Milly con Carne. Carola Käpernick
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Ein Job für Milly
Bianca, Tamara und auch Frauchens Bruder Laurenz waren in den ersten paar Wochen täglich Gast bei uns. Ich hab gedacht, dass sie meinetwegen kamen. Immerhin war ich neu in der Familie und überaus süß, wie sie mir wieder und wieder bescheinigten. Meist kamen sie in Begleitung von Leckerlichkeiten. Bianca brachte immer kleine Kalbsschnitzel mit. An denen störte mich eigentlich nur, dass sie klein waren. Tamara war mehr auf Geflügel orientiert. Vermutlich weil sie selbst fast nur Huhn oder Pute aß. Mir war es recht, zumal ihre Mitbringsel auch üppiger ausfielen. Bald schon wurde es zum Running Gag, dass sie mir ihre Mitbringsel verfütterten und mich lachend „Milly con Carne“ riefen.
Woran ich merkte, dass sie gar nicht meinetwegen kamen? Immer wenn Maria uns nicht hören konnte, sprachen sie davon, dass ich einen Job übernehmen müsste. Maria habe eine harte Zeit hinter sich und brauche Ablenkung. Was Ablenkung ihr eingebracht hatte, bewies die Narbe an ihrem Knie und der Umstand, dass ich hier wohnte. Ohne Ablenkung hätte sie den Unfall vermutlich nicht gehabt. Nicht, dass ich diese Fügung des Schicksals nicht als ein Geschenk betrachtete, trotzdem dachte ich mir, dass Ablenkung für Menschen nicht günstig ist. Nun ja, was weiß schon ein kleiner Hund?
Bianca wurde dann mal konkreter. Wahrscheinlich wusste sie, dass Hunde klare Ansagen brauchten. Sie trug mir auf, Maria immer zum Lächeln zu bringen, wenn sie traurig war. „Und am besten ist, du suchst ihr einen neuen Mann. Dann vergisst sie diesen dämlichen Lukas nämlich auch ganz schnell.“ Meinen Blick deutete Bianca quasi als Unterschrift unter diesen Arbeitsvertrag, dabei hatte ich wirklich versucht, ihr zu verstehen zu geben, dass sie nicht nur meine Fähigkeiten, sondern insgesamt die von Hunden, total überschätzte. Was sollte ich tun? Nun hatte ich eine Aufgabe und die nahm ich ernst. Sehr ernst sogar.
Eigentlich kannte ich nur drei Männer näher. Gregor, der Barbar. Der ging gar nicht, das war ja wohl mal klar. Laurenz, Marias Bruder. Der fiel aus ethischen Gründen aus. Sogar bei uns Hunden ist es nicht so gern gesehen, wenn Geschwister… Ihr wisst schon. Deshalb werden Rüden, die bei ihren Müttern bleiben, meistens die Kronjuwelen aus dem Sack geploppt. Laurenz wäre dazu vermutlich nicht bereit. Blieb also nur Benedikt. Die Vorstellung, einen Tierarzt in unmittelbarer Nähe zu wissen, behagte mir ehrlich gesagt gar nicht. Tierärzte dachten doch wirklich, dass wir es nicht merken, wenn die so tun, als würden sie uns schmusen und dabei heimlich sämtliche Körperöffnungen inspizierten. Mir ist ja nicht klar, was mit diesen Menschen nicht stimmt, aber das ist wohl eine andere Geschichte. Fest steht: In Ermangelung sonstigen Männermaterials war Benedikt sozusagen die Notlösung. Der einzige Name auf meinem imaginären Zettel. Mein Auftrag!
Maria machte es mir leicht, meinen Auftrag umzusetzen. Sie war nämlich überbesorgt. Ach was überbesorgt. Über Über Über Über Überbesorgt sogar. Und das hoch fünf. Ich trat absichtlich in einen Zweig, von dem lange Dornen abstanden und humpelte demonstrativ vor Maria rum oder rieb mir solange die Pfote ins Auge, bis es gerötet war. Meist endeten diese Aktionen mit dem Satz: „Oh ich glaub wir müssen zu Benedikt.“ Dann wusste ich, es läuft mit meiner Arbeit.
An den Abenden, wenn sie dann in Gedanken versunken auf dem Sofa saß und immer wieder den Namen „Lukas“ seufzte, hatte ich das Gefühl, dass sie mit dem Arsch wieder einriss, was ich mit dem Kopf aufgebaut hatte. Himmelherrschaftszeiten. War Maria eigentlich blind? Der Tierarzt war optisch ein Leckerbissen. Das kann ich mit ruhigem Gewissen behaupten, denn ich habe Vergleichsmaterial. Wenn meine drei Mädels sich ihre Liebesfilme reinzogen, schmachteten sie immer die Männer an, die am besten aussahen. Und ich schwöre, vor meinem Hundeauge machte Benedikt eine gute Figur. Außerdem hatte Maria doch nichts zu befürchten, er war nur an meinen Analdrüsen interessiert und schnupperte an meinen Ohren. Und zwar jedes verdammte Mal, wenn wir bei ihm waren. Mit Maria sprach er freundlich und wenn ich es richtig bedenke, fragte er auch jedes Mal, wie es ihr ging. Anfangs nur nach dem Knie, aber später interessierten ihn ihre anderen Körperteile und das Gesamtbefinden auch. Schade, dass er nicht merkte, dass Maria ihm etwas vorflunkerte. Sie sagte zwar immer, es ginge ihr gut. Aber ich wusste es besser. Schließlich sah ich das heulende Elend jeden Abend.
Ein Job für Maria
Als ich wieder einmal humpelnd durch die Gegend dappelte und Maria mich zu Benedikt trug, bot er Maria einen Job an. Während er meine Pfote abtastete, sprach er mit ihr. „Das Tierheim sucht Helfer, die beim Training unterstützen. Eigene Hunde dürfen dabei bleiben. Vielleicht lernt Milly ja auch noch was.“
Moment mal, wollte der etwa andeuten, dass ich dumm wäre und noch was lernen müsste? Das ist ja wohl die absolute Höhe.
„Also nicht, dass ich denke, Milly hätte es nötig, aber ich dachte, das wäre vielleicht eine schöne Aufgabe für Sie.“
Wow, Gedankenlesen konnte er also auch noch. „Maria greif zu!“, schrie ich innerlich. Und ich meinte nicht den Job, sondern diesen Mann, der sogar in einer grünen Gummischürze noch ein Hingucker war. Aber mein Frauchen, war natürlich wieder einmal sehr zögerlich und erbat sich Bedenkzeit.
Unser lieber Doktor Brkic wusste aber, wie er Maria überzeugen konnte und lud sie zum Schnuppern ein. Mir schwante Schlimmes. Sollte sie nun etwa auch anfangen, den Hunden an ihren Ausscheidungsorganen zu riechen? Die Erleuchtung fehlt mir bis heute und ich zweifel immer noch, ob Benedikt einfach nur Wortfindungsstörungen hatte oder Menschen das halt einfach so nennen, wenn sie sich was Anschauen. Jedenfalls gingen wir dann hin. Nur mal gucken, wie Maria meinte.
Nach meiner Einschätzung hatten wir beide sehr viel Spaß. Ich, weil ich mal so richtig viele unerzogene Artgenossen getroffen habe, mit denen sich herrlich herumtollen ließ. Außerdem wurde ich sehr gelobt, weil ich so gut gehört habe, wenn mein Frauchen mich gerufen hat. Was mich sehr stolz machte. Auch wenn es sich vermutlich leicht erklären lässt. Wer einmal die Erfahrung gemacht hat, ein Frauchen verloren zu haben, der achtet auf ein Zweites, das genau so lieb ist, doch viel besser und tut alles dafür, ein harmonisches Verhältnis aufzubauen.
Maria blieb nicht lange in der Zuschauerpose sitzen. Es fehlten überall helfende Hände, die Schleppleinen festhielten und die Rüpel etwas ausbremsten. Das erkannte Maria natürlich auf den ersten Blick und huschte bald ebenso eifrig hin und her wie ich.
Der Doktor war auch da. Ohne Kittel und Gummischürze vor seinem Bauch, sah er noch netter aus. Er wirkte auch weniger ernst. Wenn er lachte, klang es warm und ließ zu dem Irrglauben verleiten, dass dieser Mensch noch nie eine Analdrüse ausgedrückt hätte. Zugegebenerweise kenne ich mich ja nicht so gut aus mit der Liebe zwischen Menschen. Im Gegenteil, bei Silke und Gregor konnte ich eher eine Sozialstudie über menschliche Abgründe und Hass durchführen. Zwischen Ben, wie sich der Doktor hier nennen ließ und meiner Maria, war aber Amore in der Luft, das spürte ich deutlich. Die beiden aber leider nicht. Das war ziemlich offensichtlich. Sie duzten sich zwar jetzt, aber außer Smalltalk lief da nichts. Da lobte ich mir mein Hundedasein doch wirklich. Einmal Poposchnuppern und zack war klar, ob man sich mochte oder nicht. Menschen sind echt kompliziert. Wie ich hörte, haben die aber auch nicht so eine feine Nase, wie wir Hunde. Ob das als wissenschaftlicher Grund ausreicht – keine Ahnung. Hoffentlich hatte Maria genug Spaß an diesem Treffen, dass sie es als Ehrenamt annahm. Dann müsste ich nicht immer auf dem Untersuchungstisch sitzend, die Kommunikation zwischen Ben und Maria fördern, während an mir entwürdigende Handlungen vorgenommen wurden.
Sie sagte zu und wir hatten einen Zweitjob. Das war doch mal ganz was anderes als Marias Job in dem Schreibbüro am Markt. Dort arbeitete sie nur vormittags und ich durfte mit. Sie saß die ganze Zeit mit Kopfhörern da und tippte wie wild am Computer herum. Ich lag in einem bequemen Körbchen und schnarchte. Die Arbeitswege waren tolle Spaziergänge und Maria lief mit mir einen Umweg, damit wir so viel grün wie möglich hatten. Ich sollte nicht so ein asphaltorientierter Stadthund werden, sagte sie immer.