Vom Salz in der Suppe. Manfred Steinert

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Vom Salz in der Suppe - Manfred Steinert

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Tag vom Morgengrauen bis zum Einbruch der Dunkelheit erlebten, da komme ich heute noch ins Schwärmen. (Und der Name »Sternstunde« ist ja im Buch leider schon vergeben.)

      Da ging es vom Saaler Bodden hinter dem Darß, über Koppelstrom, Bodstedter- und Barther Bodden, dem riesigen Grabow in Richtung Rügen. Schließlich zur Linken an der Insel Bock, später der Südspitze von Hiddensee, dem Gellen, vorbei, weiter über den Kubitzer Bodden in den Strelasund hinein bis zunächst Altefähr auf Rügen (gegenüber von Stralsund).

      So wie schon beim Müritzsee, so wären auch die Touren über die Boddengewässer einen extra Abschnitt wert. Trotzdem, ein paar besondere »Leckerlis« sollten schon sein.

      Bemerkenswert an dieser Etappe, die ganze Tour von der Riesen-Kuhkoppel gegenüber Born bis Altefähr, etwa 65 Kilometer, absolvierten wir ohne einen Paddelschlag, bei idealem Wind nur mit dem Treiber bei anfangs leichten, über den Tag immer stärker wehendem Westwind.

      Der östliche Teil des Darß, die Insel Bock und andere kleine Inseln waren schon damals bedeutende Naturschutzgebiete. Wir merkten davon, indem wir dort unversehens plötzlich in einer riesigen Herde von Wildschwänen fuhren. Kein ungefährliches Unterfangen, falls diese gerade Junge führen würden. Da wir nicht paddeln brauchten, ließen wir uns mucksmäuschenstill durch die Herde treiben und waren sowohl begeistert über das Erlebnis, doch auch etwas erleichtert, nachdem wir wieder aus der Herde heraus waren. Die allerdings hatte uns mit absoluter Missachtung gestraft.

      An der Südspitze von Hiddensee, wo von der offenen See bereits recht hohe Wellen hereingerollt kamen, erhielten wir Besuch von einem Polizeiboot, die sich vergewissern wollten, dass wir keine »Dummheiten« vorhatten und wirklich nur in Richtung Stralsund wollten.

      Später, irgendwo im Kubitzer Bodden, wurde plötzlich die Ostsee so flach, dass wir aussteigen und unser Boot im nur knöcheltiefem Wasser ziehen mussten. Nicht nur ein kurzes Stückchen, nein, es war eine richtige »Wasserwanderung«, diesmal im Wortsinn. Zur Rechten in der Ferne das Festland, zur Linken, auf Grund der Größe des Boddens, die (scheinbar) offene See. Irgendwann wurde das Wasser wieder tiefer, in der Ferne erkannten wir auch die Betonnung der Schiffahrtsrinne wieder und segelten nun bei straffem und immer stärker werdendem Wind und beängstigend hohem Wellengang (und ohne Seitenschwerter!) bis Altefähr, wo uns kurz vorm Ziel bei einer starken Bö sogar noch der Mast brach. Es mutete an, als wolle das Schicksal nach diesem wundervollen Tag noch mal zeigen, dass es auch anders könne. Doch ging bis auf den gebrochenen Mast, den wir später notdürftig reparierten, erstaunlicherweise doch noch alles gut und erschöpft und verbrannt aber glücklich bauten wir abseits vom Zeltplatz (wo sonst)Altefähr unser Zelt.

      Ich habe später wiederholt versucht, jene »Wanderstrecke« in der Ostsee exakt zu lokalisieren. Es ist mir nicht zufriedenstellend gelungen, beziehungsweise blieb es immer widersprüchlich.

      *

      In Altefähr fand ein vorher fest geplanter Mannschaftswechsel statt, der an sich schon einen gewissen Höhepunkt der Reise darstellte. Höhepunkt nicht etwa, weil Uwe, der mir auf der Fahrt ein so toller Kumpel gewesen war, nun am nächsten Tag nach Hause fahren würde. Und zuvor hatte ich mit ihm noch den »Ersatzmann« vom Bahnhof abgeholt. Das Besondere dieses Wechsels bestand darin, dass es sich dabei weder um »Ersatz-« noch um »-mann« handelte, sondern um ein Mädchen (Marlies) unserer Seminargruppe, die später sogar meinen Familiennamen annahm und Mutter meiner zwei Töchter wurde. Doch weil das hier schließlich keine Familiengeschichte, sondern die Beschreibung einer außergewöhnlichen Reise werden soll, wird hier auf die weitere Ausschmückung dieser neuen Situation mit Details verzichtet.

      Außer, dass wir versuchten, in den letzten zwei Urlaubswochen, nun in unmittelbarer Tuchfühlung zur Ostsee, noch etwas wie Urlaubsfeeling einzubauen. Soweit das eben unter den gegebenen Umständen ging.

      Weiter ging es nun also mit »gemischter Mannschaft« durch den Strelasund südostwärts über die Hauptstationen Greifswalder Bodden, Peenestrom bei Wustrow, Achterwasser von Usedom bis schließlich in die Mündung der Penne bis zur Endstation Anklam. Jener Fluss, wo wir ja Wochen zuvor – damals noch mit Uwe – bei Demmin nach Norden in die Trebel abgebogen waren.

      Besonders erwähnenswert auf diesem Abschnitt: Die Überfahrt über den riesigen Greifswalder Bodden. Bei hochsommerlichem Dunst und nahezu völliger Windstille fuhren wir, von der Rügenschen Seite aus kommend (Palmer Ort/​Zudar), etwa eine Viertelstunde ohne Landsicht, ehe im Süden, zwischen Dänischer Wiek und Lubmin, etwa in Richtung des Dorfes Vierow/​Gahlkow, in der Ferne Land auftauchte. Natürlich kann man so etwas im Paddelboot nur bei entsprechend ruhigem Wetter machen und bei normaler Sicht würde man das Land ja auch sehen. (Andernfalls hätten wir uns auf der Festlandseite von Stahlbrode aus, an der Insel Koos vorbei, in Richtung Lubmin an Usedom heranpirschen müssen.)

      Anfangs im Peenestrom, später im Achterwasser von Usedom gab es noch ein paar Zeltprobleme unterschiedlichster Art. Zunächst hatten wir nach unserer »Hochseefahrt« noch einen nahezu idealen Zeltplatz unmittelbar am Strand des Greifswalder Boddens (Nähe Spandowerhagen). Dort erwartete uns ein majestätisch auf der Abbruchkante thronender Seeadler, der uns wohl erst als bedrohlich zur Kenntnis nahm und abflog, als wie uns im Boot aufrichteten, um an Land zu gehen.

      Die absolute Einsamkeit, was Menschen betrifft, und das tete à tete mit dem Seeadler hatten wir dem dortigen Naturschutzgebiet zu verdanken. Was wir allerdings vorher nicht gewusst hatten, erst der Adler brachte uns auf die Idee. (Unliebsame Besucher hatten wir dadurch auch kaum zu befürchten.)

      Dann aber wurde es am nächsten Tag im Peenestrom weniger angenehm und auch nicht ungefährlich. Denn nach langem, vergeblichem Suchen in total verschilften Ufern mussten wir irgendwo nördlich von Wustrow, weil es langsam dämmerte, notgedrungen mit einem winzigen, unverschilften Inselchen als Bleibe für die Nacht vorlieb nehmen. Auch diese »Handvoll« Erde, die da aus dem Wasser guckte, war jedoch so flach, dass wir, der schnell fahrenden und somit beängstigend große Wellen verursachenden Marineschiffe wegen, kaum ein Auge zubekamen. Hinzu kam, obwohl wir mückenmäßig einiges gewöhnt waren, aber einen solch massiven Angriff von ganzen Myriaden auf jedes Stück freie Haut, selbst durch die schnellstens angezogenen Trainingssachen hindurch, hatten wir noch nie erlebt. Und wenn nicht schon die Dämmerung hereingebrochen wäre, hätten wir garantiert vor den blutdürstigen Horden noch die Flucht ergriffen. Auch trug unsere Unkenntnis, in welchem Maße hier die Wasserstände schwanken könnten, dazu bei, dass wir den Morgen zur Weiterfahrt kaum erwarten konnten. Der nächste Tag sollte somit ein ganz ruhiger in der Nähe des Dorfes Ziemitz (Achterwasser/​Usedom) werden. Dorflümmels, die wohl glaubten, bei dem dort in der Wildnis zeltenden Pärchens irgendwelche »spektakulären« Beobachtungen machen zu können, verhinderten das jedoch. Zudem hätte unsere primitive Zeltbeleuchtung, die nur aus brennenden Kerzen bestand, dabei fast das Zelt abgefackelt. Die neugierigen »Lümmels« waren zum Glück nur Halbstarke oder noch Kinder gewesen, welche sofort, als ich wutentbrannt aus dem Zelt stürzte, die Flucht ergriffen. Sonst hätte wohl alles auch anders ausgehen können. Der Brandfleck wurde am nächsten Morgen notdürftig geflickt und dann nichts wie weg von diesem ungastlichen Fleck.

      Nun war klar, dass der nächste Platz wohl der diesjährig letzte sein würde. Und anstatt, wie zunächst geplant, dafür Lütow oder Görmitz, beides noch recht weitab der Ostsee, anzusteuern, wurden wir noch mal »ganz mutig«. Und so ging es direkt auf das kleine Halbinselchen bei Loddin, unmittelbar auf der Boddenseite hinter Koserow, Kölpinsee und Ückeritz zu. Und obwohl unser Platz gar nicht besonders gut versteckt lag, sogar mit einem »eigenen« kleinen Sandstrand aufwartete, der wohl auch manchen Spaziergänger (oder Schlimmeres) hätte anziehen können, ging alles gut und wir hatten noch ein paar abschließende Erholungstage an der »richtigen« Ostsee. Und mit der 60 Meter hohen Steilküste des Streckelberges dazu noch an einer der spektakulärsten Stellen der ganzen Insel. Eine Stelle, die mich bereits in jüngeren Jahren schon einmal so fasziniert hatte und an die ich

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