PLATON - Gesammelte Werke. Platon
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Dies lieber Freund Kriton glaube ich zu hören, wie die welche das Ohrenklingen haben die Flöte zu hören glauben. Denn auch in mir klingt so der Ton dieser Reden, und macht daß ich andere nicht hören kann. Also wisse nur, was meine jetzige Überzeugung betrifft, daß wenn du etwas hiegegen sagst, du es vergeblich reden wirst. Dennoch aber, wenn du glaubst etwas damit auszurichten, so sprich.
Kriton: Nein, Sokrates, ich habe nichts zu sagen.
Sokrates: Wohl denn, Kriton! so laß uns auf diese Art handeln, da uns hierhin der Gott leitet.
Phaidon
(Über die Unsterblichkeit der Seele)
Einleitung
Was schon in der Einleitung zum »Gastmahl« vorläufig ist gesagt worden über die Verwandtschaft und das Zusammengehören dieser beiden Gespräche, das liegt uns nun zunächst ob in Beziehung auf das vorliegende Werk genauer durchzuführen, wie es eigentlich gemeint ist. Wollte nämlich jemand des Versuchs wegen mit uns annehmen, das »Gastmahl« und der »Phaidon« zusammengenommen wären zu den bereits gegebenen Darstellungen des Sophisten und des Staatsmannes die dritte, die des Philosophen; so würden wir ihn dann, damit ihm auch das nähere nicht entgehe, aufmerksam darauf machen, daß in der Rede der Diotima aus dem Begriff der Liebe, um dieses Gebiet lediglich der Ausgeburt in dem Schönen anweisen zu können, das Verlangen nach der Weisheit ausdrücklich ausgeschlossen worden, und also gleichsam an einen andern Ort hin verwiesen, welches man schon an sich für eine Andeutung auf den »Phaidon« ansehen könnte. Denn niemand wird ja wohl in Abrede sein, daß, wenn die Liebe überhaupt das Gute haben will, alsdann, wer die Weisheit liebt, nicht auch die Weisheit vorzüglich sollte für sich haben wollen, so daß dieses eben so wesentlich zu seinem Tun und Leben gehört, als sie Andern mitzuteilen und einzupflanzen. Und erst durch diese beiden Verrichtungen des Philosophen ist sein Verhältnis zu dem Sophisten und dem Staatsmann vollkommen bestimmt. Denn der Staatsmann als solcher erzeugt auch, aber nur vorbereitend in der Gattung die besseren zwischen den äußersten Enden schwebenden Naturen, welche dann auch der Erkenntnis am meisten empfänglich sind; so daß der Philosoph am besten aus den Händen des wahren Staatsmannes den Gegenstand für seine Liebe empfängt, um dann in demselben das höhere Leben der Erkenntnis zu erzeugen und auszubilden. Und der Sophist gleichermaßen ist auch in dialektischem Teilen und Verknüpfen beschäftigt, aber von den Sinnen festgehalten in Lust und Wahn befangen haftet er nur an den irdischen Abbildern, und will nur das Nichtseiende daraus für sich gewinnen und haben. Der Philosoph hingegen strebt sich das Seiende zu erwerben und rein zu erhalten in Erkenntnis, und deshalb sucht er, um sich zu den Urbildern zu erheben in denen es allein zu finden ist, wie er könne seine Seele, der sie einwohnen, für sich allein wirken lassen und loskommen von dem Einfluß der Sinne und des gesamten Leibes. Und eben dieses ist das Verlangen reiner Geist zu werden, das Sterbenwollen des Weisen, welches uns zu Anfang dieses Werkes beschrieben wird, und aus dem sich alle folgenden Untersuchungen entwickeln. Allein, wird mancher sagen, wenn auch dieses Sterbenwollen das andere wesentliche Treiben des Philosophen ist in Platons Sinn, so ist es doch nicht der hauptsächlichste Inhalt unseres Gespräches, sondern scheint nur als Einleitung und Veranlassung da zu stehen neben allen Verhandlungen über der Seelen Unsterblichkeit, welche doch offenbar dasjenige sind, worauf es am meisten ankommt. Daß nun die Unsterblichkeit wenigstens zu gleichen Teilen geht mit jenem Sterbenwollen, soll nicht geläugnet werden; nur übersehe auch niemand, wie eben in die Beweisführungen über die Unsterblichkeit immer wieder die Möglichkeit und Wahrheit des Erkennens verwebt ist, und beides in der Tat auf das innigste verbunden für unseren Schriftsteller. Denn das Streben nach Erkenntnis könnte als ein Sterbenwollen gar nicht Statt finden, auch nicht in dem Philosophen, wenn es notwendig zugleich wäre ein Vernichtetwerdenwollen. Und wenn die Seele das Seiende, welches nicht dem Entstehen und Vergehen und der ganzen Form des Werdens unterworfen ist, erkennen soll, so kann sie es, nach dem alten immer mit zu verstehenden Grundsatz, daß Gleiches nur von Gleichem erkannt wird, auch nur als eine eben so seiende und auf eben solche Weise. So ist denn die Ewigkeit der Seele die Bedingung der Möglichkeit alles wahren Erkennens für den Menschen, und wiederum die Wirklichkeit des Erkennens ist der Grund, aus welchem am sichersten und leichtesten die Ewigkeit der Seele eingesehen wird. Daher auch in den vorigen Gesprächen, in denen das Erkennen gesucht wurde, die Unsterblichkeit immer zugleich mit gesucht und geahnet ward; und man kann sagen, daß beide vom »Gorgias« und »Theaitetos« an immer mehr annähernd zusammentreten, bis sie endlich hier aufs genaueste verknüpft werden. Wer nun so den Zusammenhang dieser beiden Punkte im Sinn des Platon aufgefaßt hat, der wird wohl nicht länger Bedenken tragen, den »Phaidon« und das »Gastmahl« zusammenzustellen, und die Verwandtschaft beider anzuerkennen. Denn wie die