Jesus Christus. Группа авторов

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Jesus Christus - Группа авторов Themen der Theologie

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Zeit ein eschatologisches Verständnis von Traditionstexten (vgl. z.B. die ägyptischen Texte Das Lamm des Bokchoris und das Töpferorakel; Quack 2009: 176–181).

      Charakteristisch für das im Neuen Testament vorliegende eschatologische Verstehen sind zwei Punkte: Erstens hat bereits Jesus seine Person und sein Auftreten mit Metaphern gedeutet, die in den Schriften Israels auf die Endzeit bezogen sind. Dies gilt für die vor allem in den prophetischen Büchern, einzelnen Psalmen und in den apokalyptischen Passagen des Danielbuchs ausgedrückte Vorstellung von der im Anbruch befindlichen endgültigen Königsherrschaft Gottes (hebr. malkût jhwh; griech. βασιλεία τοῦ θεοῦ/basileia tou theou/βασιλεία τῶν οὐρανῶν/basileia tōn ouranōn; Jes 24,23; Mi 4,7; Sach 14,17; Ps 96–99; 145–146; Dan 7,27); und dies gilt für den Titel »Menschensohn« (hebr. ben ʼādām, aram. bar naš, griech. υἱὸς τοῦ ἀνθρώπου/hyios tou anthrōpou): Dessen traditionsgeschichtliche Entwicklungslinie und alttestamentliches Verwendungsspektrum umfasst die einfache Kennzeichnung eines Menschen in seiner Relation zu Gott (Ps 8,5), die spezifische Bezeichnung des Propheten Ezechiel (Ez 2,1 und weitere 93 Mal in Ez) sowie die Titulierung einer vieldeutigen endzeitlichen himmlischen (Retter-)Gestalt (Dan 7,13; vgl. 1Henoch 46,1–6; 4Esra 13,3–4). Zweitens haben die |19|frühchristlichen Autoren, mit charakteristischen Differenzen im jeweiligen eschatologischen Wirklichkeitsverständnis, Leben, Tod und Auferstehung Jesu als Erfüllung »alttestamentlicher« Weissagungen interpretiert. Wie die unterschiedlichen alttestamentlichen Eschatologien ihr Zentrum im endgültigen Handeln des einen und einzigen Gottes Jhwh finden, so gilt für alle neutestamentlichen Autoren, dass sie in Jesus Christus das irreversible und unüberbietbare Heilshandeln dieses Gottes sehen.

      Dementsprechend kennzeichnet die Rezeption der alttestamentlichen Schriften im Neuen Testament der eschatologische Weissagungsbeweis, mittels dessen Jesus mit unterschiedlichen, im antiken Judentum für die Endzeit erwarteten Heilsfiguren identifiziert wird (s.u. 4.6.) und die entscheidenden Situationen seines Lebens von der Geburt bis zum Tod am Kreuz und der Auferstehung als ein schriftgemäßes Handeln Gottes interpretiert werden (vgl. Mt 2,5–6 versus Mi 5,1, bzw. Apg 8,30–36 versus Jes 53,7–8, bzw. 1Kor 15,3–4 versus Jes 53,4–5; Hos 6,2; Ps 16,8–11). Dabei kann sich der auf Jesus Christus bezogene Weissagungsbeweis auf die explizite Zitation von Einzelstellen und auf die gesamte aus Tora und Propheten (Nebiim: Jos – Mal) bestehende, in ihrem dritten Teil (Ketubim) noch im Werden befindliche Sammlung der heiligen Schriften Israels beziehen. So stellt beispielsweise Lukas den auferstandenen Christus als exemplarischen Hermeneuten der Schriften Israels dar (Lk 24,27), woraus zugleich das frühchristliche Bewusstsein einer so erst durch Jesus Christus ermöglichten Lektüre der Schriften Israels spricht (Apg 8,26–40; 2Kor 3,12–18).

      Mitunter kann von den neutestamentlichen Autoren im Rahmen der eschatologischen Interpretation eine scharfe Antithetik/Entgegensetzung zwischen dem als endgültige Offenbarung Gottes verstandenen Jesus Christus und den dann als vorläufig oder überholt betrachteten Offenbarungen Gottes vor Abraham und Mose, wie sie in der Tora verschriftet sind, aufgebaut werden. In diesem Fall erscheint Jesus Christus nicht primär als Erfüllung, sondern als Überbietung alttestamentlicher Heilsvorstellungen. Das Alte Testament wird damit zur Kontrastfolie der Darstellung von Leben und Werk Jesu Christi (vgl. Joh 1,17; 7,23; 8,17f.; 10,34–36; Röm 3,21f.; Gal 2,21; Hebr 3,1–6). Auch eine solche Form antithetischen|20| oder überbietenden Schriftverständnisses ist von ihrer Struktur her nicht genuin christlich, wie eine inneralttestamentliche Kritik an der Tora des Mose bzw. am Umgang mit dieser seitens bestimmter weisheitlicher und prophetischer Autoren (Hi 31; Jer 31) sowie esoterische Texte aus Qumran (1Q26/4Q415–418) oder die frühjüdische Henochüberlieferung zeigen, sie hat aber durch die exklusive Bindung an Jesus Christus eine neue Qualität erreicht. Noch deutlicher als bei der Allegorie und bei der Typologie zeigt sich beim eschatologischen Weissagungsbeweis und der antithetischen Gegenüberstellung die Wechselwirkung zwischen dem auf Jesus Christus hin ausgelegten Alten Testament und der Deutung von Person und Werk Jesu mittels des Alten Testaments.

      2.4. Jesus Christus im Spiegel der historisch-kritischen Auslegung des Alten Testaments

      Die skizzierte Thematisierung Jesu Christi im Kontext der Auslegung des Alten Testaments zieht sich in ihrer grundsätzlichen Struktur und Hermeneutik von der Alten Kirche über das Mittelalter und Martin Luther (1483–1546) bis zu vereinzelten dezidiert christologischen oder christozentrischen Interpretationen im 20. Jahrhundert (vgl. z.B. Wilhelm Vischer [1895–1988] oder Otto Procksch [1874–1947] und dazu Preuß 1984: 85–94; Reimer 1998: 380–400).

      Mit dem Aufkommen der historisch-kritischen Bibelwissenschaft im 17./18. Jahrhundert, die im Schatten von Aufklärungsphilosophie und Romantik nach der geschichtlichen Ursprungssituation und Ursprungsintention sowie den Erstadressaten eines Textes fragt, wurde die allegorische, typologische und eschatologische, mithin die christologische Interpretation des Alten Testaments in unterschiedlichen Graden problematisiert und als eine nicht aus den alttestamentlichen Texten selbst gewonnene, teilweise deren ursprünglichen Sinn umkehrende, dabei stark selektive Deutung kritisiert (Reventlow 1982: 1–30).

      Die gegenwärtige christliche Theologie steht vor der Herausforderung, angesichts tatsächlicher hermeneutischer Defizite von allegorischer, typologischer und eschatologischer Auslegung und |21|unter den Bedingungen historischen Denkens Jesus Christus als Thema auch des Alten Testaments darzustellen. Entzieht sich die christliche Theologie dieser Aufgabe, werden entweder der traditions- und literaturgeschichtliche sowie sachliche Zusammenhang der Testamente aufgelöst und die Betrachtung der im Alten Testament versammelten Texte an die vorderorientalische und klassische Literatur- und Religionsgeschichte delegiert (so radikal bei Friedrich Delitzsch [1850–1922], vgl. Delitzsch 1924/1926; Hartenstein 2009: 79). Oder die alttestamentlichen Texte kommen in Gestalt der Hebräischen Bibel (Tanach), die aber weder material noch hermeneutisch mit dem Alten Testament identisch ist, nur in der jüdischen Theologie vor. Bei aller Notwendigkeit, den literarischen und religionsgeschichtlichen Eigenwert der alttestamentlichen Texte zu würdigen und die sich auf die Schriften des antiken Israel beziehende jüdische Theologie als eine mögliche und authentische Lesart zu achten, zeigen entsprechende Fehlentwicklungen im Laufe der Auslegungs- und Kirchengeschichte, dass der Verzicht auf eine christliche und christusbezogene Auslegung nicht nur theologisch unsachgemäß ist, sondern regelmäßig zu einer Abwertung des Alten Testaments und in deren Gefolge häufig zu einer Abwertung oder gar Verfolgung des Judentums führte.

      Im Rahmen christlicher Theologie muss das Alte Testament aus der Perspektive des Neuen Testaments (und umgekehrt das Neue Testament aus der Perspektive des Alten Testaments) verstanden werden, ohne dass die literatur- und religionsgeschichtliche Besonderheit des Alten Testaments (und des Neuen Testaments) nivelliert und das Judentum diffamiert werden. Dem Thema »Jesus Christus« kommt dabei die Schlüsselrolle zu, weil Jesus Christus die entscheidende Verbindung zwischen beiden Testamenten darstellt (vgl. programmatisch Procksch 1950: 11).

      So wird im Folgenden der Versuch unternommen, die Theologien im Alten Testament in ihrer Durchlässigkeit auf das Gottes-, Welt- und Menschenverständnis, wie es sich in den neutestamentlichen Überlieferungen über Jesus Christus zeigt, nachzuzeichnen und dabei exemplarisch auf strukturelle Entsprechungen, konzeptionelle und motivische Parallelen sowie traditionsgeschichtliche Verbindungen in der Rede von Gott im Alten und im Neuen Testament|22| hinzuweisen (vgl. Preuß 1984: 120–140). Einen solchen Zugang möchte ich eine »christo-transparente« Auslegung nennen. Dass dies hier nur in Ausschnitten und beispielhaft geschehen kann, versteht sich von selbst. Dabei müssen, zumal bei der Frage nach dem Hintergrund der Messiasvorstellungen, immer wieder die Grenzen des Kanons überschritten und das nicht kanonisch gewordene jüdische Schrifttum aus hellenistisch-römischer Zeit berücksichtigt werden. Insofern das Thema »Jesus Christus« dem Alten Testament zugewachsen ist, kann eine solche nachzeichnende Darstellung nicht anders als rückblickend geschehen (vgl. dazu die klassisch gewordenen Ausführungen bei

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