Betriebliches Nachhaltigkeitsmanagement. Группа авторов

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Betriebliches Nachhaltigkeitsmanagement - Группа авторов страница 22

Betriebliches Nachhaltigkeitsmanagement - Группа авторов

Скачать книгу

einer solchen Begründung ist die Tatsache, dass viele der dort tätigen Unternehmen zum Großteil Eigentum von Personen und/oder Institutionen aus entwickelten Ländern sind. In den entwickelten Ländern können diese Unternehmen auf günstigere Rahmenbedingungen aufbauen als dies in weniger entwickelten Ländern der Fall wäre. Auf dieser Basis kann erneut das Werk von John Rawls als ethische Begründungsgrundlage dienen. In seinem Werk „Recht der Völker“ argumentiert Rawls, dass „wohlgeordnete Völker […] eine Pflicht [haben], belastete Gesellschaften zu unterstützen“ (Rawls 2002), und dass zugleich die Notwendigkeit zur weiteren Verbesserung der positiven Rechte vor allem in jenen Gesellschaften besteht, in denen „politische und kulturelle Traditionen, das Humankapital, das Knowhow und oft auch die nötigen materiellen und technologischen Ressourcen [fehlen]“ (Rawls 2002), um wohlgeordnet zu sein. Diese Zweiteilung von wohlgeordneten und belasteten Völkern kann in vereinfachter Sichtweise in Bezug auf Industrie- und Entwicklungsländer fortgeführt werden. Ausgangspunkt der folgenden Argumentation ist nun der Aspekt, dass die genannten wohlgeordneten Gesellschaften auf staatlicher Ebene tatsächlich der Argumentation von Rawls zu folgen scheinen, da z. B. im Rahmen der Vereinten Nationen eine Zielvereinbarung für Entwicklungshilfeleistungen an solchermaßen belastete Gesellschaften von 0,7 % besteht. Dieses Ziel wird jedoch weltweit zumeist nicht erreicht (OECD 2007). Damit kann die bestehende und auf staatlicher Ebene bereits anerkannte Verantwortung direkt auf die jeweiligen Mitglieder der einzelnen Gesellschaften übertragen werden, da die in Rawls’ Werk geforderte Unterstützung auf politisch-staatlicher Ebene in der Regel nicht in ausreichender Weise geleistet wird. Eine spezifische unternehmerische Verantwortung für eine nachhaltige Entwicklung kann entsprechend zum einen daraus abgeleitet werden, dass diese Unternehmen häufig selbst „Mitglieder“ wohlgeordneter Völker sind und damit von deren positiven Rahmenbedingungen profitieren können. Zum anderen kann sich eine Verantwortung aus der kollektiven individuellen Verantwortung der jeweiligen Unternehmenseigner ergeben, die ebenfalls oft zu einem überwiegenden Teil Mitglieder wohlgeordneter Völker sind. Blickt man darüber hinaus auf jene Unternehmen mit Sitz und Anteilseignern innerhalb der entsprechenden „belasteten“ Länder, so lässt sich auch hier Rawls’ Argumentation zum Recht der Völker nutzen. Denn in diesen Ländern sind es insbesondere die „wohlgeordneten“ Schichten, welche die Geschicke der entsprechenden Unternehmen lenken und die damit – in analoger Argumentation zu Rawls – die Pflicht haben, eine entsprechende Verantwortung zur Entwicklung der „belasteten“ Bevölkerung zu übernehmen.

      Schließlich wird eine unternehmerische Verantwortung für nachhaltige Entwicklung häufig aus den spezifischen Kapazitäten des privatwirtschaftlichen Sektors hergeleitet. Sowohl die Fähigkeiten als auch die gesammelten Kapazitäten von Unternehmen übersteigen systematisch die Kapazitäten von Individualakteuren (s. mit speziellem Bezug zu Menschenrechten auch Wettstein 2009). Unternehmen hingegen können direkt die Würde der von ihnen abhängigen Menschen (positiv wie negativ) beeinflussen (Hahn 2012), indem sie im Rahmen eines betrieblichen Nachhaltigkeitsmanagements auf intra- und intergene­rative Gerechtigkeit einwirken. Folglich steht in diesem Argumentationsstrang die Betonung der „Fähigkeit“ zur Problemlösung im Mittelpunkt, und damit stehen eben die Kapazitäten der Unternehmen, zu einer nachhaltigen Entwicklung beizutragen, (vgl. erneut Abbildung 2.1) im Zentrum. Diese Argumentation (ganz ähnlich schon von Hans Jonas als „die Pflicht der Macht“ (Jonas 1984) postuliert) findet sich immer öfter und stärker sowohl in der gesellschaftlichen Diskussion als auch in der öffentlichen Meinung und wird zunehmend zu einem Wert, der für die Unternehmen unmittelbar handlungswirksam wird (so argumentieren auch von Oetinger und Reeves 2007 recht plakativ: „Größe verpflichtet“).

      Auf Basis der vorgenommenen normativ-ethischen Fundierung von Nachhaltigkeit im Allgemeinen und betrieblichem Nachhaltigkeitsmanagement im Speziellen können diese beiden Verantwortungsebenen nun erneut – wie in Abbildung 2.2 illustriert – zueinander in Beziehung gesetzt werden.

kap002_abb002

      Abb. 2.2 Die Verantwortungsebenen des betrieblichen Nachhaltigkeitsmanagements und einer gesamtgesellschaftlichen nachhaltigen Entwicklung (Quelle: eigene Darstellung).

      Die erste Stufe der Verantwortung findet sich auf der Ebene der unternehmerischen Ausführung regulärer Geschäftstätigkeiten, d. h. auf der Ebene des unmittelbaren unternehmerischen Einflussbereichs. Im Rahmen eines betrieblichen Nachhaltigkeitsmanagements ist hier zunächst eine aktive Reflexion gegebener Wettbewerbsbedingungen angezeigt, da diese Rahmenbedingungen gegenwärtig einem vollständig nachhaltigen Verhalten häufig (noch) keine Anreize bieten und in einigen Fällen sogar eher ein gegenteiliges Geschäftsgebaren fördern und z. B. extensive externe Effekte zulasten Dritter zulassen (z. B. Ulrich 2008). Ein umfassend verstandenes betriebliches Nachhaltigkeitsmanagement wirkt vor diesem Hintergrund aktiv darauf hin, solche gegebenen Handlungsspielräume, wie z. B. niedrige Umwelt- und Sozialstandards in Entwicklungsländern, nicht auszunutzen. Die zweite Stufe der Verantwortung befasst sich auf einer übergeordneten Ebene mit den gesamtgesellschaftlichen Aktivitäten und schließt neben den Unternehmen auch das nachhaltigkeitsrelevante Verhalten weiterer Akteure, wie Konsumentinnen und Konsumenten, Medien, Nichtregierungsorganisationen (NGOs), Regierungen usw., ein. Grundlegendes Element dieser Stufe ist demnach die gesamtgesellschaftliche Suche nach Wegen verantwortungsvollen Wirtschaftens, ausgerichtet an den Postulaten intra- und intergenerativer Gerechtigkeit. Hiermit ist vor allem die grundlegende Rahmenordnung wirtschaftlicher Gegebenheiten angesprochen. Eine Verknüpfung dieser beiden Ebenen kann nun auf zwei Wegen erfolgen: Zunächst kann betriebliches Nachhaltigkeitsmanagement im Sinne der ersten Stufe unmittelbar das Ziel der Nachhaltigkeit fördern, wenn unternehmerische Nachhaltigkeitsstrategien den drei Dimensionen von Nachhaltigkeit dienlich sind. Jedoch kann ein solches einzelunternehmerisches Handeln Nachhaltigkeit nicht auf gesamtgesellschaftlicher Ebene garantieren, da hierzu die Anstrengungen weiterer Akteure notwendig sind. Genau an dieser Stelle setzt dann die zweite Stufe der Verantwortung an. Wenn es nämlich gelingt, nachhaltigkeitskompatible Zielsysteme und Rahmenbedingungen gesamtgesellschaftlich durchzusetzen, so fördern derartige Rahmenbedingungen direkt ein verantwortliches Handeln der einzelnen Akteure selbst in jenen Fällen, in denen sich diese Akteure ansonsten nicht mit Nachhaltigkeit auseinandersetzen würden. Auch Unternehmen können z. B. im Sinne einer verantwortlichen reflexiven Regulierung (d.h. der aktiven Einbringung in den Entwurf entsprechender Normen, Regelungen und Gesetzesvorgaben) aktiv auf solche Rahmenbedingungen hinwirken.

      In der aktuellen Unternehmenspraxis finden sich bereits mehrfach Beispiele für eine Umsetzung von nachhaltiger Entwicklung in einzelunternehmerischen Zielsystemen und Maßnahmen des betrieblichen Nachhaltigkeitsmanagements. Zur Illustration können die Millennium Development Goals (MDG) der Vereinten Nationen dienen (www.undp.org/mdg), welche von verschiedenen Unternehmen als Maßstab unternehmerischer Nachhaltigkeitsverantwortung angesetzt werden. Die MDG bestehen aus acht einzelnen Entwicklungszielen für das Jahr 2015, die im Jahr 2000 von einer Arbeitsgruppe aus Vertretern der Vereinten Nationen, der Weltbank, der OECD und mehreren NGOs formuliert worden sind. Sie können als konkrete gesamtgesellschaftliche Zielformulierung auf dem Weg zu einer nachhaltigen Entwicklung angesehen werden. Verschiedene Unternehmen nutzen diese übergeordnet formulierten Ziele bereits für ihre eigene unternehmerische Zielvorstellung zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung.

kap002_abb003

      Abb. 2.3 Die Millenium Development Goals der Vereinten Nationen (Quelle: www.undp.org/mdg, Abfrage am 11.10.2011).

      So hat BASF die eigentlich gesamtgesellschaftlichen Ziele auf unternehmerische Ziele heruntergebrochen und

Скачать книгу