Predigten durch ein Jahr. Martin Luther
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Nun sage mir, ist es nicht wahr, wer gewiß könnte wissen, daß er mit einem einigen Gulden soweit könnte reichen und so lange davon zehren, als ein reicher Mann von 10000, der würde es sich freilich nicht anfechten lassen, ob er gleich nur einen Gulden hätte, und würde jenen mit den 10000 Gulden nichts reicher achten denn sich. Wo aber jener auf seinen großen Haufen pochen und trotzen wollte, würde dieser noch sein dazu Spotten und sprechen: Du hast zumal eine vergebliche Freude; denn auch du gleich viel hast, so hast du doch keinen Vorteil vor mir, ohne daß du mehr zählen mußt, denn ich; sonst müssen dir deine 10000 Gulden ebensobald zerrinnen, als mein einziger Gulden.
Wie kommt es denn, daß wir, so alle Christen sind, oder wollen es ja zum wenigsten alle sein, nicht durchaus auch also tun, uns weder der Fülle oder des Überflusses trösten, und vor dem Mangel nicht erschrecken, noch sorgfältig darüber werden? Denn so wir Gottes Wort treulich und fleißig anhangen, soll es nicht Mangel haben; Christus sorgt für uns, und muß folgen, daß wir zu Essen haben. Denn da liegt es nicht dran, ob wir etwas oder wenig haben; es liegt an seinem Segen. So er denselben zu dem geringen Vorrat schüttet, den du hast, so wird hier nicht allein nicht zerrinnen, sondern es muß solches Segens halben auch überschießen, und mehr da bleiben, denn am Anfang da gewesen ist
Das sollten wir wo lernen, so würden wir nicht allein uns nichts bekümmern, obgleich Mangel vorfiele; sondern auch dem Geiz, der uns sonst immerdar ängstet, wehren können. Denn die Unart haben wir alle an uns, daß wir denken, wer viel habe, der dürfe desto weniger sich der Gefahr besorgen, und könne desto weiter reichen. Daher kommt es, daß jedermann gern viel haben will, und kommen die Leute endlich dahin, daß sie weder nach Gott noch den Leuten fragen, wenn sie nur ihren Geiz nachkommen und viel Gutes zusammen können scharren.
Wer nun fleißig diesem Wunderwerk nachdächte, der würde andere Gedanken fassen, und sich weder der Fülle trösten, noch den Mangel schrecken lassen denn er würde sein Herz dahin richten und schließen: Wer Christus hat, der hat einen solchen Haushalter, der aus wenig viel, ja, aus nichts alles machen kann. Dagegen nur Christus mit seinem Segen nicht ist, der müssen großer Haufen zerschlagen und von Tag zu Tag abnehmen.
Diese sieben Brote hier und die Fischlein haben vielleicht für den Herrn selbst und seine Jünger gehört auf eine Mahlzeit. Denn weil der Herr im Brauch hatte, daß er oft sich von den Leuten eine Zeitlang tat, Betens und anderes wegen, mußten die Jünger auf solches Reisen sich mit dem Essen schicken. Da aber so viel Volks zum Herrn kommt, und diese Not vorfällt, daß sie nicht zu Essen haben, muß dieser Vorrat dazu dienen, daß die ganze Menge damit gespeist werde. Sobald nun der Herrn die sieben Brot nimmt, sie bricht und den Jüngern gibt, dieselben dem Volk vorzulegen, wachsen sie unter seinen Händen zusehends, daß er immer, daß er gebrochen hat, den Jüngern reicht, und bleibt ihn doch mehr in den Händen, denn er ausspendet. Diese Kunst kann er, und beweist sie auch seinen Jüngern zu gut, daß sie seinem Wort nachgehen; aber doch nicht eher, es sei denn Not und Mangel vorhanden. Darum, wer solchen Segen begehrt, der beschwere sich des Mangels nicht, daß es eine Zeitlang übel zugeht. Halte du fest am Wort und deinem Beruf, nach Christus Befehl; danach laß ihn sorgen, wie er dich ernähre.
Denn das hat nie kein Mensch weder gesehen noch gehört, daß ein Christ wäre Hungers gestorben. Man verfolgt sie wohl, wirft sie ins Gefängnis und tötet ihrer viele; aber wenn sie zuvor das erste und reiche Almosen hinweg haben und dem Wort glauben, so haben sie alle zu Essen gefunden und sind ernährt worden. Denn daran soll einem Christen nicht gelegen sein, ob er es gleich nicht zu gut, herrlich und viel hat, wie die reichen Leute haben. Denn hier geht es auch schlecht zu. Der Herr Christus gibt seinen Gästen ein Stück Brot und Fisch, und einen Trunk Wassers, setzt ihnen nicht zehn Gerichte, und köstlichen Wein vor, wie die Reichen pflegen, die den Überfluß haben.
Also will der Herr auch, daß seine Christenheit hier die kurze Zeit ihrer Wallfahrt nicht nach großem Gut streben sollen. Sondern daß sie sich an dem geringen, daß er ihnen bescherte, genügen lassen. Denn was willst du mehr, denn daß du dich des Hungers erwehren und gesunden Leib behalten könntest? An dem lasse du dir genügen. Haben es andere Leute besser, so mögen sie Gott dafür danken, und sich hüten, daß sie mit dem Überfluß nicht sündigen und zu ihrem eigenen Schaden mißbrauchen.
Denn man sieht, daß der Reichen Kuchen nicht jedermann dienen, und die Leute nicht lang gesund dabei bleiben; das mancher sich lieber ein Stück Brot und einen frischen Trunk Wassers wünschen sollte, dabei er möchte gesund bleiben, denn solchen Überfluß, da Krankheit und ungesunder Leib aus folgen muß. Wie man bei den Reichen sieht, die mehr nach Wollust, denn was dem Leib gesund ist und zur Notdurft dient, trachten. Darum geschieht es ihnen auch so, daß ihrer viele vor der Zeit an mancherlei Seuchen sterben. Der dagegen arme Leute, die da Essen und Trinken zu ihrer Notdurft, was sie haben, dabei frisch und gesund bleiben, und viele Jahre erreichen. Die Reichen könnten fein und mäßig zehren und leben, des Überflusses weniger machen, mit zwei, oder auf das meiste 3 Gerichten, sich behelfen, daß sie satt würden, fröhlich, guter Dinge und lustig dabei bleiben. Das tun sie nicht, sondern machen der Wollust zuviel, tun damit ihren Leib und Leben weh, daß sie noch in ihrer Jugend siech und krank werden, und vor der Zeit sterben müssen.
Über das, wo bleiben dabei die Armen, die das trockene Brot nicht haben können, die ja die Reichen nicht sollten Not leiden lassen, wenn sie vor den großen Unkosten und Überfluß dazu könnten kommen, den sie auf Kleidung wenden, da nicht allein überflüssig alles voll auf sein, sondern auch viel unnützlich umkommen und verderben muß? Denn die Unart haben gemein die Reichen an sich, die des reichen Mannes, Lukas 16 Schüler und Nachfolger sind, daß sie sich nicht lassen dauern, was zur Pracht, Überfluß und Wollust gehört und dient. Wo sie aber einem Armen einen Rock geben, oder sonst Hilfe tun sollen, dessen beschweren sie sich, oder tun es ungerne; und wo sie reichlich den Armen geben und helfen sollen, tun sie es unbillig, und stellen sich, als stünde ihnen ihr Verderben dann an.
Darum tut unser Herr Gott über die Maßen recht, daß er es ihnen entweder läßt alles zerrinnen, wo sie zuvor im Wein gebadet haben, daß sie hernach kaum das liebe Wasser haben; oder, so sie am Gut keinen Mangel leiden, müssen sie am Leib ihre Marter und Plage haben, welches verdrießlicher und weher tut. Wie man denn sieht, daß die Reichen ihre sondere Plage und Krankheiten haben, Zipperlein, Stein, Grimmen, Lähme und dergleichen. Das haben sie davon, daß sie ihres Leibes sowohl wissen zu warten, und lassen daneben die armen, dürftigen Leute Not leiden; dienen Gott solchen Mangel, den sie leiden, erstattet, ob sie gleich nur ein trockenes Brot und einen Trunk Wasser haben, daß sie doch gesund, fröhlich und guter Dinge dabei sind. Dies habe ich zu einer Erinnerung hier melden wollen, da wir hören, wie der Herr seine Gäste so kurz abspeiset, mit einem Stück Brot und einem Stück Fisch.
Also dient das heutige Evangelium dazu, daß wir unseren lieben Herrn Jesum Christum als einen gnädigen Herrn und Vater sollen erkennen lernen, der Leib und Seele gerne will helfen, und mit der nötigen Hilfe am ersten kommt, daß er sein Wort mit uns teilt, und dadurch lehrt, wie wir Gott erkennen und aus Gnaden sollen selig werden. Danach wer das Wort halben in Mangel kommt und leiden muß, da will er uns auch nicht lassen, sondern seinen Segen zu unserem kleinen Vorrat setzen, daß es wohl ergeben und sich mehren soll wieder aller Welt Vernunft und Gedanken. Für solche Lehre sollen wir Gott heute danken, und bitten, daß er mit seinem geistlichen und zeitlichen Segen uns durch Christus versorgen wolle, Amen.
Am achten Sonntag nach Trinitatis
Matthäus 7, 15-23
Sehet euch vor den falschen Propheten, die in Schafskleidern zu euch kommen; inwendig aber sind sie reißende Wölfe. An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen. Kann man auch Trauben lesen von den Dornen, oder Feigen von den Disteln? Also