…«
»Mit der Tochter des Professors Ringling!« verbesserte