Der Erwerb des Deutschen im Kontext von Mehrsprachigkeit. Tanja Rinker

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Der Erwerb des Deutschen im Kontext von Mehrsprachigkeit - Tanja Rinker narr studienbücher

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style="font-size:15px;">      So ließen sich beispielsweise dynamische Positionsverben (stellen, legen, hängen) und lokale Präpositionen (in, auf, an, unter, über, neben) mit AkkusativrektionAkkusativrektion im Kontext einer Aktion des Zimmereinrichtens vermitteln (Stell / leg X auf / in YAkk), statische Positionsverben (stehen, liegen, hängen) und lokale Präpositionen (s.o.) mit DativrektionDativrektion im Kontext einer Zimmerbeschreibung (X steht / liegt auf / in YDat). Die Lernenden erfahren so implizit (oder mit zusätzlichen Erklärungen auch explizit), dass das Deutsche eine (konsequente) PositionsverbsprachePositionsverbsprache ist und dass den Kasusformen unterschiedliche Funktionen im Raumausdruckssystem zukommen. Darüber hinaus lernen sie handlungs- oder bildgestützt an prototypischen Verwendungsweisen orientiert einige der Raumpräpositionen des Deutschen kennen.

      Will man ein bestimmtes Muster (z. B. das der dynamischen/direktionalen oder der statischen Lokalisierung) etablieren, ist es von Vorteil zunächst nur wenige und prototypische Repräsentanten auszuwählen. Die sog. TypefrequenzTypefrequenz, die sich auf die Vertreter eines zugrundeliegenden Musters bezieht, sollte also am Anfang eher niedrig gehalten werden. Die TokenfrequenzTokenfrequenz, die sich auf die Vorkommenshäufigkeit eines konkreten Elements bezieht, sollte jedoch hoch sein. Durch eine hohe Tokenfrequenz wird eine stabile Ankerstruktur gelegt, während die Typefrequenz zur Analogiebildung und Mustererkennung anregt (u.a. Tomasello 2003). Auch in der (spontanen) mündlichen Interaktion mit den Lernenden ergeben sich für die Lehrkraft vielfache Möglichkeiten ihre Äußerungen so zu strukturieren, dass die Lernenden auf bestimmte Kontraste oder Ausdrucksvarianten aufmerksam werden.3

      Allein auf der Basis von Inputverarbeitung wird die L2-Entwicklung allerdings noch nicht hinreichend vorangetrieben. Sprachverstehen ist möglich, auch ohne den InputInput bis ins letzte Detail analysiert zu haben. Sprachlernende sind nur dann, wenn sie selbst OutputOutput erzeugen, wirklich gezwungen, sich der Formseite der Sprache zu stellen und ihre eigenen Strukturen mit denen der Zielsprache zu vergleichen und dabei gegebenenfalls Differenzen zu bemerken (Swain 1985; Swain & Lapkin 1995).

      In diesem Buch werden daher beispielhaft und sprachphänomenbezogen Anregungen für eine strukturfokussierte Inputanreicherungstrukturfokussierte Inputanreicherung und für eine systematische Outputelizitierung gegeben.

      Aufbau und Hinweise für die Nutzung des Studienbuches

      Kapitel 0 führt in verschiedene Erwerbsszenarien ein und sensibilisiert dabei für die lebensweltliche Variation innerhalb einzelner Erwerbstypen und für das komplexe Zusammenspiel zahlreicher den Erwerb beeinflussender Faktoren. Es wird ein Bewusstsein dafür geschaffen, dass eine pauschale Zuordnung zu einem bestimmten Erwerbstyp den Blick für individuelle Erwerbsspezifika versperren kann.

      Teil I stellt insgesamt sieben Sprachbereiche aus der Lernendenperspektive vor und zeigt die jeweiligen Zielstrukturen betreffend verschiedene Unterstützungsmöglichkeiten auf. Teil II knüpft an den linguistischen Ausführungen an und präsentiert für sechs Sprachbereiche eine Auswahl an Erwerbsstudien. Da der Erstspracherwerb für den Zweitspracherwerb üblicherweise als Vergleichsmatrix herangezogen wird, ist den Studien zum Zweitspracherwerb immer ein Überblick der Erstspracherwerbsbefunde zum jeweiligen Phänomenbereich vorgeschaltet.4

      Teil I und Teil II bieten Inhalte und Aufgaben für mindestens zwei Lehrveranstaltungen. Es ist möglich, sich Teil I zunächst in seiner Gesamtheit zu erarbeiten, um sich dann in einem Folgeseminar Teil II zuzuwenden. Alternativ wählt man nacheinander aus Teil I einen Sprachbereich (z. B. prosodische und lautliche Aspekte) und dann die dazu jeweils passenden Erwerbsstudien (z. B. zur Phonologie) aus Teil II. Es wurde darauf geachtet, dass die Kapitel beider Teile auch jeweils für sich stehen können, um damit einzelne Seminarsitzungen gestalten zu können. Es sei aber darauf hingewiesen, dass die Kapitel von Teil II, weil sie das Wissen von Teil I voraussetzen, in Bezug auf die Terminologie und die inhaltliche Dichte anspruchsvoller sind.

Jedes Kapitel beginnt mit einer Aktivierung, um auf das jeweilige Thema einzustimmen und bereits an vorhandenes Wissen anzuknüpfen.
Am Ende eines jeden (Unter-)Kapitels finden sich Aufgaben mit unterschiedlichem Anspruch und Schwierigkeitsgrad – zu erkennen an der Anzahl der Sterne.
* Reproduktion ** Anwendung*** Vertiefung

      Aufgaben, die überprüfen, ob ausgewählte Inhalte des gelesenen Kapitels wiedergegeben werden können, sind mit einem Stern versehen. Aufgaben, die das Gelesene anwenden lassen oder zur Reflexion darüber anregen, sind mit zwei Sternen ausgewiesen. (Für einen Teil der Aufgaben aus der Zwei-Sterne-Kategorie finden sich auf der Verlagshomepage unter dem Link www.meta.narr.de/9783823383222 Lösungsskizzen.) Die besonders anspruchsvollen, mit drei Sternen markierten Aufgaben beinhalten in aller Regel zusätzliche Lektürehinweise, um das zuvor Gelesene zu vertiefen und in einen größeren Forschungskontext einzubetten oder um komplexe Problemstellungen zu bearbeiten. Aufgrund der jedem Kapitel folgenden Aufgaben unterschiedlicher Niveaustufen eignet sich das Studienbuch auch gut für den Einsatz in heterogenen Seminargruppen (z. B. mit BA- und MA-Studierenden), aber auch zum Selbststudium oder zur Examensvorbereitung.

      0 Wege in die Mehrsprachigkeit: Ein erster Überblick

      Aktivierung

      Versuchen Sie aus den Beschreibungen zu entnehmen, in welchen Kontexten die Kinder ihre Sprachen gebrauchen und wie sie ihre Fähigkeiten in diesen einschätzen. Worin sehen Sie Gemeinsamkeiten und worin Unterschiede in den mehrsprachigen Lebenswelten der drei Kinder?

      Kasten 1:

      Drei mehrsprachige Mädchen beschreiben ihren Sprachgebrauch zu Hause und haben hierzu eine Sprachenfigur1 gestaltet.

Mädchen 1 Mädchen 1: „Ich kann Kurdisch, Englisch und Türkisch. In der Familie spreche ich sehr oft Türkisch, nicht so oft Kurdisch. Ich kann die Sprache noch nicht sehr gut. Englisch sprech ich nur im Unterricht, meist oder eher gar nicht zu Hause. Mit meinem Bruder sprech ich zu Hause ganz oft nur Türkisch oder Deutsch. […] In der Schule sprech ich manchmal mit meiner Kusine Türkisch, wenn wir was zusammen sagen wollen. Mit meiner Mama sprech ich immer Türkisch, bisschen Deutsch. Mit meinem Papa soll ich, darf ich, oder was Ähnliches wie muss ich, Kurdisch sprechen, weil ich das noch nicht so gut kann. Ich bin Kurdin und muss diese Sprache können.“ Beschreibung der Sprachenfigur: „Hier oben in den Haaren oder eher im Kopf ist Deutsch, weil ich Deutsch ganz gut kann und irgendwie im Bauch ist Kurdisch, weil ich Kurdin bin. Im rechten FußFuß ist Englisch, weil ich das zu Hause nicht mache, nicht extra lerne, sondern in der Schule und Türkisch im linken Fuß, weil ich das einfach nicht mag. Türkisch-Sprache. Und dann noch einen Mund gemalt aus der kurdischen Flagge.“
Mädchen 2 Mädchen 2: „Ich sprech Englisch und Deutsch. Zu Hause sprech ich mit meiner Mama nur Deutsch und mit meinem Papa nur Englisch. Mit meinem Bruder sprech ich manchmal Deutsch und manchmal Englisch. Mit meiner Oma und meinem Opa aus Deutschland sprech ich nur Deutsch, und mit meinen Tanten und meinen Onkeln in Amerika nur Englisch.“

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