Dialoge, Monologe, Interviews. Walter Rupp
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Читать онлайн книгу Dialoge, Monologe, Interviews - Walter Rupp страница 12
LUTHER: Und keine Oberhäupter oder Oberhirten oder Hohepriester! - Vielleicht hätte ich das Gespräch gewagt, wenn Ihre Leute nicht so kämpferisch aufgetreten wären. Dadurch wurden meine Anhänger abgeschreckt.
IGNATIUS: Wie oft habe ich in meinen Briefen dazu aufgefordert, suaviter in modo, verständnisvoll und freundlich aufzutreten!
LUTHER: Wenn man als Ketzer, Abtrünniger oder Satansjünger bezeichnet wird, ist das für ein Gesprächsklima nicht gerade förderlich.
IGNATIUS: Das ist richtig. Und Sie sind sicher, dass das auf Ihrer Seite nicht ebenso geschah?
LUTHER: Das Klima war so gereizt, dass da kein fruchtbares Gespräch zustande kommen konnte.
IGNATIUS: Unser Dialog kommt 400 Jahre zu spät. Jetzt müssen ihn andere führen, und sie führen ihn, wie man von hier oben aus beobachten kann, sehr vorsichtig und wirklich höflich.
LUTHER: Sie scheinen überaus erfreut zu sein über die vielen Gemeinsamkeiten, die sie zwischen uns entdeckten.
IGNATIUS: Hoffentlich vergessen sie nicht, das Trennende zu beseitigen, das noch immer zwischen ihnen steht.
Therapie
THERAPEUTIN: Sie leiden an Appetitlosigkeit, Schlafstörungen, Brechreiz, Angstträumen und Schweißausbrüchen –
PATIENTIN: Woher wissen Sie das?
THERAPEUTIN: Wer in meine Praxis kommt, leidet an Appetitlosigkeit, Schlafstörungen, Brechreiz, Angstträumen und Schweißausbrüchen …
PATIENTIN: und an einem Gefühl der Lustlosigkeit und Leere ...
THERAPEUTIN:... Lustlosigkeit und Leere, das auch noch?
PATIENTIN: Manchmal sitze ich da und schaue nur vor mich hin, ohne zu denken. - Gibt es für mich eine Heilung? Bin ich in einer Krise?
THERAPEUTIN: Nun, Krisen sind im Leben unvermeidbar.
PATIENTIN: Dann bin ich psychisch doch nicht krank? *Will gehen:
THERAPEUTIN: Niemand ist gesund, Sie bleiben hier!
PATIENTIN: Aber...
THERAPEUTIN: Setzen Sie sich und beantworten Sie nach bestem Wissen und Gewissen meine Fragen!
PATIENTIN: Alle?
THERAPEUTIN: Alle, ausnahmslos! - Stehen Sie unter einer starken psychischen Belastung?
PATIENTIN: Sie ist manchmal unerträglich.
THERAPEUTIN: Wir werden zunächst einmal versuchen müssen, die Ursachen ihrer Verhaltensstörung zu entdecken.
PATIENTIN: Wenn Sie in meiner Umwelt leben müssten. Ich brauche eine andere Umwelt. Vor allem eine andere Vergangenheit. Wenn die Erinnerung nicht wäre.
THERAPEUTIN: Wann haben Sie Ihre Beschwerden zum ersten Mal bemerkt?
PATIENTIN: Etwa vor einem Jahr.
THERAPEUTIN: Kamen sie allmählich oder plötzlich?
PATIENTIN: Sie waren auf einmal da und überfielen mich.
THERAPEUTIN: Ging etwas Besonderes voraus?
PATIENTIN: Ich hatte zum ersten Mal Beschwerden, als ich ein Büro bekam,
THERAPEUTIN: mit einem Vorzimmer und einer Sekretärin.
PATIENTIN: Da kam zum ersten Mal das Gefühl der Leere und Sinnlosigkeit über mich. - Seitdem verspüre ich häufig das Verlangen, alle Gegenstände in meinem Büro zu zertrümmern.
THERAPEUTIN: Legen Sie sich mal auf diese Couch. Nicht so verkrampft, ganz locker.
PATIENTIN: ... Ich bin entspannt, ich bin ganz locker.
THERAPEUTIN: Atmen Sie gleichmäßig. Schließen Sie die Augen. Verlassen Sie den Raum, und versuchen Sie, sich an Ihren letzten Traum zu erinnern!
PATIENTIN: Seit Wochen plagt mich immer derselbe Traum: Ich sehe immer zwei übermächtige Gestalten. Sie sind doppelt so groß wie ich. Sie ähneln Riesen und blicken mich mit ihren kalten Augen drohend an. Der eine sieht aus wie mein Vater, der andere wie mein Abteilungsleiter.
THERAPEUTIN: ... Wie Riesen ..., drohend ... Bleiben Sie dabei! Denken Sie scharf nach: Was taten die beiden und was sagten sie?
PATIENTIN: Der eine Riese, der meinem Vater glich, hielt mein Schulzeugnis in Händen, deutete mit einem Finger auf die Noten und sagte dann: "Aus ihm wird nie etwas, nie, nie!". Der andere Riese, der wie mein Abteilungsleiter aussah, nickte pausenlos und fügte hinzu: "Das Zeugnis stimmt. Er ist ein Versager, eine Niete." Beide lachten unaufhörlich. Während sie immer größer wurden, schrumpfte ich zu einem Gartenzwerg zusammen.
THERAPEUTIN: Sie hätten sich gegen das Schrumpfen wehren sollen.
PATIENTIN: Kann man das, sich wehren?
THERAPEUTIN: Natürlich kann man das. - Und was war dann?
PATIENTIN: Dann kamen von überall her Freunde, Kollegen und Bekannte. Sie warfen mit Kugelschreibern, Radiergummis, Aktenordnern und Stempelkissen auf den Gartenzwerg, streckten ihre Zungen heraus, tanzten um ihn herum und riefen: "Aus diesem Gartenzwerg wird nie ein Riese!"
THERAPEUTIN: Der Gartenzwerg hat sich das alles gefallen lassen?
PATIENTIN: Hätte ich mich wehren sollen? Ein Zwerg ist viel zu schwach dazu.
THERAPEUTIN: Denken Sie an David. Er hat als Knabe den Riesen Goliat besiegt.
PATIENTIN: Eine unglaubliche Geschichte. - Sie haben Recht. Es darf mir nichts ausmachen, wenn die Leute mich Zwerg nennen. Wenn es mir etwas ausmachen sollte, muss ich es ignorieren. Ich ...
THERAPEUTIN: Sie müssen sich dagegen wehren! Sprechen Sie dreimal täglich: "Goliat, wo bist du? Komm schon, damit ich dich zermalmen kann".
PATIENTIN: "Goliat, wo bist du? Komm schon, damit ich dich zermalmen kann!"
THERAPEUTIN: Dreimal täglich: nach dem Aufstehen, nach dem Mittagessen und abends vor dem Schlafengehen.
PATIENTIN: "Goliat, wo bist du? Komm schon,