Frauen führen besser. Ute Clement

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Frauen führen besser - Ute Clement Management

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arbiträr ist. Eine solche Annahme (Korrelation zwischen Genus und Sexus) wird vom VDS (Verein Deutsche Sprache e. V.) als »Generalirrtum«11 abgetan. Damaris Nübling nimmt das Genus-Sexus-Prinzip in ihrer Arbeit ÜberEmpfindlichkeit? Die Geschlechter in der Sprache genauer unter die Lupe und widerlegt so die Aussage des VDS. Sie schreibt, dass Wörter, deren feste Bedeutungen weiblich sind, auch mit dem femininen Artikel einhergehen, während solche Wörter, deren feste Bedeutungen männlich sind, mit dem maskulinen Artikel einhergehen, und nennt die folgenden Beispiele: die Frau, die Mutter, die Tante – der Mann, der Vater, der Onkel. Sie führt weiterhin an, dass das Prinzip auch auf Fremdwörter und Bezeichnungen von Nutztieren angewendet wird: z. B. die Queen, die Lady und die Kuh, der Ochse. Sie führt fort und macht deutlich, dass das Neutrum gar nicht so neutral ist, wie es scheint.12 Sie zeigt anhand von Beispielen, dass »das (exkommunizierten) Außenseiter[n] und Rollenversager[n]«13 vorbehalten ist. »Das« wird daher vor abwertende Schimpfwörter (z. B. das Weib), nicht gesellschaftsfähige […] Frauen14« (z. B. das Frauenzimmer) und vor »unfertige Frauen, die erst mit Ehe und Mutterschaft in den sogenannten dritten und letzten Geschlechtszustand aufsteigen«15 (z. B. das Mädchen) gestellt. Sie weist darauf hin, dass das Neutrum häufig mit dem Suffix »-chen« oder »-lein« gebildet wird, die außerdem noch Kleinheit und Minderwertigkeit ausdrücken. Das Antonym zu »Mädchen« unterliegt aber nicht derselben Kategorisierung und geht ebenfalls mit dem Maskulinum einher: der Junge. Abwertende Begriffe für Männer, die nicht dem stereotypischen Ideal entsprechen, werden nicht ins Neutrum, sondern ins Femininum gesetzt: z. B. die Memme.16 Eine interessante Frage hierbei ist, ob das Genus an sich bereits Geschlechtsassoziationen hervorrufen kann, denn das Genus von Gegenständen beeinflusst ihre dargestellte Personifizierung. Z. B. wird die Teekanne im Disneyfilm Die Schöne und das Biest als Frau dargestellt, und der Kerzenleuchter wird als Mann dargestellt. Das beweisen außerdem auch Märchen, die personifizierte Tiere zeigen.

      Des Weiteren übt das Genus Einfluss auf unsere soziale Wahrnehmung und die semantischen Assoziationen, die wir mit einem Begriff verbinden, aus. So fällt es uns z. B. schwer, uns eine Frau vorzustellen, wenn von einem Arzt die Rede ist. Es gibt zu diesem Thema zahlreiche Studien, die belegen, dass wir bei einem Arzt, Politiker oder einem Lehrer in erster Linie an einen Mann denken. Ob die Berufsbezeichnungen einen »typischen Frauen- oder Männerberuf« bezeichnen, ist dabei nicht von Bedeutung und trifft in beiden Fällen zu.17 Wenn unsere Sprache also aussagt, dass Ärzte etc. männlich sind, dann sagt das, wenn auch indirekt und unterbewusst, dass diese Rollen Männern vorbehalten sind. So begrenzt unsere Sprache auch unsere Welt und unsere Vorstellungen vom Möglichen.

      Aber alle Beweise und Ergebnisse aus Studien reichen nicht aus, um Gegner und Gegnerinnen der gendergerechten Sprache zu überzeugen. Sie halten daran fest, dass die Erwähnung beider Geschlechter (Lehrer und Lehrerinnen oder LehrerInnen) oder andere Formen, die auch Raum für nichtbinäre Geschlechter lassen (Lehrer*innen oder Lehrer_innen) den Lese- und Sprachfluss stört, dass die Sprache unleserlich gemacht und verunglimpft wird. Darüber hinaus wird darüber geklagt, dass man/frau durch Anwendung, oder Nichtanwendung von gendergerechter Sprache direkt einer Ideologie zugeteilt wird. Eine häufig angewandte Taktik, um die deutsche Sprache zu »schützen«, ist es, gendergerechte Sprache ins Lächerliche zu ziehen: Es wird dann z. B. angemerkt, dass man/frau dann ja auch »Salzstreuer und Salzstreurin« sagen müsste.18 Dabei wird nicht beachtet, dass der Salzstreuer keine wirklichen Personen beschreibt,19 so wie das bei Berufsbezeichnungen der Fall ist. Damit wird ein Minibeispiel herangezogen in der Absicht, die ganze Bewegung mithilfe eines rhetorischen Mittels ins Lächerliche zu ziehen und für nichtig zu erklären. Gendergerechte Sprache wird weiterhin entwertet, indem darauf hingewiesen wird, dass der Einzug von gendergerechter Sprache nicht auch den Einzug von mehr Frauen in Entscheidungsgremien bedeutet.20 Es mag zwar stimmen, dass die Einführung gendergerechter Sprache allein nicht die Lösung aller Probleme ist, aber wie bereits erwähnt, hat die Sprache großen Einfluss auf unser Denken und die Bilder in unserem Kopf. Die Beziehung zwischen Sprache und Gesellschaft ist reziprok, und beide beeinflussen sich gegenseitig. Wenn die Gesellschaft sich weiterentwickelt, muss die Sprache nachziehen. Gleichzeitig kann die Sprache aber auch auf das Denken und semantische Vorstellungen einwirken. Wenn man/frau die Sprache also tatsächlich schützen will, darf man/frau sich nicht gegen ihren Wandel stellen, sondern muss ihn begrüßen. Denn nur der Wandel kann eine Sprache vor ihrem Tod schützen. Sprache muss sich tatsächlich weiterentwickeln und sich wandeln, um am Leben zu bleiben und weiterhin gesprochen zu werden.

      Die Moderne ist besonders bemüht um die strenge Trennung zwischen Anatomie und sozialem Konstrukt: sex vs. gender. Dies führt Paula-Irene Villa in Bodies matter. Zur Materialität und Relevanz von (Geschlechts-)Körpern auf die zweite Frauenbewegung und Hedwig Dohms (vgl. 1893) Kritik an der Natur des Weiblichen zurück. Aufgrund ihres »natürlichen« biologischen Geschlechts (sex) wurden Frauen jahrhundertelang von bestimmten Bereichen des öffentlichen Lebens ausgeschlossen, vor allem im Bereich Bildung und Politik. Es galt die Annahme, dass zwischen der Anatomie der Frau und ihren Eigenschaften sowie ihrer intellektuellen Kapazität eine direkte Korrelation besteht. Diese Naturalisierung macht die Natur oder vielmehr die angebliche Natur des Weiblichen für eine Reihe »weiblicher« Eigenschaften verantwortlich wie z. B.: Emotionalität, Irrationalität, Mütterlichkeit und Tugendhaftigkeit.21 Dass diese Eigenschaften der natürlichen Weiblichkeit zugeteilt werden, hat zur Folge, dass die Frau gleichzeitig idealisiert und romantisiert, aber auch abgewertet wird.22 Im Viktorianischen England (ca. 1830–1900) entwickelte sich ein regelrechter Kult um »ideal womanhood« (ideale Weiblichkeit) und »the angel in the house« (den Engel des Hauses), der die Ehefrau und Mutter fast schon als Heilige verehrte und der Familie wie ein Moralkompass diente. Hedwig Dohm und die zweite Frauenbewegung um 1900 insgesamt beharrten darauf, dass diese angebliche Natur der Weiblichkeit gar keine Natur sei, sondern nur als Sündenbock dienen solle, der als Erklärung für jegliches Fehlverhalten der Frau und der Menschen herhalten müsse. Der Ausschluss von Frauen aus ausgewählten Bereichen des Lebens ist nicht das einzige Beispiel für den Ausschluss einer Gruppe nur aufgrund äußerer Merkmale, die sie daran hindern, als vollwertige Menschen anerkannt zu werden. Durch solche biopolitischen Mechanismen23 werden in unserer heutigen Gesellschaft z. B. Kinder und Menschen mit Handicaps besonders aus solchen Bereichen ausgeschlossen, in welchen Entscheidungsprozesse stattfinden.24

      Judith Butler begann in den 1990er-Jahren diese Vorgehensweise der strikten Trennung zwischen sex und gender infrage zu stellen: »[…] möglicherweise [ist] das Geschlecht (sex) immer schon Geschlechtsidentität (gender) gewesen«.25 Villa macht deutlich, dass dies bedeutet, dass die biologische Seite der Geschlechtlichkeit nur durch die kulturelle Brille einer spezifischen Vorstellung von Geschlechtlichkeit gesehen werden kann.26 Die ursprüngliche Kritik der zweiten Frauenbewegung aber wandte sich nicht gegen die biologische Unterschiedlichkeit zwischen den Geschlechtern, sondern gegen »die naive und allzu einfache Annahme einer Geschlechtskörper-Natur jenseits sozialer Praxen«27. Der kleine Unterschied darf demnach nicht dazu verwendet werden, uns in Klassen einzuteilen, die in hierarchischer Beziehung zueinanderstehen und ihm so mehr Bedeutung zuschreiben, als ihm zusteht.28 Angesichts dessen soll aber darauf hingewiesen werden, dass es grundsätzlich nicht falsch ist, zwischen den Geschlechtern einen Unterschied zu machen. Man/frau darf dabei nur nicht auf die Schiene »Frauen sind einfühlsamer, deshalb …« geraten, damit tappt man/frau nämlich in die Falle und ist wieder beim Bild der mütterlichen, tugendhaften und emotionalen, aber auch der irrationalen Frau. Der Titel des Buchs selbst enthält einen Komparativ – »Frauen führen besser« – und wurde bewusst deshalb gewählt, weil er so provokativ ist, und in dem Bewusstsein, dass eine solche Aussage viele Fragen aufwirft und Beweise verlangt.

      Die Bundesregierung setzt auf die Genderforschung und unterstützt und

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