Gefängnistagebuch 1944. Ханс Фаллада
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An einem Januartag des Jahres 1933 saßen mein guter Verleger Rowohlt und ich in den Weinstuben von Schlichter zu Berlin bei einem heiteren Abendmahl. Unsere Ehegesponsten und einige gute Flaschen Steinwein leisteten uns Gesellschaft. Wir waren, wie es in der Schrift heißt, des guten Weines voll, und er hatte dieses Mal bei uns auch eine gute Wirkung getan. Bei mir war man dessen nicht immer sicher. Es war ganz unberechenbar, wie der Wein auf mich wirkte, meistens machte er mich streitsüchtig, rechthaberisch und prahlerisch. An diesem Abend hatte er das aber nicht getan, er hatte mich mit einer fröhlichen, leicht spottlustigen Laune erfüllt, und so gab ich den besten Gefährten für Rowohlt ab, den Alkohol immer mehr in einen riesigen, zwei Zentner schweren Säugling verwandelt. Er saß, gewissermaßen Alkohol aus jeder Pore seines Leibes verdampfend, wie ein feuergesichtiger Moloch am Tisch, aber ein zufriedener, satter Moloch, während ich meine Späße und Geschichtchen zum Besten gab, über die sogar mein braves Eheweib herzlich lachte, obwohl sie diese Dönekens schon mindestens hundertmal gehört hatte. Rowohlt war in jenem Zustand angelangt, in dem ihm sein Gewissen manchmal befiehlt, auch einen Beitrag zur Belustigung der Anwesenden zu leisten: er ließ sich dann manchmal von dem Kellner einen Sektkelch geben, den er dann Stück für Stück bis auf den Stiel mit seinen Zähnen zermalmte und völlig verzehrte – zum Entsetzen der Damen, die sich nicht genug darüber verwundern konnten, daß er sich kein bißchen dabei schnitt. Einmal habe ich es allerdings erlebt, daß Rowohlt bei dieser fast kannibalisch anmutenden Glasfresserei seinen Meister fand. Er ließ sich einen Sektkelch bringen, ein stiller sanfter Herr in der Gesellschaft tat desgleichen. Rowohlt verzehrte ihn, der Sanfte dito. Rowohlt sprach behaglich: «So! Das hat mir gut getan!» Faltete die Hände über dem Bauch und sah sich triumphierend in der Runde um, der Sanfte wandte sich an ihn. Er deutete mit dem Finger auf …