In Amerika. Gerstäcker Friedrich

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In Amerika - Gerstäcker Friedrich

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sie sich nicht leicht, und selbst die Franzosen wollen immer erst sehen, w a s sie kaufen, ehe sie mit dem Tschenz47 herausrücken.“

       „Woher das kommt?“, sagte Georg finster. „Nur allein aus Knauserei, denn der deutsche Bauer zahlt nur das, was er muss und wozu er von dem Amtmann oder Gerichtsdiener gezwungen werden kann. An allem anderen spart er, und wenn es das Wichtigste für ihn wäre, besonders aber an der Schule, die er nicht für das Notwendigste im ganzen Leben, sondern nur für ein notwendiges Ü b e l hält und sich so leicht wie möglich damit abfindet. Seine Schullehrer, die er hegen und pflegen sollte, weil sie allein im Stande wären, aus seinen Kindern einmal Menschen zu machen, lässt er halb verhungern und auf eine Art zwar, die man in Amerika für undenkbar halten würde – er zwingt sie sogar noch sehr häufig, selbst ein niederes Gewerbe dabei zu treiben, nur um das Notwendigste für sich und die Familie anzuschaffen, und wo er auf einer Kirmes zwanzig und dreißig Taler an einem Tag hinauswirft, ist es ihm zuviel, wenn er vier oder fünf Taler das ganze Jahr für den Unterricht seiner Kinder zahlen soll. Dass ein solcher armer Teufel von Schullehrer dann für eine Summe jährlich mit seiner Familie leben soll, die der einzelne Bauer vielleicht zu Taschengeld verbraucht, kann keinen Eifer f ü r die Kinder in ihm erwecken. Er behandelt den Unterricht als eine Last – er weiß doch, dass er, wenn er einmal alt wird und keine Dienste mehr leisten kann, der größten Not preisgegeben ist – und die Folge davon? Die Bauernbengel lernen ebenso wenig, wie ihre Väter gelernt haben, und treten nachher genau in deren Fußtapfen.“48

       „Wunderliches Volk“, sagte Ezra Ludkins, mit dem Kopf schüttelnd, „Ihr Deutschen seid doch noch höllisch hinter uns zurück – aber was ich Dir gleich sagen wollte, Mr. Donner – gestern Abend spät ist noch ein Doktor bei mir angekommen, der die Aufforderung in der Zeitung gelesen hat und sich bei uns niederlassen will. Es ist ein fein aussehender Bursch und muss wohl was verstehen, denn er schwatzt eine Masse Zeug durcheinander, das wohl lateinisch ist; ich habe ein paar Mal gar nicht herausgekriegt, was er wollte.“

       „Hm“, sagte Donner, dem die Empfehlung nicht besonders gefiel, „und wo ist er jetzt?“

       „Er wird jetzt wohl noch schlafen“, meinte der Pennsylvanier, „ich wollte just abaut hinaufgehen und ihn wecken.“

       „Und wie heißt er?“

       „Ja, das weiß ich nicht – er hat mir seinen Namen genannt, aber er klang so artlich, dass ich in wieder vergessen habe. Aber nun trinkt auch einmal, Ihr Leute, und dann wollen wir sehen, ob wir den neuen Doktor herausschäken können.“

       Wolf hatte sich in das Gespräch, das ihn nicht besonders interessierte, gar nicht gemischt, mit desto größerer Aufmerksamkeit aber dafür die im Zimmer hängenden „Gemälde“ betrachtet, mit denen er sich auf das Prächtigste unterhielt.

       Es waren das sechs sogenannte Ö l g e m ä l d e, bei uns würde man sagen „in Essig und Öl“, mit vorherrschend roter und grüner Farbe, von denen die letztere schon ordentlich giftig aussah. Neben zwei Landschaften stellten die Bilder Szenen aus dem amerikanischen Leben auf dem Lande dar, oder es schien doch wenigstens diese Absicht dabei vorgeherrscht zu haben. Ein Bild sah sogar genau so aus wie ein Schenkstand mit einer Figur darin, die, sich ein Knie haltend, auf dem Schenktisch saß. War das vielleicht der Platz, an dem sie sich gerade befanden? Wolf konnte sich nicht halten, er musste den Namen dieses „Künstlers“ erfahren, und sich an Ludkins wendend, sagte er:

       „A propos, Mister, wo haben Sie eigentlich die Bilder her?“

       Georg Donner kannte sie schon und ein Lächeln spielte um seine Lippen. Eine merkwürdige Veränderung ging aber in Ludkins Zügen vor. So heiter und sorglos er vorher gewesen, so ernst und fast wehmütig schaute er jetzt die Gemälde an.

       „Armer Junge“, seufzte er dabei, „wer weiß, wo er jetzt modert und ob er nur ein ehrliches Soldatengrab bekommen hat!“

       „Ihr Sohn?“, nickte Georg rasch.

       „Yes“, nickte Ludkins, „der hat sie gemalt – es war ein talentvoller junger Mann, und ich hatte schon Lust, ihn auf die Akademie zu tun, da kam dieser unglückselige Krieg, der Hunderttausende von Menschenleben gekostet hat, und nun – ist alles vorbei.“

       „Ist er geblieben?“, frug Georg teilnehmend.

       Ezra Ludkins zuckte mit den Achseln. „Ich weiß es nicht“, seufzte er, „seit zwei Jahren habe ich keine Nachricht von ihm, und damals gerade wurden die furchtbaren Schlachten in Virginien geschlagen, und auf dem ,blutigen Grund’ werden sie ihn wohl mit Tausenden von anderen wackeren Burschen notdürftig eingescharrt haben, sonst hätte er ja doch schon lange nach Haus’ geschrieben.“

       Wolf bedauerte schon im Herzen, die ja doch gar nicht bös gemeinte Frage getan zu haben, aber die Wehmut dauerte bei Ezra Ludkins nicht lange. Er hatte seinen Sohn gewiss herzlich lieb, aber ob er sich schämte, das zu zeigen, oder ob er es gewaltsam hinunterzwang, aber es dauerte keine zwei Minuten, während die beiden Freunde nicht wagten, das peinliche Schweigen zu brechen, so sagte er selber mit wieder ganz ruhiger Stimme:

       „Aber wir haben noch keinen getrunken, Gentlemen, und deshalb sind wir doch eigentlich hereingekommen? Was nimmst Du, Mr. Donner, was nimmst du, Fremder?“

       Das war eine erwünschte Gelegenheit, das Gespräch nach einer anderen Richtung hinzuleiten, und Georg benutzte die auch rasch. Sie standen eben an der Bar, um ihren Morgentrunk zu nehmen, als die Tür aufging und der „neue Doktor“, den Ludkins indessen hatte rufen lassen, auf der Schwelle, in dem vollen Glanz seiner Toilette erschien – und das gerade hatte Ezra Ludkins imponiert.

       Er trug einen „kaiseraugenblauen“ Frack mit gelben, blanken Knöpfen, eine untadelhafte Filzröhre, grau und blau karierte Beinkleider, eine schneeweiße Weste; dabei sehr schwere Uhrberloques49, eine Tuchnadel mit einem sehr großen, mit kleinen Perlen eingefassten Amethyst, einen schweren Siegelring am rechten Zeigefinger und eine Anzahl kleinerer an den anderen, und außerdem Hemdknöpfchen, die einem Taubenei an Größe nicht viel nachgaben – übrigens s e h r saubere Wäsche und – wie sich später herausstellte – ein gesticktes Taschentuch.

       „Ach!“, rief Ezra vergnügt aus. „Unser Doktor – komm her, Doktor; Du hast Dein Bitteres50 doch noch nicht gehabt, wie?“

       „Nein, allerdings noch nicht“, erwiderte der Doktor, „aber Sie ließen mir sagen, dass der Herr – habe ich vielleicht das Vergnügen?“, wandte er sich zu gleicher Zeit an Wolf vom Berge.

       „Bitte um Entschuldigung“, erwiderte dieser, „ich bin hier selber fremd. Ich glaube, dass d i e s e r Herr der sein wird, an den Sie sich zu wenden wünschen.“

       Georg Donner hatte den fremden Doktor indessen schon mit etwas erstaunten Blicken betrachtet. Das Gesicht desselben kam ihm bekannt vor, und trotzdem k o n n t e er sich nicht besinnen, wo er die Gestalt schon gesehen. Der Anzug störte ihn jedenfalls wesentlich dabei. Der Fremde aber, an die richtige Quelle gewiesen, sagte mit einer sehr eleganten und ziemlich vornehmen Verbeugung gegen Georg:

       „Sie werden entschuldigen, mein Herr, aber einer Aufforderung von der westlichen Post, der New Yorker Staatszeitung und dem Cincinnater Volksfreund nach entnehme ich, dass Sie hier in Donnersville einen tüchtigen deutschen Arzt suchen. Da ich nun überhaupt schon seit längeren Jahren die Absicht hatte, Milwaukee, wo ich allerdings eine sehr bedeutende Praxis besitze, zu verlassen – ich kann das sehr kalte Klima dort nicht vertragen – so hielt ich es für zweckmäßig, einmal hier anzufragen und die Verhältnisse erst selber persönlich kennen zu lernen.“

       „Sehr angenehm,

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