Gesammelte Werke . Joseph von Eichendorff

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Gesammelte Werke  - Joseph von Eichendorff

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auf dem Schlosse der niedlichen Braut Herberge suchen wollte. Leontin trug ihm an dieselbe seine schönsten Grüße auf. Der Ritter stolperte nun auf seiner Rosinante langsam über die Heide hinab, und unterhielt sich noch immerfort mit Leontin mit großem Geschrei über die Philosophie, während er schon längst in der Nacht verschwunden war.

      Leontin sah sich, nun allein, nach allen Seiten um. Alle Wälder und Berge lagen still und dunkel ringsumher. Unten in der Tiefe schimmerten Lichter hin und her aus den zerstreuten Dörfern, Hunde bellten fern in den einsamen Höfen. Auch in dem Schlosse des Herrn v. A. sah er noch mehrere Fenster erleuchtet. So blieb er noch lange oben auf der Heide stehen.

      Am folgenden Morgen frühzeitig erhielt Friedrich einen Brief. Er erkannte sogleich die Züge wieder; er war von Rosa. So lange schon hatte er sich von Tage zu Tage vergebens darauf gefreut, und erbrach ihn nun mit hastiger Ungeduld. Der Brief war folgenden Inhalts:

      »Wo bleibst Du so lange, mein innig geliebter Freund? Hast Du denn gar kein Mitleid mehr mit Deiner armen Rosa, die sich so sehr nach Dir sehnt?

      Als ich auf der Höhe im Gebirge von Euch entführt wurde, hatte ich mir fest vorgenommen, gleich nach meiner Ankunft in der Residenz an Dich zu schreiben. Aber Du weißt selbst, wieviel man die erste Zeit an einem solchen Orte mit Einrichtungen, Besuchen und Gegenbesuchen zu tun hat. Ich konnte damals durchaus nicht dazu kommen, obschon ich immer und überall an Dich gedacht habe. Und so verging die erste Woche, und ich wußte nicht mehr, wohin ich meinen Brief adressieren sollte. Vor einigen Tagen endlich kam hier der junge Marquis von P. an, der wollte bestimmt wissen, daß sich mein Bruder mit einem fremden Herrn auf dem Gute des Herrn v. A. aufhalte. Ich eilte also, sogleich an Dich dorthin zu schreiben. Der Marquis verwunderte sich zugleich, wie Ihr es dort so lange aushalten könntet. Er sagte, es wäre ein Séjour zum melancholisch werden. Mit der ganzen Familie wäre nichts anzufangen. Der Baron sei wie ein Holzstich in den alten Rittergeschichten: gedruckt in diesem Jahr, die Tante wisse von nichts zu sprechen, als von ihrer Wirtschaft, und das Fräulein vom Hause sei ein halbreifes Gänseblümchen, ein rechtes Bild ohne Gnaden. Sind das nicht recht närrische Einfälle? Wahrhaftig, man muß dem Marquis gut sein mit seinem losen Maule. Siehst Du, es ist Dein Glück, denn ich hatte schon große Lust eifersüchtig zu werden. Aber ich kenne schon meinen Bruder, solche Bekanntschaften sind ihm immer die liebsten; er läßt sich nichts einreden. Ich bitte Dich aber, sage ihm nichts von alle diesem. Denn er kann sich ohnedies von jeher mit dem Marquis nicht vertragen. Er hat sich schon einige Male mit ihm geschlagen, und der Marquis hat an der letzten Wunde über ein Vierteljahr zubringen müssen. Er fängt immer selber ohne allen Anlaß Händel mit ihm an. Ich weiß gar nicht, was er wider ihn hat. Der Marquis ist hier in allen gebildeten Gesellschaften beliebt und ein geistreicher Mann. Ich weiß gewiß, Du und der Marquis werdet die besten Freunde werden. Denn er macht auch Verse und von der Musik ist er ein großer Kenner. Übrigens lebe ich hier recht glücklich, so gut es Deine Rosa ohne Dich sein kann. Ich bekomme und erwidere Besuche, mache Landpartien usw. Dabei fällt mir immer ein, wie ganz anders Du doch eigentlich bist als alle diese Leute, und dann wird mir mitten in dem Schwarme so bange, daß ich mich oft heimlich wegschleichen muß, um mich recht auszuweinen. Die junge, schöne Gräfin Romana, die mich alle Morgen an der Toilette besucht, sagt mir immer, wenn ich mich anziehe, daß meine Augen so schön wären, und wickelt sich meine Haare um ihren Arm und küßt mich. Ich denke dann immer an Dich. Du hast das auch gesagt und getan, und nun bleibst Du auf einmal so lange aus. Ich bitte Dich, wenn Du mir gut bist, laß mich nicht so allein; es ist nicht gut so. -

      Ich hatte mich gestern soeben erst recht eingeschrieben und hatte Dir noch so viel zu sagen, da wurde ich zu meinem Verdrusse durch einen Besuch unterbrochen. Jetzt ist es schon zu spät, da die Post sogleich abgehen wird. Ich schließe also schnell in der Hoffnung, Dich bald an mein liebendes Herz zu drücken.

      Diesen Winter wird es hier besonders brillant werden. Wie schön wäre es, wenn wir ihn hier zusammen zubrächten! Komm, komm gewiß!«

      Friedrich legte den Brief still wieder zusammen. Unwillkürlich summte ihm der Gassenhauer: »Freut euch des Lebens usw.«, den Leontin gewöhnlich abzuleiern pflegte, wenn seine Schwester etwas nach ihrer Art Wichtiges vorbrachte, durch den Kopf. Der ganze Brief, wie von einem von Lustbarkeiten Atemlosen im Fluge abgeworfen, war wie eine Lücke in seinem Leben, durch die ihn ein fremdartiger, staubiger Wind anblies. Habe ich es oben auf der Höhe nicht gesagt, daß du in dein Grab hinabsteigst? Wenn die Schönheit mit ihren frischen Augen, mit den jugendlichen Gedanken und Wünschen unter euch tritt, und, wie sie die eigene, größere Lebenslust treibt, sorglos und lüstern in das liebewarme Leben hinauslangt und sproßt sich an die feinen Spitzen, die zum Himmel streben, giftig anzusaugen und zur Erde hinabzuzerren, bis die ganze, prächtige Schönheit, fahl und ihres himmlischen Schmuckes beraubt, unter euch dasteht wie euresgleichen die Halunken!

      Er öffnete das Fenster. Der herrliche Morgen lag draußen wie eine Verklärung über dem Lande, und wußte nichts von den menschlichen Wirren, nur von rüstigem Tun, Freudigkeit und Frieden. Friedrich spürte sich durch den Anblick innerlichst genesen, und der Glaube an die ewige Gewalt der Wahrheit und des festen religiösen Willens wurde wieder stark in ihm. Der Gedanke, zu retten, was noch zu retten war, erhob seine Seele, und er beschloß, nach der Residenz abzureisen.

      Er ging mit dieser Nachricht zu Leontin, aber er fand seine Schlafstube leer und das Bett noch von gestern in Ordnung. Er ging daher zu Julie hinüber, da er hörte, daß sie schon auf war. Das schöne Mädchen stand in ihrer weißen Morgenkleidung eben am Fenster. Sie kehrte sich schnell zu ihm herum, als er hereintrat. Er ist fort! sagte sie leise mit unterdrückter Stimme, zeigte mit dem Finger auf das Fenster und stellte sich wieder mit abgewendetem Gesichte abseits an das andere. Der erstaunte Friedrich erkannte Leontins Schrift auf der Scheibe, die er wahrscheinlich gestern, als er hier allein war, mit seinem Ringe aufgezeichnet hatte. Er las:

      Der fleißigen Wirtin von dem Haus

       Dank ich von Herzen für Trank und Schmaus,

       Und was beim Mahl den Gast erfreut:

       Für heitre Mien' und und Freundlichkeit.

      Dem Herrn vom Haus sei Lob und Preis!

       Seinen Segen wünsch ich mir auf die Reis',

       Nach seiner Lieb mich sehr begehrt,

       Wie ich ihn halte ehrenwert.

      Herr Viktor soll beten und fleißig sein,

       Denn der Teufel lauert, wo einer allein;

       Soll lustig auf dem Kopfe stehn,

       Wenn alle so dumm auf den Beinen gehn.

      Und wenn mein Weg über Berge hoch geht,

       Aurora sich auftut, das Posthorn weht,

       Da will ich ihm rufen vom Herzen voll,

       Daß er's in der Ferne spüren soll.

      Ade! Schloß, heiter überm Tal,

       Ihr schwülen Täler allzumal,

       Du blauer Fluß ums Schloß herum,

       Ihr Dörfer, Wälder um und um.

      Wohl sah ich dort eine Zaubrin gehn,

       Nach ihr nur alle Blumen und Wälder sehn,

       Mit hellen Augen Ströme und Seen,

       In stillem Schaun, wie verzaubert stehn.

      Ein jeder Strom wohl findt sein Meer,

       Ein jeglich Schiff kehrt endlich

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