Krautrock. Henning Dedekind
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Krautrock - Henning Dedekind страница 5
»Zu dick aufgetragen«: Ende der Welle
Die Kinder fressen die Revolution: Punk und NDW
Väter und Söhne: Krautrock-Einfluss heute
HERZLICHEN DANK!
I. Krautrock – eine Spurensuche
Ende der Sechziger befindet sich Deutschland im gesellschaftlichen Umbruch: Eine junge Generation revoltiert gegen Bürgertum, Springer-Presse, den Muff unter den Talaren und amerikanische Vormundschaft. Mit der geistigen Loslösung von der Bundesrepublik der Eltern geht die Ablehnung der bestehenden kulturellen Werte einher. Die angloamerikanische Popmusik bietet einen Ausweg. Doch der Vietnamkrieg zerstört schließlich auch den Freiheitsmythos Rock’n’Roll …
Beseelt von dem Gedanken, über Neugier und Offenheit den Weg zu einer deutschen Identität innerhalb der modernen Popkultur zu finden, machen sich bundesweit Musiker auf die Suche nach einem eigenen Sound. In Köln formieren sich Can, in Düsseldorf Kraftwerk, in Berlin Tangerine Dream, und aus einer Münchener Kommune heraus entsteht die multimedial konzipierte Gruppe Amon Düül. Die Reihe ließe sich beliebig fortsetzen: Ash Ra Tempel, Cluster, Faust, Guru Guru oder Kraan.
Die deutsche Rockmusik befreit sich von ihren angelsächsischen Fesseln und setzt zu einem Quantensprung an: Anarchische Klangwände, wirre Elektronik und »kosmische« Musik, nicht selten unter dem Einfluss bewusstseinserweiternder Drogen eingespielt, bereiten den Boden für spätere Stilentwicklungen wie Techno oder Industrial. Auch jenseits des Ärmelkanals wird man bald hellhörig und prägt einen etwas abfälligen Begriff für die erstaunt bis misstrauisch beobachteten Umtriebe der schwerblütigen Teutonen: Krautrock.
Nach einer radikalen Bildersturmphase verliert die Bewegung jedoch rasch wieder an Schwung. Die anfängliche Euphorie weicht leerem Bombast und einer Rückkehr zu traditionellen Formen. Wenig später wird die Republik von der »Neuen Deutschen Welle« überrollt … Ist die Krautrock-Revolution gescheitert? Was ist geblieben? Wie bewerten die Musiker der Ära ihr Schaffen selbst? Welche Ereignisse, Erfahrungen und welche Musik haben sie geprägt?
Diesen und vielen weiteren Fragen geht das vorliegende Buch nach. Interviews mit Mitgliedern richtungweisender Gruppen und Zeitzeugen bilden die Basis der Recherchen und führen den Leser durch den Text. Natürlich können (oder wollen) hier nicht alle zu Wort kommen. Natürlich fehlt für den einen oder anderen DIE beste Schallplatte oder DAS wichtigste Festival. Um eine lückenlose Aufzählung und Katalogisierung geht es aber auch gar nicht. Vielmehr setzt sich während der Krautrock-Spurensuche aus unterschiedlichsten Fundstücken das Bild einer spannenden Zeit zusammen, in der Musik, politische Einstellung und das Lebensgefühl einer ganzen Generation miteinander verschmolzen.
Eine Zeit, die weit mehr als nur eine Fußnote der Musikgeschichte sein sollte, da in diesen wichtigen Jahren der Grundstein für die moderne deutsche Musikszene gelegt wurde. Zwar mag uns vieles von dem, was einst als revolutionär galt, heute antiquiert und überkommen erscheinen, doch liegt dies gerade daran, dass viele Elemente des Krautrock mittlerweile zum festen Bestandteil moderner Pop- und Rockmusik geworden sind. Deutsche Popmusik ist für uns heute etwas ganz Selbstverständliches. Damals war sie ein Aufbruch ins Ungewisse.
II. Unkraut vergeht nicht:
Faszination Krautrock
Im Juli 2006 feierte in London eine Partyreihe Jubiläum, die sich unter dem Banner »The Kosmische Club« einer gänzlich unbritischen Musik verschrieben hatte. Nach der Auftaktveranstaltung 1996 war »die einzige Krautrockdisko der Welt«, wie die Betreiber warben, rasch zu einer Institution im Nachtleben der englischen Hauptstadt geworden, nicht zuletzt durch eine wöchentliche Radiopräsenz beim angesagten Sender Resonance 104.4 FM. Mit alledem trug man einem Trend Rechnung: Eine junge Szene hatte die wagemutigen Experimente deutscher Musiker aus den Sechzigern und Siebzigern für sich entdeckt.
Seit den Neunzigern berufen sich in Großbritannien mehr und mehr klassisch besetzte Rockgruppen auf die Errungenschaften deutscher Soundtüftler. Auch Musikzeitschriften wie The Face, Q-Magazine oder Mojo widmen dem fast vergessenen deutschen Rock-Phänomen seitenweise Aufmerksamkeit: In der Flut gleich klingender Neuerscheinungen versprechen die Aufnahmen von Faust, NEU! oder Harmonia offenbar einen interessanten, kreativen Ausweg. Nick McCarthy, Keyboarder und Gitarrist der schottischen Gruppe Franz Ferdinand, der nach seinem Musikstudium sogar eine Lehrzeit bei der Münchener Kraut-Legende Embryo absolvierte, gibt eine Bestandsaufnahme der Post-Millenium-Popszene:
»Ich finde, dass schon seit ein paar Jahren wieder eine totale Aufbruchstimmung herrscht. Trotzdem sehe ich jetzt aber nicht DIE grandiose NEUE Musik auf mich zukommen. Es gibt ein derart riesiges Angebot, dass keiner mehr weiß, was er eigentlich denken soll. Überall ist Musik, aber was ist wichtig? Keine Ahnung. Ich finde Embryo und die frühen Amon Düül unglaublich. Tonangebend. Und Can natürlich, das ist immer noch ein Riesen-Einfluss.«
Wie nachhaltig dieser Einfluss wirkt, zeigen regelmäßig Veröffentlichungen bekannter und weniger bekannter Gruppen: So kokettieren Coldplay 2002 mit deutscher Schreibweise (»Politik«), und auf dem