Jesus Christus. Группа авторов

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Jesus Christus - Группа авторов Themen der Theologie

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betrachtet wird, wobei sich hier nach dem Anlass des Opfers zwischen einem Bittopfer und einem Dankopfer differenzieren lässt, sei es, dass das Opfer als Mahl mit der Gottheit (communio/Gemeinschaft) oder als Sühne (Versöhnungsopfer) verstanden wird. Die Intention eines jeden Opfers besteht darin, die Beziehung zwischen dem Opfernden und der Gottheit, der etwas geopfert wird, zu beeinflussen. Als sanktionierte Opfermaterie erscheinen im Alten Testament pflanzliche und tierische Produkte sowie Tiere – nie Menschen, wenngleich das Erstgeburtsopfer als Ersatz für den Erstgeborenen einer Familie erscheint und religionsgeschichtlich in der Jhwh-Verehrung wie in der Umwelt des alten Israel Menschenopfer in absoluten Krisensituationen belegt sind (vgl. 2Kön 3,27).

      Dementsprechend stellt die im Vierten Gottesknechtslied (Jes 52,13–53,12) angelegte und im Neuen Testament zur Deutung des Kreuzestodes Jesu aufgenommene Vorstellung vom Tod des Gerechten, der »sein Leben für viele gibt«, einerseits einen Archaismus dar, andererseits eine Radikalisierung der Vorstellung von der absoluten Heiligkeit Gottes, dessen Wille zur Gemeinschaft durch die Sünde des Menschen so stark tangiert ist, dass es des Opfers eines sündlosen Repräsentanten des Menschen bedarf (Hebr 7,26; 9,14; 1Petr 2,21–24). Die neutestamentlichen Beschreibungen Jesu als des einen sündlosen wahren Menschen (vgl. Psalmen Salomos 17,36) basieren auf diesem Denkmodell. Komplementär kommt der Sühnegedanke hinzu, der in der Zeit des Zweiten Tempels zunehmend nicht nur die Vorstellung der Opfer, sondern auch der Feste (vgl. Sir 50,5–21), des Fastens (vgl. Psalmen Salomos 3,8) und Almosengebens (vgl. Prov 16,6; Sir 3,30; Tob 12,9) prägt.

      Entscheidend für das alttestamentliche Sühneverständnis ist, dass Gott selbst die Schuld des Menschen aufhebt und die Sühne des Menschen ermöglicht. Sühne ist also primär ein Heilshandeln Gottes. Realsymbolisch wird dies in einem Handaufstemmungsritus vergegenwärtigt, der unter anderem beim großen Versöhnungstag (jôm ha-kippûrîm) ausgeführt wird, in dessen Verlauf das Heiligtum, |51|die Priester und die Kultgemeinde von der Sünde eines vergangenen Jahres befreit werden, indem Aaron bzw. der Hohepriester die Sünde auf einen Bock überträgt, der dann stellvertretend in die Wüste geschickt wird (Lev 16,8.10.20–22: »Sündenbock«). Wenn der Hebräerbrief Jesus Christus als den wahren Hohepriester, der im Kult des Zweiten Tempels nur am großen Versöhnungstag das Allerheiligste betritt, bezeichnet (Hebr 2,17; 6,20) und wenn Paulus Jesus Christus als von Gott eingesetzte »Sühne« darstellt (Röm 3,25), dann ist jeweils die alttestamentliche Vorstellung vom Sühne schenkenden (versöhnenden) Gott fortgeschrieben (Dtn 21,8; 2Chr 30,18f.;1QHaXII, 37; 1Joh 2,2).

      Mit dem Versöhnungstag, der in der Zeit des Zweiten Tempels im Zentrum des herbstlichen Laubhüttenfestes (Sukkot), eines ursprünglich anlässlich der Weinlese begangenen Festes, steht, ist ein alttestamentliches Fest angeklungen, das in seiner Sprach- und Bildwelt zur Interpretation von Leben und Werk Jesu Christi von überragender Bedeutung ist. Ähnliches gilt für das im Frühjahr begangene Passah-(Mazzot-)Fest, das ursprünglich ebenfalls eine Orientierung an der Natur hat, einerseits in Gestalt eines zu Beginn der Gerstenernte gefeierten Festes (vgl. Lev 23,6–10; Dtn 16,1), andererseits als ein von Hirten am Vollmond mit einem dämonenabwehrenden Blutritus gefeiertes Vollmondfest, und sekundär mit dem geschichtlichen Handeln Jhwhs im Exodus verbunden wurde (vgl. Ex 12). So dient das Passah-Mazzot-Fest nach seiner deuteronomistischen und priesterschriftlichen Deutung der Erinnerung an die Befreiung aus Ägypten. In jedem Passah-Mazzot verwirklicht sich die Erfahrung der Freiheit, die sich zugleich zur Hoffnung auf eine endzeitliche Befreiung entwickeln kann, die im Bild eines neuen Exodus entfaltet wird (vgl. Jes 43,16–18).

      Wenn im Neuen Testament das letzte Mahl Jesu als Passah-Mahl erscheint (vgl. Mk 14,12–26; Mt 26,17–30; Lk 22,7–23) oder Paulus Jesus Christus als Passah-Lamm bezeichnet (1Kor 5,7), dann wird die Passion Jesu zum neuen Exodus: Wie einst Israel aus Ägypten geführt wurde, so führt Jesus Christus aus der Knechtschaft der Sünde; wie Gott Israel einst aus der Sklaverei befreite, so befreite Gott Jesus Christus aus dem Tod. Damit ist die alttestamentliche Exodus-Typologie (s.o. 2.2.), die im Auszug aus Ägypten ein Vorbild |52|künftiger Erlösung Israels erblickt (vgl. Hos 2,17; 12,10; Mi 7,15; Jes 43,6), christologisch transformiert (vgl. Apk 15,3).

      4.6. Gott als Lenker der Geschichte oder Jesus Christus im Spiegel alttestamentlicher Geschichtstheologien

      In den Ausführungen zu Gott als Schöpfer, als segnendem, verheißendem und bewahrendem Begleiter Abrahams, Isaaks, Jakobs und Josefs sowie als Befreier, Führer und Lehrer seines erwählten Volkes Israel ist bereits das theologische Motiv angeklungen, dass Gott der Herr der Geschichte und als ʼel ʽôlām der Herr von Zeit und Raum ist (Gen 21,33; Jes 40,28; vgl. Sir 36,22 [HB]). In den auf die Tora folgenden Büchern der Geschichte und der Prophetie liegt diese Denkfigur breit entfaltet und mit vielerlei Facetten vor. Sie, die alttestamentliche Geschichtstheologie, bildet den eigentlichen Wurzelgrund der alttestamentlichen Messiasvorstellungen.

      Im Hintergrund der historiographischen Entwürfe des Alten Testaments, sei es der umfassenden narrativen Kompositionen im Bereich der deuteronomistisch redigierten Königsgeschichte in den Büchern 1Samuel bis 2Könige (mit dem literarischen späten Vorbau der auch deuteronomistisch geprägten Bücher Josua und Richter), sei es der großen, überwiegend poetisch gestalteten Prophetenbücher (Jesaja, Jeremia, Ezechiel und das ursprünglich auf einer Rolle geschriebene Zwölfprophetenbuch), stehen die tief in das kulturelle Gedächtnis Israels eingebrannten historischen Krisenerfahrungen des Zusammenbruchs des Königreichs Israel 722/720 v. Chr. im Schatten der Westexpansion des assyrischen Weltreichs sowie die Eroberung und Zerstörung Jerusalems 587 v. Chr. durch die Neubabylonier. In beiden Fällen bewirkte die Auflösung der politischen und kultischen Ordnungen des Staates, dessen offizieller Kult dem Staatsgott Jhwh galt, bei den geistigen Eliten Israels und Judas einerseits eine grundlegende Reflexion der Macht Jhwhs, die in der Vorstellung der universalen Geschichtsmächtigkeit Jhwhs, der die Mächte der Erde zur Erziehung seines Volkes Israels benutzt, mündete, andererseits eine Darstellung der Geschichte Israels als eines linearen, von Jhwh nach den Prinzipien von Schuld und Strafe gestalteten Geschehensverlaufs. Dieser Verlauf ist sowohl in |53|der Endgestalt der Geschichtsbücher als auch der Prophetenbücher eschatologisch, mitunter verhalten messianisch geprägt (vgl. Beck 2006; Schmitt 2001c; 2010; Collins/Yarbro Collins 2008: 25–47); in den Prophetenbüchern trägt er auch apokalyptische Züge, wenn mit einer radikalen Veränderung der Welt nicht mehr in der Zeit, sondern jenseits dieser gerechnet wird (vgl. Jes 24–27; Dan 7–12; 1Henoch). Die israelitisch-jüdischen Geschichtstheologien im Alten Testament und die sich aus diesen (wie aus bestimmten weisheitlichen Traditionen) entwickelnde Apokalyptik, wie sie sich in nicht kanonisch gewordenen frühjüdischen Apokalypsen niedergeschlagen hat (Collins 1998), bilden einen wesentlichen Vorstellungshintergrund für die neutestamentliche Interpretation Jesu Christi als Teil und Ziel des göttlichen Handelns in der Geschichte bzw. in Zeit und Ewigkeit.

      Im Rahmen der Darstellung der Geschichte des Königtums (1Sam – 2Kön), wie ihn vor allem deuteronomistische Redaktoren im 7./6. Jahrhundert v. Chr. unter Verarbeitung älterer Erzählzyklen und Hofgeschichten geschaffen haben, und in den prophetischen Büchern kommt einzelnen Figuren als paradigmatischen Werkzeugen Jhwhs zur Durchsetzung und Deutung seines Geschichtsplans eine besondere Relevanz zu. Auf diesen soll hier, alternativ zu einem Ansatz, der an der historiographischen und eschatologischen Erzählstruktur der Geschichts- und der Prophetenbücher orientiert ist, der Schwerpunkt liegen.

      4.6.1. An erster Stelle sind die Könige zu nennen, die im königszeitlichen Israel wie auch sonst im Alten Orient, als von Gott selbst eingesetzte Herrscher, irdische Repräsentanten der göttlichen Ordnung, höchste Priester und Garanten von Gerechtigkeit und Wohlergehen des Staats betrachtet wurden (Ps 72; Klgl 4,20; Witte 2012b: 46–52). Wie in Mesopotamien und Ägypten konnte in Israel/Juda der König als »Sohn Gottes« bezeichnet werden (Ps 2; 110), wenn auch nicht in einem biologischen, sondern in einem adoptianischen Sinn (s.o. 3.4.), und mit göttlichen Attributen versehen werden (Ps 45; vgl. Collins/Yarbro Collins 2008: 1–24).

      Eine israelitische

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