Die Rentenberatung. Wolfgang Wehowsky
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Wolfgang Wehowsky / Harald Rihm
Die Rentenberatung
inkl. Grundrente 2021, Rentenpaket 2019, Neuregelungen 2018, Flexi-Rente 2017 und Rentenpaket 2014
Umschlagabbildung: Olivier Le Moal – stock.adobe.com
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ISBN 978-3-8169-3535-3 (Print)
ISBN 978-3-8169-0066-5 (ePub)
Vorwort
Wenn man sich das Rechtsdienstleistungsangebot in Deutschland näher anschaut, so vermittelt dies doch interessante und überraschende Erkenntnisse. Rund 165.000 Rechtsanwälten und ca. 90.000 Steuerberatern bzw. Steuerbevollmächtigten stehen nur etwas mehr als 1.000 gerichtlich zugelassene Rentenberater gegenüber. Diese Personen sind neben den vielen Tausend amtlichen und ehrenamtlichen Beratern der Deutschen Rentenversicherung ebenfalls Ansprechpartner in allen Fragen der Altersvorsorge. Dabei gibt es auch in Zukunft erheblichen Bedarf an kompetenter Renten- und Altersvorsorgeberatung. Immerhin ist die Deutsche Rentenversicherung europaweit der größte gesetzliche Rentenversicherer und betreut mehr als 57 Millionen Kunden – fast drei Viertel der Menschen in der Bundesrepublik. Nicht zuletzt unter Berücksichtigung der neuen Reformgesetze im Rentenversicherungsrecht hat die Bedeutung der Altersvorsorge erheblich zugenommen. Das Rentenpaket I mit der Mütterrente (2014), das Flexi-Rentengesetz (2016), die Verbesserung der Leistungen bei Renten wegen Erwerbsminderung (2017), das Rentenversicherungs-Leistungsverbesserungs- und Stabilisierungsgesetz (2018) sind beste Beispiele dafür.
Den Schlusspunkt für die erfolgreichen Anstrengungen der 3. Großen Koalition (2018-2021) zur Verbesserung der Einkommenssituation der Rentnerinnen und Rentner bildet die Grundrente für langjährige Versicherung mit unterdurchschnittlichem Einkommen. Sie ist als Rentenzuschlag konzipiert und unabhängig von einer nachzuweisenden Bedürftigkeit der Leistungsbezieher, unterliegt aber der Einkommensanrechnung. Die Grundrente wird als große soziale Errungenschaft bezeichnet und ist mit Wirkung vom 01.01.2021 eingeführt worden.
Unser Ziel ist es, auch mit der neuen Auflage des Fachbuches das jetzt geltende Rentenrecht fachbezogen zu erläutern und durch praktische Beispiele verständlicher zu gestalten. Auch der Rentenbescheid, der im Verwaltungsverfahren nur noch mit verkürzten Berechnungsübersichten an den Versicherten versandt wird, erhält in diesem Buch eine voll umfängliche Darstellung und Erläuterung zum gesamten Berechnungsvorgang. Zurecht erwarten die Leser präzise Antworten u.a. auf folgende Fragen: „Welche Rentenansprüche habe ich?“, „Kann ich früher in Rente gehen und wie funktioniert das am besten ohne Abschläge?“ „Besteht die Möglichkeit, meine Abschläge bei vorzeitiger Altersrente durch zusätzliche Beitragszahlung auszugleichen?“ „Welche Chancen bestehen, um neben der Rente noch Hinzuverdienst zu erzielen?“, „Wie wird meine Rente berechnet“ bzw. „Was versteht man unter der Grundrente und bin ich dafür berechtigt?“
Entscheidend für die künftige Entwicklung der Rentenversicherung im Zusammenhang mit einer auskömmlichen Altersvorsorge bis 2030 und darüber hinaus wird die Weichenstellung sein, die politisch nach der Bundestagswahl am 26.09.2021 von der neuen Bundesregierung vorgenommen wird. Auswirkungen dürften ab 2023 zu erwarten sein.
Unser Buch wendet sich an alle Mitarbeiter im Personal- und Sozialwesen, der Unternehmen, der Industrie, des Handels sowie der Banken und Versicherungen. Auch für die mit Sozialrechtsfragen betrauten Mitarbeiter von Steuerberatungsbüros, der Gewerkschaften und der Sozialverbände, die Mitglieder der Widerspruchsausschüsse, die Institutionen der Sozialgerichtsbarkeit, die ehrenamtlichen Versichertenberater und für die nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz tätigen Rentenberater soll es ein profundes Nachschlagewerk sein.
Karlsruhe, im September 2021
Wolfgang Wehowsky und Harald Rihm
1 64 Jahre Reformen in der gesetzlichen Rentenversicherung
Wenn dieses Buch erscheint, befinden wir uns im 64. Jahr nach der ersten großen Rentenreform des Jahres 1957. Insgesamt kann die gesetzliche Rentenversicherung in Deutschland seit 1889 bereits auf eine 132-jährige Geschichte zurückblicken. Dass es sich dabei um eine Erfolgsgeschichte handelt, ist durch die Fakten belegt. Hervorzuheben sind insbesondere die Sicherheit und Stabilität der gesetzlichen Rentenversicherung. Die gesetzliche Rente hat außergewöhnliche Krisensituationen in ihrer langjährigen Geschichte mit Bravour gemeistert.
Keiner der heute 30- bis 60-Jährigen, aber auch wenige Ältere können sich heute noch die gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen ausmalen, die von der Bevölkerung während und nach den beiden Weltkriegen zwischen 1914 und 1918 sowie zwischen 1939 und 1945 zu bewältigen waren.
Selbst die Hyperinflation des Jahres 1923 in der Weimarer Republik, eine der stärksten Geldentwertungen, die eine der großen Industrienationen in der Neuzeit je erleben musste, konnte der Rentenversicherung etwas anhaben. Die Weltwirtschaftskrise 1929, die die sog. „Goldenen Zwanziger Jahre“ beendete, und die Währungsreform 1948 mit Einführung der DM konnten das Leistungsgefüge der Rentenversicherung ebenfalls nicht erschüttern.
Die Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung war bis 1956 auf ein Anwartschaftsdeckungsverfahren gegründet. Danach sollten aber die Rentenzahlungen ursprünglich keine Lohnersatzfunktion besitzen, sondern lediglich einen Zuschuss zum Lebensunterhalt darstellen.
Wie war es möglich, unser Rentensystem durch eine Vielzahl von Reformen immer up to date zu halten? Als besonderen Vorteil für die Entwicklung einer modernen Rentenversicherung hat es sich dabei erwiesen, dass die im Sozialgesetzbuch vorgesehene SelbstverwaltungSelbstverwaltung der Rentenversicherungsträger, die gesetzgebenden Körperschaften und die sie tragenden Parteien, die Verbände und die Gewerkschaften, Organisationsstruktur, Leistungsumfang und Leistungsniveau der gesetzlichen Rentenversicherung vorausschauend und flexibel an die grundlegenden gesellschaftlichen Umwälzungen in der Bundesrepublik anpassen konnten. Themen dieses Paradigmenwandels sind z.B. die überwundene Stagnation unserer volkswirtschaftlichen Entwicklung als Folge der Globalisierung und offener Märkte, der Geburtenrückgang, das ständig steigende Lebensalter und die damit sich verändernde Altersstruktur der Rentenversicherten und Leistungsempfänger.
Heute, nach Inkrafttreten der letzten großen Reformen mit Anhebung der RegelaltersgrenzeRegelaltersgrenze vom 65. auf das 67. Lebensjahr sowie der Rentenpakete 2014 und 2018 steht das bundesdeutsche Rentensystem wieder auf stabilen Füßen. Die Nachhaltigkeitsrücklage