Sehnsucht nach Gott. Wolfram Weimer
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WOLFRAM WEIMER
Sehnsucht nach Gott
Warum die Rückkehr der Religion
gut für unsere Gesellschaft ist
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Satz: Bonifatius Druck
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Printed in Germany
ISBN 978-3-89710-888-2
eISBN 978-3-89710-956-8
Weitere Informationen zum Verlag:
„Der Glaube ist die größte Leidenschaft des Menschen.“
Søren Kierkegaard
Inhalt
Der zeitgeschichtliche Zusammenhang
Warum die Sehnsucht Kultur schafft
Warum die Sehnsucht Staat macht
Wie die Sehnsucht Gewissen formt
Religion prägt den Kulturkreis
Die Diagnose
Spurensicherung Gottes
Fingerabdrücke Gottes sind überall und immer, in der Natur, im Tod, in der Liebe und im Leben, überall, wo Menschen sind. Wir haben ihm Tempel gebaut, Pyramiden, Kathedralen. Wir haben ihm die größten Kunstwerke gewidmet, ihn verehrt, angebetet und gefleht, politisiert, missbraucht, verflucht und verraten, ignoriert. Und selbst wenn wir ihn verloren zu haben glauben, also nichts mehr glauben, so irritieren uns seine Spuren, so spüren wir in uns einen Zweifel über den Zweifel, eine leise, aber doch unsterbliche Sehnsucht nach dem Unsterblichen, eine Sehnsucht nach der Antwort auf die letzten Fragen. Und je weiter man sich persönlich oder als Gesellschaft von Gott entfernt, desto größer wächst dieses eigentümliche Heimweh.
Es ist eigenartig, dass die Spuren Gottes, egal wie nihilistisch oder areligiös die Menschen gerade denken, nie verschwinden. Angesichts der überwältigenden Nachhaltigkeit dieser Spuren zu allen Zeiten in allen Kulturen, angesichts also der erdrückenden Beweislast massenhafter Indizien über Jahrtausende hinweg, wirkt die Vorstellung, Gott könne womöglich gar nicht existieren, ziemlich forsch. Ist nicht der Glaube an das Nichts ein viel gewagterer Glaube als der an Gott? Ist nicht der Mensch, der Gott konkret gefunden hat, ein glaubwürdigerer Zeuge als der, der abstrakt behauptet, es gebe ihn nicht? Denn Ersterer bezeugt etwas Manifestes, Letzterer behauptet etwas über jemanden, dessen Existenz er abstreitet. Das Sehen der Zeugen wiegt doch eigentlich schwerer als das Nicht-Sehen der Gegen-Zeugen.
Und trotzdem spielen wir in Europa seit ein, zwei Jahrhunderten ein Versteckspiel mit Gott. Obwohl seine Spuren überall sind, halten wir Gott für tot. Im 20. Jahrhundert religiös verstorben. Und kulturell vergessen. Wir haben ihn systematisch umgebracht, unsere Philosophen, die Psychologen, die Ideologen der abendländischen Neuzeit. Friedrich Nietzsche und Charles Darwin, Arthur Schopenhauer