Verschiedene Texte. Martin Luther

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ewige Erbschaft anbietet, verheißt und schenkt, ehe man darum bittet?

      Darum ist das unser ganzes großes Elend, daß wir viele Messen in der Welt haben und niemand oder nur wenige diese Verheißungen und diesen angebotenen Reichtum erkennen, betrachten und annehmen. Dabei sollte in der Messe fürwahr nichts anderes mit größerem, ja mit ausschließlichem Eifer betrieben werden, als daß wir diese Worte, diese Verheißungen Christi, die wahrhaftig die Messe selbst sind, uns vor Augen hielten, sie bedächten und wiederholten, um durch diese tägliche Gedächtnisfeier den Glauben daran zu üben, zu nähren, zu vermehren und zu stärken. Denn das ist es, was er gebietet, wenn er sagt: ›Das tut zu meinem Gedächtnis.‹ Das sollte auch der Prediger tun, daß er diese Verheißung dem Volk treulich einprägte und anempfehle, um ihren Glauben daran zu erwecken.

      Denn Gott (wie gesagt) hat mit den Menschen niemals anders gehandelt, handelt auch (jetzt) nicht anders mit ihnen als durch das Wort der Verheißung. Wir hingegen können mit Gott niemals anders handeln als durch den Glauben an das Wort seiner Verheißung. Unserer Werke achtet er nicht, bedarf ihrer auch nicht; mit denen handeln wir vielmehr gegen die Menschen und mit den Menschen und uns selbst Aber dessen bedarf er, daß er von uns in seinen Verheißungen als getreu angesehen, mit Geduld erwartet und in Glaube, Hoffnung und Liebe verehrt wird. So kommt es, daß er seine Ehre in uns behauptet: nicht durch unser Laufen, sondern durch sein Erbarmen, Verheißen und Schenken empfangen und haben wir alles Gute (Röm. 9, 16). Siehe, das ist wahrhaft der Gottesdienst und die Anbetung, die wir in der Messe vollbringen sollen. Aber wenn die Worte der Verheißung nicht weitergegeben werden, was für eine Übung des Glaubens kann man dann haben? Wer hofft doch ohne Glauben? Wer hat (Gott) lieb? Was für einen Gottesdienst gibt es ohne Glauben, ohne Hoffnung, ohne Liebe? Deshalb ist kein Zweifel, daß heutzutage alle Priester und Mönche samt den Bischöfen und allen ihren Oberen Götzendiener sind und wegen ihrer Unkenntnis, Mißbrauch und Verspottung der Messe, d. h. des Sakraments, d. h. der Verheißung Gottes in einem hochgefährlichen Stande leben.

      Jeder sieht leicht ein, daß diese zwei Dinge zugleich nötig sind, die Verheißung und der Glaube. Denn ohne Verheißung kann nichts geglaubt werden. Ohne Glauben aber ist die Verheißung nutzlos, weil sie durch den Glauben aufrechterhalten und erfüllt wird. Aus diesem allen wird ein jeder leicht folgern können, daß man zur Messe allein mit diesem Glauben gehen und hinzutreten kann, weil sie ja nichts anderes ist als eine Verheißung. Was ohne den Glauben an Gebetlein, Vorbereitungen, Werken, Zeichen und Gebärden mitgebracht wird, das ist alles mehr ein Reizmittel zur Gottlosigkeit als ein frommer Dienst. Denn gewöhnlich ist es so, daß man – so vorbereitet – meint, man ginge würdig zum Altar; dabei ist man doch wegen seines Unglaubens, den man mit sich bringt, zu keiner Zeit oder zu keinem Werk ungeschickter. Wieviel Meßpriester kannst du täglich und allenthalben sehen, die sich elendiglich eines großen Verbrechens schuldig fühlen, wenn sie nicht recht gekleidet waren oder die Hände nicht gewaschen oder beim Gebet gestockt und dadurch ein wenig gefehlt hatten. Aber daß sie die Messe selbst, d. h. die göttliche Verheißung nicht hochachten noch an sie glauben, deswegen haben sie nicht im geringsten ein schlechtes Gewissen. O dieser schmachvolle Aberglaube unserer absolut gottlosen und undankbaren Zeit!

      Es gibt demnach keine würdige Vorbereitung und keinen rechten Gebrauch als allein den Glauben, mit dem der Messe, d. h. der göttlichen Verheißung, geglaubt wird. Wer daher zum Altar gehen oder das Sakrament empfangen will, der hüte sich, daß er nicht leer vor dem Angesicht seines Herrgotts erscheint. Der wird aber leer sein, wenn er nicht den Glauben an die Messe, d. h. dieses neue Testament, besitzt. Mit was für einer Gottlosigkeit könnte er sich wohl schwerer an der Wahrheit Gottes versündigen? Denn durch diesen seinen Unglauben macht er ihn, soviel an ihm ist, zu einem Lügner und einem, der leere Verheißungen gibt. Es ist demnach am allersichersten, mit keiner anderen Absicht zur Messe zu gehen, als ob du hingehen wolltest, sonst eine andere Verheißung Gottes zu hören. Das heißt du sollst bereit sein, nicht viel zu tun und mitzubringen, sondern alles zu glauben und anzunehmen, was dir dort verheißen oder als Verheißung durch den Dienst des Priesters verkündigt wird. Wenn du nicht mit dieser Absicht kommst, so bleibe lieber weg, denn du gingest ohne Zweifel zum Gericht dahin.

      Mit Recht habe ich also behauptet, daß die ganze Kraft der Messe in den Worten Christi liegt, mit denen er verspricht, daß die Vergebung der Sünden allen denen geschenkt werde, die da glauben, sein Leib sei für sie dahin-gegeben und sein Blut sei für sie vergossen. Und deswegen ist für die, die die Messe hören wollen, nichts nötiger, als daß sie diese Worte fleißig und voll Glauben betrachten; tun sie das nicht, so ist alles andere umsonst. Das ist allerdings wahr, daß Gott in der Regel zu jeder Verheißung ein Zeichen als ein Andenken oder Denkmal seiner Verheißung dazuzusetzen pflegt, damit sie um so treuer behalten würde und um so wirkungsvoller (an seine Verheißung) erinnerte. So hat Gott auch in der Messe, der wichtigsten aller Verheißungen, ein Zeichen als ein Denkmal der so großen Verheißung hinzugesetzt: seinen eigenen Leib und sein eigenes Blut in dem Brot und Wein, wie er sagt: ›Das tut zu meinem Gedächtnis.‹ Ebenso fügt er auch in der Taufe zu den Worten der Verheißung als Zeichen das Untertauchen in das Wasser hinzu. Daraus erkennen wir, daß uns bei jeder Verheißung Gottes zweierlei angeboten wird: das Wort und das Zeichen, so daß wir daraus ersehen, das Wort ist das Testament, das Zeichen aber das Sakrament. So ist auch in der Messe das Wort Christi das Testament, Brot und Wein aber sind das Sakrament. Und wie mehr Kraft in dem Wort als in dem Zeichen liegt, so auch mehr im Testament als im Sakrament. Denn der Mensch kann das Wort oder das Testament haben und gebrauchen ohne das Zeichen oder ohne das Sakrament ›Glaube‹, sagt Augustin, ›so hast du gegessen.‹ Aber wem wird geglaubt, als dem Worte des, der es verheißt? So kann ich täglich, ja zu jeder Stunde die Messe haben, indem ich sooft ich will, mir die Worte Christi vorhalten und durch sie meinen Glauben speisen und stärken kann. Das ist recht geistlich essen und trinken.

      Nun ist es zweierlei, was uns anzufechten pflegt, daß wir die Früchte der Messe nicht empfangen. Das eine ist, daß wir Sünder und solcher großen Dinge wegen unserer absoluten Nichtigkeit unwürdig sind. Das andere: wenn wir schon würdig wären, so sind doch die Dinge so erhaben, daß unsere kleinmütige Natur sie nicht zu begehren oder zu hoffen wagt. Denn wer würde nicht mehr vor der Sündenvergebung und dem ewigen Leben zurückschrecken, als sie zu begehren, sobald er die Größe der Dinge, die durch sie kommen, recht erwägt: nämlich Gott zum Vater zu haben, sein Kind und Erbe aller Güter Gottes zu sein? Gegen diese zweifache Kleinmütigkeit mußt du das Wort Christi ergreifen und es viel stärker im Auge behalten als diese Gedanken deiner Schwachheit. Denn ›groß sind die Werke des Herrn; wer ihrer achtet, der hat viel eitel Lust daran‹ (Ps. 111, 2); der da ›mächtig ist zu geben mehr, als wir begehren oder verstehen‹ (Eph. 3, 20). Denn wenn sie nicht unsere Würdigkeit und unsere Fassungskraft und all unsere Gedanken überträfen, dann wären sie nicht göttlich. Christus macht uns deshalb Mut, wenn er sagt: ›Fürchte dich nicht, du kleine Herde! Denn es ist eures Vaters Wohlgefallen, euch das Reich zu geben!‹ (Luk. 12, 32). Denn dieser unbegreifliche Überfluß Gottes, der über uns durch Christus ausgegossen ist, bewirkt, daß wir ihn wiederum über alle Dinge inbrünstig lieben, mit dem höchsten Vertrauen zu ihm treten, alles geringachten und bereit sind, alles für ihn zu leiden. Daher wird auch dieses Sakrament mit Recht ein Brunnen der Liebe genannt.

      Nimm dir dafür ein Beispiel an den Menschen: wenn ein reicher Herr nämlich einem armen Bettler oder einem unwürdigen und bösen Knechte tausend Goldstücke vermachte, würde dieser sie bestimmt mit Freudigkeit fordern und annehmen und weder seiner Unwürdigkeit noch der Größe des Vermächtnisses achten. Wenn ihm auch jemand entgegenträte und ihm seine Unwürdigkeit oder die Größe des Vermächtnisses vor Augen hielte, was meinst du, was er dazu sagen würde? Er würde sagen: ›Was geht das dich an? Was ich bekomme, das bekomme ich nicht nach meinem Verdienst oder auf Grund eines besonderen Rechtes. Ich weiß, daß ich unwürdig bin und mehr empfange als ich verdient habe, ja ich habe das Gegenteil verdient. Auf Grund des Testaments und fremder Güte verlange ich, was ich verlange. Hat ers nicht für unrecht gehalten, so viel einem so Unwürdigen zu vermachen, warum soll ich denn meiner Unwürdigkeit wegen es anzunehmen verschmähen? Ja, vielmehr darum greife ich desto mehr nach solch unverdienter und fremder Gnade, je unwürdiger ich bin.‹ Mit solchen Gedanken

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