Die Rede von Jesus Christus als Glaubensaussage. Группа авторов

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Die Rede von Jesus Christus als Glaubensaussage - Группа авторов

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Feldmeier unter der besonderen Fragestellung |13|nach dem Verhältnis zwischen göttlicher Allmacht und menschlicher Freiheit. Ausgehend von der Vorstellung der »Selbstbegrenzung Gottes« im Hinblick auf die Ausübung seiner Macht wird auch das von Jesus Christus ausgesagte »Sitzen zur Rechten Gottes« konsequent als Heilsgeschehen interpretiert. Der Allmächtige teilt gleichsam seine Herrschaft. In der »Beteiligung« Christi an Gottes Herrschaft erweise sich dessen »Allmacht« als »Rettermacht« und ist »als solche Bedingung der Möglichkeit von Erlösung qua Neuschöpfung« (394). Gespiegelt werde diese Grundstruktur der Macht in der Ermächtigung derer, die von ihr verkündigen, wie anhand des Beispiels des Paulus und seinem »Ruhm der Schwachheit« ausgeführt wird. In dieser Art der Teilhabe an Gottes schöpferischer und die Welt (er-)haltender Macht gründe letztlich auch die Freiheit derer, die »Gottes Kinder« genannt werden. Martin Wendte stellt sich dieser bereits erkennbar systematisch ausgerichteten Vorgabe Feldmeiers, indem er ebenfalls Gottes »allmächtige Herrschaft und die Freiheit der Christgläubigen« (403) miteinander in Beziehung setzt. Wendte wählt dazu die Form der These und fordert damit umso mehr zur Auseinandersetzung heraus. Seine Überlegungen sind trinitarisch orientiert unter der Fragestellung, was sich hinsichtlich des Gottesbildes eigentlich verändere, wenn man es konsequent trinitarisch denkt. Im Zentrum steht dabei die Interpretation des Topos von der Allmacht Gottes als Allmacht der Liebe, in der sich Gottes kommunikatives Wesen entfalte. Damit gewinnt die Vorstellung einer innertrinitarischen Perichorese neues Gewicht in der Diskussion um die Eigenschaften und das Wesen Gottes. Im Hinblick auf die Freiheit des Menschen ist nach Wendte die Ermächtigung »zu freiem Sein und Tun« (408) durch Gott entscheidend, der darin den Menschen an seiner eigenen, durch die Allmacht der Liebe begründeten Freiheit partizipieren lasse, die sich konkret als Handlungsfreiheit (im Unterschied zu bloßer Wahlfreiheit) erweise. Ontologisch begründet wird dies durch Reflexionen über den Zusammenhang von Gott (als dem Ursprung der Wirklichkeit des Kosmos) und der Gegenständlichkeit des Geschaffenen. Der Regelhaftigkeit, die der Wirklichkeit zugrunde liegt, ließen sich nicht nur die drei Personen der Trinität zuordnen, sondern sie bestimme auch maßgeblich die Anthropologie und letztlich das Wesen von Wahrheit. Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist Wendtes Interpretation des sessio-Motivs, die der exegetischen Deutung Feldmeiers nahekommt: Die »Rechte Gottes« sei kein Ort, sondern »vielmehr […] an allen Orten zu finden – sie ist allgegenwärtig –, da ohne sie die |14|Schöpfung nicht erhalten wird« (427). Dem Gottesdienst und speziell den Sakramenten komme dabei eine zentrale Funktion zu – Aspekte, die auch Anne Käfer hervorgehoben hat. Dass und inwiefern bei der Gestaltung der durch Gottes kommunikatives Wesen eröffneten »Möglichkeitsräume« menschlicher Freiheit auch die Dimension des deus absconditus nicht unreflektiert bleiben darf, schärft Wendte zum Schluss nachdrücklich ein.

      Die letzte Zeile des christologischen Artikels thematisiert die Erwartung der Wiederkunft Christi zum Gericht, zweifellos eine der schwierigsten Vorstellungen innerhalb des Credos. Hermut Löhr und Markus Mühling gehen es mutig an. Aus neutestamentlicher Sicht und mit einem intensiven Blick auf die frühe patristische Zeit zeichnet Löhr zunächst die Entstehung dieser Vorstellung in der frühchristlichen Bekenntnisgeschichte nach. Apg 10 komme dabei eine Schlüsselfunktion zu, insofern der Topos von Christus als Richter in 10,42 neben anderen Aspekten des Credos im Kontext einer Rede des Petrus zur Taufe des Kornelius aufgenommen ist. Der Text lege nahe, dass die Ursprünge des Credo sehr wahrscheinlich mit der Taufunterweisung zusammenhängen. Die Vorstellung vom wiederkommenden Christus als Richter gehe in der Sache zurück auf die Vorstellung vom endzeitlichen Kommen des Menschensohns, eine Tradition, die vom Danielbuch über die frühjüdische Überlieferung Eingang in die neutestamentliche Literatur gefunden hat. Dabei zeige sich, dass der konkrete Bedeutungsgehalt der einzelnen Aussageelemente keineswegs eindeutig ist und nicht zuletzt auch im Kontext des Credos bestimmt werden muss; im Falle der Gerichtsankündigung etwa mit dem Topos der Sündenvergebung im dritten Artikel des Bekenntnisses. Hinzuzufügen wäre, dass natürlich auch die Interpretation der Allmacht Gottes unter der Maßgabe der Liebe hier systematisch-theologisch eine Rolle spielt. Vor dem Hintergrund der Traditionsgeschichte des Topos werde nicht zuletzt die Unschärfe der Aussagen vom »Richten der Lebenden und Toten« deutlich, da in der Tradition nicht nur von einem universalen Gericht über alle Menschen, sondern gelegentlich auch von einem Gericht allein über die Sünder die Rede sei. Dies gelte es ebenfalls im Kontext der Credoaussagen hermeneutisch einzuholen. Mühling versucht dies anhand von Thesen, in denen er den Topos des endzeitlichen Gerichtes konsequent auf der Grundlage einer »relational-narrativen Ontologie« (480) entfaltet. Die Vorstellung vom endzeitlich als Richter kommenden Christus ist darin Teil einer vielschichtigen Verschränkung ganz verschiedener Narrative, wobei |15|Kreuz und Auferstehung als christologischem Narrativ konstitutive Bedeutung zukomme. Insbesondere mit Strafen bzw. einer »Bewertung des Vergangenen« verbundene Gerichtsvorstellungen erwiesen sich dabei als Problem, »weil sie die intern-relationierte Verfassung des Personseins verkennen« (482). Das Gericht sei daher als »Prozess der Konstitution menschlicher Personalität zu verstehen« und setze einen »Transformationsprozess von der Narration im Hier und Jetzt in die Narration der eschatischen Realität« voraus (484). Als Exeget wird man sich fragen, inwieweit eine solche eschatologische Theorie mit Schrift und Tradition korreliert und insofern tatsächlich hermeneutische Plausibilität beansprucht. Mühlings Unterscheidung von Person und Tat, die auch biblisch-theologisch gut begründet ist (vgl. 1 Kor 3,11–15), deutet diese Korrelation an.

      Das grundsätzliche Problem liegt freilich im Gegenstand der letzten Zeile des zweiten Bekenntnisartikels: Während alle anderen Aussagen sich auf vergangene Ereignisse der Christusgeschichte und deren Interpretation (bzw. die Interpretation ihrer Erzählung und der daraus bereits generierten Deutungen) beziehen, handelt die Aussage vom wiederkommenden Richter von der Zukunft. Über diese lässt sich letztlich nur im Modus der Metapher als Veranschaulichung von persönlicher Hoffnung bzw. Glaubensüberzeugung oder aber in Gestalt einer im positiven Sinne spekulativen Theologie reden, in der versucht wird, das interpretatorische Potenzial der Christusgeschichte konsequent auf die Zukunft derer zu beziehen, die in Bezug auf ihre eigene Geschichte entweder »an Christus glauben«, sich zu dieser Glaubensherausforderung ablehnend oder auch indifferent verhalten. Dass es hierbei Leerstellen geben muss, liegt in der Natur der Sache; dass auch in Bezug auf das Gericht als Urteil über das, was vom Leben bleibt, die Liebe Gottes der Maßstab des Urteils sein wird, in der Konsequenz der Christusgeschichte.

      Im Hinblick auf den Ertrag der Tagung hat sich – als Resümee des Exegeten – vor allem gezeigt, wie groß der innertheologische Gesprächsbedarf ist. Die sich in dem vorliegenden Band dokumentierende Absicht ist es, Exegetinnen und Exegeten sowie Systematikerinnen und Systematiker zu einem solchen gemeinsamen Gespräch zusammenzubringen. Die Tatsache, dass alle Beteiligten der Einladung dazu gefolgt sind und sich diesem intensiven Austausch gestellt haben, hat zudem deutlich gemacht, dass der Bedarf einer solchen Verständigung über den im Zentrum des christlichen Glaubensbekenntnisses stehenden Artikel tatsächlich groß ist, zumal in Zeiten, in denen religiöser |16|Pluralismus ein Leitbegriff ist und die christlich geprägten Kulturen und Gesellschaften Europas vor große Herausforderungen gestellt sind. Die akademische Theologie in ihrer diese Prozesse begleitenden Funktion ist in ihrem Wesen wohl die am breitesten interdisziplinär vernetzte Wissenschaft, sowohl nach außen hin in Wissenschaftsbereiche außerhalb der Theologie, aber eben auch – und das kommt leider oft zu kurz – nach innen. Nicht zuletzt für Studierende der Theologie – sei es für das Pfarramt oder das Lehramt – ist zunächst der interne Diskurs der theologischen Disziplinen von großer Bedeutung, und das nicht nur in kognitiv-systematisierender Hinsicht. Wenn denn das Studium nicht nur zum Erwerb von »Kompetenzen« zur Ausübung eines mehr oder weniger krisensicheren »Jobs« befähigen, sondern auch heute noch zu so etwas wie einer »theologischen Existenz« führen soll, mit der junge Menschen sich identifizieren und die in der Verkündigung des Evangeliums von Jesus Christus ihre eigentliche Aufgabe (um nicht zu sagen: »Mission«) sieht, dann ist es wohl gerade das apostolische Bekenntnis der Kirche, das gleichsam als traditionsgeschichtliche Zuspitzung ihrer Verkündigung vor dem Hintergrund sich verändernder Zeiten und Weltwahrnehmungen zu einer besonderen Beschäftigung mit seinen Inhalten nötigt. Rochus Leonhardt hat das kritische Potential dieser Herausforderung durch das Credo am Beispiel des Apostolikumstreites anschaulich

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