Kritik der digitalen Unvernunft. Matthias Eckoldt
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Auch die rationale Bewusstseinsstufe der Menschheit wird abgelöst. Nach Gebser entsteht seit Mitte des 20. Jahrhunderts – er selbst starb 1973 – das integrale Bewusstsein. Es soll sich durch die Integration aller bisherigen Stufen auszeichnen. Die das Bewusstsein strukturierende Zeitwahrnehmung zeigt eingängig, inwiefern dem heutigen Menschen alle in der Evolution des Bewusstseins praktizierten Wahrnehmungsmodi zu Gebot stehen: So kann man in verschiedenen Arten des Flows ganz im Augenblick sein, wie unsere vom magischen Bewusstsein erfüllten Urahnen, oder nur von Event zu Event denken wie die Ackerbauern, die im mythischen Bewusstseinszustand auf die zyklische Rhythmik setzten. Mit der Uhr am Handgelenk und dem Kalender auf dem Tisch wird es möglich, ganz in den Modus des rationalen Bewusstseins zu zappen. Das integrale Bewusstsein schließlich wird sich all dieser verschiedenen Arten der Zeitlichkeit inne und kann sie abwechselnd oder sogar parallel praktizieren. Frei nach dem Insiderwitz: »Was kommt nach Techno? – Hm … Was? – Na, Dienstag!«
Im Flow des als magisch wahrgenommenen Rave läuft zumindest am Horizont das rationale Zeitbewusstsein in Form des Wochentags mit, an dem man wieder aus der Clubin die Alltagsrealität wechselt, während bei der wochentäglichen Fron mit Blick auf den nächsten Event die im mythischen Bewusstsein geformte Zyklik präsent ist.
Das Internet, als unser aktuelles Leitmedium, lädt zu solch integraler Rhythmisierung ein und wirkt als ein ebenso markanter Evolutionsfaktor für das menschliche Bewusstsein wie seinerzeit der Buchdruck. Nun wird die Serialität der Buchstaben und Seiten aufgelöst durch die Parallelität des Hyperlinks. Noch bevor B auf A folgen kann, ist die Einladung zum Weiterklicken im unendlichen Möglichkeitsraum bereits angenommen. Die algorithmische Vernunft beerbt die typografische. So gesehen, exekutiert Amazon durch seinen Angriff auf das Buch letztlich den Medienwandel, indem der milliardenschwere Online-Dealer die willkürliche Manipulation des zentralen Wahrheitsmediums des Abendlandes als Ware vorführt und das Buch zur Jedermannssache profanisiert, zu deren Herstellung man – abgesehen vom Verkauf selbst – keinerlei professionellen Hintergrund mehr benötigt. Folgerichtig demontiert die schöne, neue Kindle-Welt auch die auratische Präsenz des Buches als geistige Wertsache. Die heimische Bibliothek wird ersetzt durch den E-Book-Reader, der locker 30 000 Bücher einstapeln kann, ohne das Gewicht von 200 Gramm zu überschreiten, und der im Seitenfach jeder Umhängetasche Platz findet, wo früher vielleicht das Notizbuch steckte.
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