Wörterbuch zur Sicherheitspolitik. Ernst-Christoph Meier

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Wörterbuch zur Sicherheitspolitik - Ernst-Christoph Meier

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geworden. Zu den Gründen zählen erhebliche politische Verwerfungen und Vertrauensverlust zwischen den großen Akteuren (USA-Russland, USA-China, Russland-Europa), eine sich stärker abzeichnende multipolare Weltordnung, geopolitische Umbrüche, eine Vielzahl ungelöster Konflikte, Entwicklungen der nuklearen Proliferation und eine vielfältige Erosion der regelbasierten Weltordnung und internationalen Zusammenarbeit. Hinzu kommen rasante technologische Entwicklungen in vielen Bereichen, unter anderem Künstliche Intelligenz, Autonomie, Cyber-Technik, Biotechnologie und neuartige Raketensysteme. Neue Technologien eröffnen erhebliche Chancen für militärische Anwendungen, sie bringen aber auch erhebliche Risiken für die Sicherheit mit sich und fordern die Instrumente der Rüstungskontrolle in neuer Weise. Eine Überprüfung, Anpassung und Weiterentwicklung der bisherigen, zum Teil jahrzehntealten Instrumente ist notwendig.

      Die kontrollierte und sichere Reduzierung der während des Ost-West-Konflikts gewachsenen Waffenarsenale vor allem im nuklearen und chemischen Bereich sowie die Sicherstellung konventioneller Stabilität in Gesamteuropa bleiben hierbei eine fortbestehende wichtige sicherheitspolitische Aufgabe. Die Rückkehr militärischer Gewalt in Europa durch die Russische Föderation mit dem Ziel der Veränderung von Grenzen, wie 2014 durch die russische Annexion der Krim und die nachfolgende Unterstützung von Separatisten in der östlichen Ukraine geschehen, sowie die signifikante Zunahme militärischer Übungstätigkeiten in Europa in den vergangenen Jahren haben die Notwendigkeit für mehr Risikoreduzierung, Transparenz und Vertrauensbildung in Europa deutlich unterstrichen.

      Insbesondere die fortschreitende Verbreitung nuklearer, biologischer und chemischer Massenvernichtungswaffen in Verbindung mit weitreichenden Trägermitteln und deren potenzielle Verfügbarkeit auch in nichtstaatlicher Hand zwingen zudem weiterhin zu umfassenden, multilateralen, weltweiten, aber auch regionalen Ansätzen der ~ und Nichtverbreitung. Die Wiener Nuklearvereinbarung aus dem Jahr 2015 (Iranische Nuklearfrage) sowie die Vernichtung der deklarierten syrischen Chemiewaffenbestände 2014/15 und die internationale Verfolgung des Einsatzes von chemischen Waffen danach in Syrien sind Beispiele für die Umsetzung von kritischen Nichtverbreitungsnormen durch die internationale Gemeinschaft. Wie groß diese Herausforderung bleibt, zeigt die jüngste Bereitschaft von Staaten wie Russland oder Syrien, internationale Verträge (hier: Chemische-Waffen-Übereinkommen) zu brechen und gleich mehrfach vor einem Tabubruch, dem Einsatz von chemischen Massenvernichtungswaffen im In- oder im Ausland, nicht zurückzuschrecken.

      ~ sowie Nichtverbreitung bleiben daher auch unter den veränderten Bedingungen euroatlantischer Sicherheit und Stabilität integraler Bestandteil einer Politik der globalorientierten Sicherheitsvorsorge. Dem wurde prominent im Weißbuch 2016 zur Sicherheitspolitik und zur Zukunft der Bundeswehr Rechnung getragen, in dem ~ als eines der Internationalen Gestaltungsfelder Deutschlands und wichtige Instrumente des Krisenmanagements definiert werden. Auch die NATO wird in ihrem neuen Strategischen Konzept ~ entsprechend gewichten und die aktive Rolle des Bündnisses zur Stärkung von ~ unterstreichen.

      Gerade in der Welt der Globalisierung und der grenzüberschreitenden Entwicklungen bleiben ~ wesentlich, um Berechenbarkeit und Stabilität in den internationalen Beziehungen zu fördern. Internationale Ordnungspolitik muss sich an allgemein verbindlichen und transparenten Regeln orientieren. Völkerrechtlich bindende Abmachungen erhalten gerade in politischen Schlechtwetterperioden Vertrauen und wirken deeskalierend.

      Die Handlungsfelder der ~ bleiben hierbei geprägt durch unerledigte »Altlasten« wie die Universalisierung von Nichtverbreitungsverträgen und neuen Herausforderungen wie den Umgang mit neuen, militärisch nutzbaren Technologien unter Einbeziehung neuer Domänen wie Weltraum oder Cyberspace. Vor dem Hintergrund des gewachsenen Misstrauens in den internationalen Beziehungen sowie neuer Waffensysteme (z. B. Hyperschallflugkörper, Drohnen, UAVs) wird die Bedeutung der Verifikation von Regelungen und Vereinbarungen deutlich zunehmen. Den veränderten internationalen Bedingungen und Risikofaktoren angemessen zielen ~ noch stärker als bisher auf die rüstungskontrollpolitische Einbindung von Staaten außerhalb Europas, vor allem von China, um Risiken für die globale und europäische Sicherheit zu begegnen, und auf den Aufbau kooperativerer Sicherheitsbeziehungen in Krisenregionen wie im indopazifischen Raum oder im Arabischen Krisenbogen. Nichtstaatlichen Akteuren muss weiterhin wirksam der Zugang zu Massenvernichtungswaffen, aber auch zu konventionellen Waffen und Munition, verwehrt werden. Nichtverbreitungsverpflichtungen von Staaten, wirksame Exportkontrollen und regionale Projekte zur besseren Kontrolle von Kleinwaffen und Munition können hierzu einen Beitrag leisten. Sie bleiben allerdings wirkungslos, wenn Staaten und Regierungen kollabieren. NATO Strategisches Konzept; Grundsatzartikel »Neue Technologien«

      Für ~ zeichnen sich gegenwärtig folgende wesentliche Handlungsfelder der nächsten Jahre ab:

      In Europa

      •Fortgesetzte aktive Implementierung des am 1. Januar 2002 in Kraft getretenen Open-Skies-Vertrags auch nach dem Austritt der USA am 22. November 2020 und des wahrscheinlich folgenden Austritts von Russland.

      •Fortsetzung der Verhandlungen im Rahmen der OSZE über eine umfassende Modernisierung des Wiener Dokuments 2011 über Vertrauens- und Sicherheitsbildende Maßnahmen in Europa.

      •Fortgesetzte Implementierung des Vertrags über konventionelle Abrüstung in Europa (Grundsatzartikel »Konventionelle Rüstungskontrolle«), dabei aber Fortführung der 2016 auf deutsche Initiative (OSZE-Vorsitz) hin begonnenen Entwicklung konzeptioneller Überlegungen in diesem Bereich für einen Neuansatz zur Berücksichtigung moderner militärischer Fähigkeiten und der veränderten Bedrohungslage in Europa.

      Zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und Russland

      •Verhandlung eines Nachfolgevertrags des im Januar 2021 um fünf Jahre verlängerten »New START-Vertrags« unter Berücksichtigung der Entwicklung und Stationierung neuartiger russischer Waffensysteme und unter Einbeziehung der bislang noch nicht erfassten nicht-strategischen Nuklearwaffen in Europa.

      •Ggf. Öffnung der Verhandlungen zur Einbeziehung des chinesischen Nuklearwaffenpotenzials. Grundsatzartikel »Strategische Rüstungskontrolle«

      Auf weltweiter Basis, im Rahmen der Vereinten Nationen (VN) und der Genfer Abrüstungskonferenz (CD)

      •Bewältigung der drängenden regionalen Proliferationsrisiken, insbesondere im Iran (Iranische Nuklearfrage), in Nordkorea (Nordkorea, Nuklearfrage) und in Südasien.

      •Erhalt und Stärkung des nuklearen Nichtverbreitungsvertrags (NVV) durch Stärkung der Verifikationsmöglichkeiten der Internationalen Atomenergie-Organisation und An-/Einbindung außerhalb des Vertrags stehender nuklearwaffenfähiger Staaten (v. a. Indien, Nordkorea). Universalisierung des Zusatzprotokolls zum Sicherungsabkommen der AEO als Verifikationsstandard gemäß Artikel III des Nichtverbreitungsvertrags.

      •Wiederaufnahme der Arbeit der Genfer Abrüstungskonferenz und Verhandlung eines Verbots der Produktion von Spaltmaterial für Nuklearwaffen (Cut-off).

      •Inkrafttreten, Umsetzung und Universalisierung des Vertrags über ein umfassendes Verbot von Nuklearversuchen (Teststoppverträge).

      •Stärkung des Übereinkommens über das Verbot chemischer Waffen (CWÜ) und seiner Organisation für das Verbot chemischer Waffen in Den Haag als Folge des mehrfachen Einsatzes von Chemiewaffen in den vergangenen Jahren.

      •Verbesserung der Wirksamkeit des Übereinkommens über das Verbot biologischer Waffen (BWÜ) durch weitere Schritte auf dem Weg zu einem noch fehlenden Verifikationsregime.

      •Weitere Anstrengungen zur Unterbindung der Gefahren der Proliferation, u. a. durch Verschärfung der internationalen und Angleichung der nationalen Rüstungsexportbeschränkungen

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