In Amerika. Gerstäcker Friedrich

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In Amerika - Gerstäcker Friedrich

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der Ire zu der bevorzugten Rasse der Weißen.“

       Die Straße herab kam ein schwarzer Stutzer, die wahre Karikatur eines Menschen, nach unseren Begriffen wenigstens. Er war wie ein Gentleman gekleidet, in schwarzem Frack und weißen Hosen, eine sehr bunte Weste, ein blauseidenes Halstuch mit hohen Vatermördern, riesig frisierter Wolle und einem Zylinder, der das Ganze krönte. Eine Unmasse falschen Schmuck trug er dabei an sich, eine Lorgnette hing ihm am Hals und ein feines Spazierstöckchen mit elfenbeinernem Griff hielt er an die wulstigen Lippen.

       Als er vorüber ging, grüßte er sehr graziös, fast herablassend den Friedensrichter, den er kannte, und schwebte dann in einem halb tanzenden Gange vorüber.

       Die beiden Freunde blieben stehen und sahen ihm lächelnd nach; nur wenige Schritte von ihnen entfernt saß eine alte, dicke Negerin, die Hände in ihrem Schoß gefaltet, die kurze Pfeife im Mund, vor der Tür ihrer Wohnung. Es war eine sogenannte Freie, die sich vor einigen Jahren losgekauft und eine Wäscherei eingerichtet hatte, bei der sie viel Geld verdiente.

       „Ah, Missus Caroline“, rief der schwarze Stutzer, indem er ehrfurchtsvoll den Hut abzog und eine tiefe, zierliche Verbeugung gegen die Dame machte, „sehr erfreut, Sie wohl und munter zu finden.“

       „Gentleman Jupiter!“, rief aber die alte Dame, indem sie die Hände auseinander nahm und beide vor lauter Erstaunen auf ihre breiten Knie schlug. „Nein, wie sehen Sie denn aus? Ich hatte Sie ja gar nicht gleich erkannt. Aber das tut kranken Augen wohl! Nein, das ist ja eine helle Pracht. Ich glaubte erst, es wäre unser junger Massa, der die Straße herunterkäme, so vornehm und prächtig.“

       Gentleman lächelte. „Missus Caroline“, sagte er, indem er selbstgefällig mit seiner Lorgnette spielte – und er hatte dabei Augen wie ein Falke, „wir müssen den white folks doch auch zeigen, dass wir zu leben wissen – Kleider machen Leute, und Kleider waren doch das Einzige, was sie bis jetzt vor uns voraus hatten.“

       „Kennen Sie den Burschen?“, frug Fortmann den Doktor.

       „Ich habe nicht das Vergnügen“, erwiderte dieser.

       „Er war einer der fleißigsten Neger, die wir hier im Ort hatten, und er verdiente sich in seiner Freizeit so viel, dass er schon fast das Geld zurückgelegt, was er brauchte, um sich selber freizukaufen. Ich weiß das so genau, weil er es mir selber indessen anvertraute. Jetzt ist er frei geworden, ohne es zu brauchen, und hat nun nichts Eiligeres zu tun, als es durchzubringen, wobei er natürlich nichts mehr arbeitet.“

       „Und wenn er damit fertig ist?“

       „Ich fürchte, dann wird er fortbummeln und das fortbleiben, was er jetzt augenblicklich ist – ein liederlicher Lump.“

       „Schöne Aussichten.“

       „Was wollen Sie?“, sagte Fortmann. „Sie können nicht verlangen, dass die plötzlich freigelassenen Sklaven auch ebenso plötzlich freie und vernünftige Menschen werden. Wir müssen ihnen ein Übergangsstadium gönnen, in dem sie Zeit haben, sich zu entwickeln und – durch Schaden klug zu werden. Der Neger hat etwas Affenartiges in seinem Nachahmungstrieb, und dass er sich dazu vorerst das Dümmste wählt, dürfen wir ihm nicht so übel nehmen, denn wir haben ihm ja nicht einmal Schulen gestattet und sogar selbst durch die Gesetze das Lernen verboten, selbst das Schreiben und Lesen.“

       Ein junger, weißer Gentleman, wahrscheinlich der Sohn eines Pflanzers aus der Nachbarschaft, ging an ihnen vorüber. Er sah wüst und übernächtigt aus und schien sogar ein wenig angetrunken. Vor ihm, mitten auf dem Trottoir, stand Gentleman Jupiter, der alten Dame noch die größten Artigkeiten sagend und gar nicht auf den Weißen achtend. Dieser hätte auch wohl noch an ihm vorübergekonnt, Jupiter aber, um graziös mit der Lorgnette zu spielen, mochte in Gedanken seinen Spazierstock unter den Arm genommen haben, so dass dieser den Durchgang etwas verengte. Der Weiße aber fühlte sich nicht in der Stimmung, einem Nigger auszuweichen. Wie er nur an ihn herankam, riss er ihm den Stock unter dem Arm weg und schleuderte ihn auf den Fahrweg, während er den Neger ebenfalls beim Kragen fasste und den nichts Ahnenden gegen das Haus an und fast über Missus Caroline wegwarf.

       „Oh Golly! Golly!“, schrie der Schwarze erschreckt auf.

       „Kannst Du Nigger nicht beiseite treten!“, knirschte der Weiße zwischen den Zähnen durch, als er wütend vorüber schritt.

       Gentleman Jupiter hätte die ausgemergelte Gestalt des jungen Mannes zwischen seinen Fäusten zerdrücken können, sowie er ihn nur angepackt, aber die alt eingewurzelte Scheu vor der bevorzugten Rasse lag ihm noch zu sehr in den Gliedern. Sein Hut war ihm abgefallen, den hob er zuerst auf, danach holte er seinen Stock von der Straße und bog dann beschämt und gedemütigt in eine Nebengasse ein.

       „Da haben Sie den f r e i e n Neger“, lachte der Doktor, „glauben Sie, dass sich d i e s e Rasse je mit der weißen gleichstellen kann oder auf eine Stufe schwingen wird?“

       Fortmann zuckte die Achseln.

       „Es ist immer ein gefährliches Spiel, was diese Baumwollbarone mit den jetzt freigelassenen Sklaven spielen.“

       „Aber ein ganz natürliches“, erwiderte Taylor, „sie hassen und verachten den Nigger und werden ihn nie als gleichberechtigt anerkennen.“

       „Dann sehen wir hier im Süden noch einer schweren Zeit entgegen“, seufzte Fortmann, reichte dem Doktor die Hand und bog dann links ein, um seine eigene Wohnung zu erreichen.

      ACHTES KAPITEL

      New Orleans.

       Im St. Charles-Hotel, in der weiten, luftigen Restauration der unteren Säle, hatten sich heute Morgen nicht allein eine große Zahl der b e n a c h b a r t e n

      Pflanzer, sondern auch viele aus den Nachbarstaaten, aus Mississippi und Alabama, wie aus Arkansas versammelt, um eine Beratung über die Schritte zu halten, die, nach ihrer Niederlage gegen den Norden, jetzt zu tun waren; und erst als mehrere f r e m d e Gäste in das Lokal traten, die sie nicht zu Zuhörern wünschten, zogen sie sich in einen der oberen Salons zurück, den ihnen der Wirt bereitwillig zur Verfügung stellte. Die Mehrzahl der Herren waren gute und alte Kunden von ihm, die früher öfter im Jahre nach New Orleans herunterkamen, ihre Hauptzeit aber beim Verkauf ihrer Baumwolle hatten, wo sie nicht allein ihr Geld für die gelieferte Baumwolle – oft in sehr bedeutenden Summen – in Empfang nahmen, sondern auch ihre Jahresbedürfnisse für sich wie die Neger, mit Provisionen und sonstigen Dingen einkauften. Dann ließen sie aber im Hotel natürlich eine sehr bedeutende Rechnung auflaufen. Der Champagner floss in der Zeit wie draußen der Schweiß ihrer Sklaven unter den glühenden Sonnenstrahlen, und die „Herren“ führten auf etwa acht bis vierzehn Tage ein vollkommen zügelloses Leben.

       Heute rief sie ein ernster Zweck in die Hauptstadt des Landes, und nicht etwa um ihr jährliches Fest zu feiern, sondern um ihr Unglück, ihren Verfall zu besprechen, hatten sie sich eingefunden. Mittel wollten sie außerdem beraten, um dem unerträglichen Druck der Nordstaaten zu entgehen und sich wieder ein eigenes, freies Reich zu gründen – frei natürlich nur in i h r e m Sinn, mit der Freiheit: den Sklaven wieder in ihren Banden zu halten und allein von seiner Arbeit zu zehren.

       Spekulative Köpfe hatten nämlich den Plan gefasst, der mexikanischen Regierung eine Strecke Landes in Yucatan abzukaufen, wo ihnen dann zugleich die Hoheitsrechte überlassen werden konnten. Man hoffte wenigstens, dass die mexikanische Regierung auf einen solchen Antrag eingehen würde, und es sollte eben eine Deputation gewählt werden, um das Land dort selber in

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