Globulimanie. Sven Sommer G.

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      Herzog Ferdinand von Anhalt-Köthen gestattete Hahnemann jedoch, sich in Köthen niederzulassen und dort ohne Einschränkungen der Arzneiherstellung zu praktizieren. Hier blieb der Homöopath bis 1835. Fünf Jahre nach dem Tod seiner ersten Frau zog Hahnemann dann nach Paris, wo er acht Jahre später nach einem erfüllten und abwechslungsreichen Leben starb. Auf seine letzten Jahre werde ich an anderer Stelle noch eingehen.

      Dass Hahnemann ständig dabei war, seine Heilmethode weiterzuentwickeln, soll kurz an den Potenzen und am Einsatz von Doppelmitteln verdeutlicht werden. Während er relativ schnell begann, seine Mittel zu verdünnen, um starke Reaktionen zu vermeiden, sprach er erst dreißig Jahre nach der ersten Veröffentlichung des Ähnlichkeitsprinzips von den »Potenzen« und dem »Potenzieren«. Dabei wird nach jedem Verdünnungsschritt das Mittel kräftig verschüttelt. Wie zu sehen sein wird, ist dieses Aufbringen von kinetischer Energie zwischen jeder Verdünnungsstufe immens wichtig für die Wirksamkeit der Hochpotenzen. Die Dezimal- (D-) und Centesimal- (C-) Potenzen sind bis heute die gängigsten Verdünnungsstufen. Für eine D1- (C1-) Potenz wird ein Tropfen mit neun (99) Tropfen Alkohol verdünnt und danach kräftig verschüttelt. Für die D2 (C2) werden diese Schritte wiederholt. Die D-Potenzen entsprechen somit einer Verdünnung von 1:10, die C-Potenzen von 1:100.

      Es wird zwar immer wieder behauptet, Hahnemann sei zeit seines Lebens vehement gegen die Anwendung von mehreren homöopathischen Mitteln gleichzeitig gewesen, doch das ist nicht wahr. Mittlerweile ist bekannt, dass er in Paris sehr wohl Doppelmittel anwendete und dass er vorhatte, in der fünften Auflage seines Organons einen entsprechenden Paragrafen einzufügen, was ihm aber von Verleger und Freunden ausgeredet wurde. Der Grund: Die Doppelmittel hätten zu sehr an die Arzneimischungen der Allopathen erinnert und die Lehre der Homöopathie verwässern können. Aus den in der Zwischenzeit veröffentlichten Behandlungsprotokollen Hahnemanns geht jedoch unzweifelhaft hervor, dass er selbst gegen fast jede seiner eigenen Regeln verstoßen hat, um für den einzelnen Patienten die beste Therapie zu ermöglichen.3 Das zeigt: Nicht so sehr Dogmatismus, sondern praktische Erfahrungen am Krankenbett standen für ihn im Vordergrund bei der therapeutischen Anwendung seiner Homöopathie.

      Zu Hahnemanns Lebzeiten verbreitete sich die Homöopathie schnell. Grund dafür war sicherlich die extrem rückständige Medizin jener Zeit. Hahnemann feierte dagegen mit seinen Mitteln, aber auch mit seinen Hygiene- und Diätvorschriften, große Erfolge. Das nächste Kapitel wird zeigen, wie sehr die Homöopathie der Schulmedizin bei den damals grassierenden Epidemien überlegen war.

      Die Homöopathie nach Hahnemanns Tod

      Am Ende seines langen Lebens wurde Hahnemanns neue Heilweise in den meisten europäischen Ländern, in den USA, Mexiko, Kuba und Russland praktiziert. Wenige Jahre später war sie zudem in Indien und Lateinamerika bekannt. Im 19. Jahrhundert erlebte die Homöopathie dann in den USA ihre große Blüte. Sie wurde dort an Universitäten gelehrt, an Unikliniken praktiziert und stand eine Zeitlang nahezu gleichberechtigt neben der konventionellen Medizin. Berühmte Homöopathen wie Konstantin Hering oder Prof. Dr. James Tyler Kent stammen aus dieser Periode. Die dortige Schulmedizin sah diese Entwicklung jedoch als eine direkte und große Bedrohung. Deshalb wurde allen Mitgliedern der American Medical Association (AMA) unter Androhung eines Rauswurfs verboten, mit Homöopathen zu verkehren. Diese durften auch keine Mitglieder der AMA werden, Studenten von Universitäten mit einem festen Lehrstuhl für den Bereich Homöopathie wurden nicht aufgenommen. Man versuchte also, die Homöopathie zu diskreditieren, wo es nur ging.

      Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts erschien dann zudem der Flexner Report, auf dessen Basis die medizinischen Hochschulen in Amerika bewertet wurden. Dabei bekamen die Ausbildungsstätten mit homöopathischem Schwerpunkt schlechte, die mit den Schwerpunkten Physiologie, Pathologie und Chemie gute Bewertungen. Nachdem aber nur Absolventen von gut bewerteten Universitäten ihr Studium anerkannt bekamen, war dies der Todesstoß für die amerikanische Homöopathie. Von den zweiundzwanzig homöopathischen Hochschulen, die 1900 noch geöffnet hatten, unterrichteten 1923 nur noch zwei. Als die letzten Stiftungsgelder nach dem Börsencrash am »Schwarzen Freitag« 1928 verloren gegangen waren, war es mit der amerikanischen Homöopathie erst einmal vorbei. 1950 praktizierten in den gesamten Vereinigten Staaten schätzungsweise noch hundert Homöopathen. Ein Jahrhundert zuvor waren es alleine in New York so viele gewesen.

      Doch nicht nur politische Intrigen und wirtschaftliche Gründe waren Schuld am Zerfall der Homöopathie. Die großen wissenschaftlichen und pharmakologischen Entdeckungen führten zur Entwicklung von neuen Impfstoffen und Antibiotika, zu verbesserten schmerz- und entzündungshemmenden Medikamenten et cetera. Somit konnten lebensgefährliche Infektionskrankheiten von der Schulmedizin wesentlich schneller und effizienter behandelt werden als bisher. Dazu ging die Anzahl gefährlicher Infektionskrankheiten auf Grund verbes-serter Lebensumstände deutlich zurück. Weiterhin erlaubten neue Narkosetechniken immer bessere Operationsmethoden. Hier machte die bis dahin rückständige orthodoxe Medizin plötzlich Riesenschritte und überholte die Homöopathie in ihrer Effektivität.

      Da half es auch nicht, dass die Homöopathen seit Hahnemann rigoros auf Konfrontationskurs gegen die etablierte Medizin gegangen waren und alles schulmedizinische Handeln als Unterdrückung von Krankheit und damit als eigentlich zutiefst schädlich ansahen. Von beiden Seiten war der Wunsch nach einem Konsens gleich null. Zudem gab die Homöopathie nach außen hin kein einheitliches Bild ab, da es in ihr die unterschiedlichsten Bewegungen und Strömungen gab, die sich gegenseitig oftmals nicht anerkannten. Dies alles führte in der Folge zu einer so deutlichen Überlegenheit der konventionellen Medizin, dass die Homöopathie in den wohlhabenden Ländern der Ersten Welt für gut fünfzig Jahre fast keine Bedeutung mehr hatte. In ärmeren Gegenden wie auf dem subindischen Kontinent oder in Lateinamerika spielte die Medizin Hahnemanns jedoch durchgehend bis heute eine wichtige Rolle, da sie – ganz anders als die modernen pharmazeutischen Präparate – für den armen Mann weiterhin erschwinglich blieb. Mit Mahatma Gandhi und Mutter Teresa hatte die Homöopathie beispielsweise zwei große Befürworter in Indien.

      Homöopathie heute

      Seit knapp zwanzig Jahren erfährt die Homöopathie weltweit eine wahre Renaissance. 40 Prozent der holländischen, über ein Drittel der französischen und bis zu 37 Prozent der englischen Allgemeinärzte arbeiten mit alternativen Methoden, am häufigsten mit der Homöopathie. In Frankreich verschreiben 11.000 Ärzte Homöopathika – der Statistik nach nehmen 30 Prozent der französischen Bevölkerung diese Mittel auch ein. Mit dem englischen Königshaus und speziell mit Prinz Charles hat die Homöopathie einen königlichen Fürsprecher in Großbritannien. In Deutschland haben bis zur Gesundheitsreform 2004, die seitdem die Verordnung von naturheilkundlichen Präparaten per Kassenrezept nahezu unmöglich macht, bis zu 20 Prozent der Ärzte Homöopathika zumindest gelegentlich verschrieben. Zudem arbeiten hierzulande weit über 20.000 Heilpraktiker, etliche Tausend davon als Homöopathen, die ausschließlich homöopathische Mittel verordnen. Laut einer Umfrage aus dem Jahr 2001 haben sich 37 Prozent der Deutschen schon einmal homöopathisch behandeln lassen, und fast drei Viertel der deutschen Bevölkerung verwendeten im Jahre 2002 regelmäßig oder zumindest gelegentlich Naturheilmittel. In den Vereinigten Staaten sind in den neunziger Jahren die Umsätze homöopathischer Medikamente jährlich um 20 bis 25 Prozent gestiegen.4

      Eine repräsentative Befragung des Instituts für Demoskopie Allensbach zeigte im Spätsommer 2009, dass heute fast allen Deutschen die Homöopathie zumindest ein Begriff ist. Mehr als die Hälfte nutzt homöopathische Präparate. 1970 waren es erst halb so viele. Jeder Vierte ist in der Zwischenzeit sogar ein begeisterter Anhänger der Homöopathie, der sich von deren Wirksamkeit selbst überzeugt hat. Weitere 26 Prozent nehmen Homöopathika, enthalten sich aber eines eindeutigen Wirksamkeitsurteils. Nur eine kleine Zahl zeigte sich von der Homöopathie enttäuscht: Lediglich zwei Prozent der hiesigen Bevölkerung halten homöopathische Mittel eigenen Erfahrungen nach für unwirksam. Die Nutzer homöopathischer Mittel berichten von der erfolgreichen Anwendung vor allem bei Erkältungen und grippalen Infekten (60 Prozent). Daneben werden Homöopathika gegen ein breites Spektrum verschiedenster Krankheitsbilder

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