Völkerrecht. Bernhard Kempen
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Kernstück des NAFTA sind die Art. 300 ff. über den freien Warenverkehr. Art. 302 Abs. 1 verpflichtet die Mitgliedstaaten, existierende Zölle für Waren der Mitgliedstaaten nicht zu erhöhen und keine neuen Zölle einzuführen, während Art. 302 Abs. 2 i. V. m. Anhang 302.2 Verpflichtungen enthält, bestehende Zölle nach und nach abzubauen. Dies betrifft vor allem den Handel mit Mexiko, da die Zölle zwischen den USA und Kanada bereits bei Inkrafttreten von NAFTA weitgehend abgebaut waren. Art. 309 Abs. 1 NAFTA untersagt mengenmäßige Ein- und Ausfuhrbeschränkungen, ausgenommen solche, die mit Art. XI GATT (Sart. II, Nr. 510) vereinbar sind.
3. AFTA
Die ASEAN-Freihandelszone wurde durch Abschluss des ASEAN-Freihandelsabkommens (ASEAN Free Trade Agreement) am 28.1.1992 in Singapur gegründet. Nach den Gründerstaaten Brunei, Indonesien, Malaysia, den Philippinen, Singapur und Thailand traten 1995 Vietnam, 1997 Laos sowie Myanmar (Burma) und 1999 Kambodscha bei, so dass AFTA heute zehn Mitgliedstaaten mit einer Gesamtbevölkerung von ca. 600 Mio. Einwohnern umfasst. Das ASEAN-Freihandelsabkommen, das aus lediglich zehn grundlegenden Artikeln besteht, wird u. a. durch das Rahmenabkommen über die Vertiefung der ASEAN-Wirtschaftszusammenarbeit (Framework Agreement on Enhancing ASEAN Economic Cooperation) vom 28.1.1992 und das Rahmenabkommen über die Erleichterung des Transits von Gütern (ASEAN Framework Agreement on the Facilitation of Goods in Transit) ergänzt.
Ähnlich wie die nordamerikanische Freihandelszone ist AFTA nur schwach institutionalisiert. Das ASEAN-Freihandelsabkommen sieht einen Rat und ein Sekretariat vor (Art. 7). Dem für grundlegende Fragen zuständigen Rat gehören je ein Repräsentant jedes Mitgliedstaates auf Ministerebene und der Generalsekretär des ASEAN-Sekretariates an. Das Sekretariat unterstützt den Rat bei der Überwachung und Umsetzung des ASEAN-Freihandelsabkommens. Art. 4 ASEAN-Freihandelsabkommen verpflichtet die Mitgliedstaaten zu einer schrittweisen Reduzierung ihrer Zölle, während Art. 5 eine Verpflichtung zum Abbau mengenmäßiger Ein- und Ausfuhrbeschränkungen aufstellt. Anders als die meisten Freihandelsabkommen enthält das ASEAN-Freihandelsabkommen keine Regelungen über Streitbeilegungsmechanismen, so dass eine Streitbeilegung in der Praxis regelmäßig auf bilateraler Ebene zwischen den beteiligten Staaten stattfindet.
4. COMESA
Der Gemeinsame Markt für das östliche und südliche Afrika (Common Market for Eastern and Southern Africa, COMESA) wurde durch Abschluss des COMESA-Übereinkommens (Agreement Establishing the Common Market for Eastern and Southern Africa, COMESA) am 5.11.1993 als Nachfolgeorganisation einer seit 1981 bestehenden präferentiellen Handelszone mit dem Ziel gegründet, bis zum Jahr 2000 alle Zölle und sonstigen Handelsbarrieren zwischen den Mitgliedstaaten zu beseitigen. Nach einigen Beitritten und Austritten gehören COMESA heute 20 Mitgliedstaaten, darunter allerdings nicht Südafrika, als wichtigste Wirtschaftsnation des südlichen Afrikas, an.
Dass COMESA über die bloße Freihandelszone hinausgehend als Projekt zur Gründung eines Gemeinsamen Marktes im südlichen und östlichen Afrika angelegt ist, kommt nicht nur im Namen der Organisation, sondern v.a. auch in der hochintegrierten institutionellen Struktur zum Ausdruck, welche Art. 7 ff. COMESA-Übereinkommen vorsehen. Zu den nicht weniger als acht Organen des Gemeinsamen Marktes zählen danach neben einer „Authority“ auch ein Rat, ein Gerichtshof und ein Sekretariat. Bislang bleibt die Rechtswirklichkeit allerdings noch hinter dem zurück, was im COMESA-Übereinkommen vorgesehen ist, und hat COMESA daher eher den Charakter einer Freihandelszone als denjenigen eines Gemeinsamen Marktes.
1. Grundproblem der Sektorierung des internationalen Wirtschaftsrechts
Bedeutet die Gründung einer Freihandelszone, dass sich eine Gruppe von Mitgliedstaaten Vorzugsbedingungen im zwischenstaatlichen Handel, insbes. durch das Verbot von Zöllen und mengenmäßigen Ein- und Ausfuhrbeschränkungen, garantiert, steht dies in einem Spannungsverhältnis zum Gesamtsystem des internationalen Wirtschaftsrechts, das primär durch die WTO-Rechtsordnung geprägt wird. Da die meisten Staaten, die sich an einer Freihandelszone beteiligen, zugleich auch zu den Mitgliedstaaten der → Welthandelsorganisation (WTO) zählen, stellt sich primär die Frage, inwieweit Freihandelszonen mit den Verpflichtungen aus WTO-Recht vereinbar sind.
2. Freihandelszonen im Lichte des WTO-Rechts
Durch die Vereinbarung präferentieller Handelsbedingungen stehen Freihandelszonen im Widerspruch zum Prinzip der Meistbegünstigung, das zu den Kernregelungen der drei großen materiellrechtlichen WTO-Abkommen zählt (Art. I:1 GATT, Art. II GATS, Art. 4 TRIPS). Gleichzeitig bringen bspw. Art. XXIV:4 S. 1 GATT und die Präambel der Vereinbarung zur Auslegung jenes Artikels jedoch zum Ausdruck, dass die Herbeiführung größerer Freiheit des Handels auf der Basis regionaler Vereinbarungen, worunter die meisten Freihandelszonen fallen, wünschenswert ist. Die damit bestehende Ambivalenz des WTO-Rechts gegenüber Freihandelszonen wird gem. Art. XXIV:5 GATT durch eine Reihe von Anforderungen in den einzelnen Übereinkommen aufgelöst, unter denen Freihandelsabkommen im Lichte des WTO-Rechts gerechtfertigt und damit zulässig sind. Die Anforderungen laufen darauf hinaus, dass zum einen durch Notifizierungspflichten Transparenz über den Inhalt von Freihandelsabkommen geschaffen wird, und diese gleichzeitig durch materielle Verpflichtungen so ausgestaltet werden, dass nachteilige Auswirkungen auf den Handel anderer Mitgliedstaaten der WTO minimiert werden.
Was den Warenhandel angeht, finden sich die wesentlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen in Art. XXIV GATT sowie in der Vereinbarung zur Auslegung jenes Artikels, die gem. Ziff. 1 lit. c Nr. iv des einführenden Textes zum GATT 1994 Bestandteil des GATT 1994 ist. Das formelle Erfordernis aus Art. XXIV:7 GATT i. V. m. Ziff. 7 – 11 der Auslegungsvereinbarung, Freihandelsabkommen, an denen mindestens ein WTO-Mitglied beteiligt ist, frühzeitig der WTO zu notifizieren, soll nicht nur allgemein die Transparenz im Weltwirtschaftsrecht erhöhen, sondern auch der WTO und ihren Mitgliedstaaten die Möglichkeit eröffnen, die Vereinbarkeit des Abkommens mit WTO-Recht zu überprüfen. Was die materiellen Anforderungen angeht, verlangt Art. XXIV:8 lit. b GATT im Hinblick auf die interne Dimension der an der Freihandelszone teilnehmenden Staaten, dass sich die Beseitigung von Zöllen und beschränkenden Handelsvorschriften auf annähernd den gesamten Handel („substantially all the trade“) mit den aus den teilnehmenden Gebieten stammenden Waren bezieht. Während dies bei Freihandelszonen, anders als etwa bei präferentiellen Handelsabkommen, meist der Fall ist, ist es im Einzelfall indes bis heute umstritten, wann genau eine Liberalisierung annähernd des gesamten Handels vorliegt. Im Verhältnis zu anderen, der Freihandelszone nicht angehörenden Staaten verlangt Art. XXIV:5 lit. b GATT, dass die Zölle und Handelsvorschriften gegenüber Drittstaaten nicht höher oder einschränkender sein dürfen als die entsprechenden Zölle und Handelsvorschriften, die in den nunmehr als Freihandelszone geltenden Vertragsstaaten vorher bestanden. Was den Handel mit Dienstleistungen angeht, finden sich die Anforderungen für die Rechtfertigung von Freihandelszonen in Art. V GATS.
F › Fremdenrecht, völkergewohnheitsrechtliches (Burkhard Schöbener)
Fremdenrecht, völkergewohnheitsrechtliches (Burkhard Schöbener)