Katastrophen im Gartenteich. Gerhard Ebert

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Katastrophen im Gartenteich - Gerhard Ebert

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Genugtuung denn also, dass eine Woche später nicht nur das Wasser etwas durchsichtiger geworden war, sondern sich sogar alle Fische blicken ließen. Natürlich setzte sich die Familie um den Teich herum und studierte, wie die Drei so ihren Tag bewältigten.

      Zunächst einmal schwammen sie offenbar sehr gern in kleiner Gruppe, sich oft irgendwie herauslösend, als wolle jeder seiner Wege gehen, aber immer wieder zusammenfindend. Das war von echter Harmonie und Grazie. Man konnte ewig zugucken. Sobald man sich unbedacht rührte, gar eine heftige Bewegung machte, übertrug sich das sofort ins Wasser. Wie elektrisiert verschwanden die Moderlieschen flugs unter der Pflanze. Und es brauchte seine Zeit, bis sie darunter hervorkamen. Wenn sie dann wieder ihre kleinen Runden zogen, denn mehr Platz hatten sie nicht, machte es Spaß zuzuschauen. Es entspannte.

      Einige Wochen waren vergangen, und die drei Fische bereits etwas aus der besonderen Aufmerksamkeit geraten, als es eine Sensation gab. Im Wasser tummelten sich etliche winzig kleine Fische! Wohl kaum sechs Millimeter groß. Aber welch Tragödie! Als wir uns ans Wasser gesetzt hatten, um das kleine Wunder möglichst genau bestaunen zu können, machten wir eine schlimme Beobachtung. Die Eltern der Minis schwammen munter zwischen ihren Kindern herum und schnappten sich, was sie kriegen konnten. Das durfte doch nicht wahr sein! Diese Banausen fraßen ihren eigenen Nachwuchs! Was war zu tun? Keine Ahnung. Hätten wir irgendein Ersatzbecken gehabt, hätten wir versucht, wenigstens ein paar Winzlinge herauszufischen. Jetzt blieb keine andere Wahl, als den Dingen ihren Lauf zu lassen.

      Eine Woche später war die große Frage, ob von dem Nachwuchs etwas übrig geblieben sein würde. Tatsächlich, so ein gutes Dutzend unmerklich gewachsener Mini-Lieschen hatte sich behauptet. Sie schwammen in Gruppe und machten um ihre Eltern meist einen gehörigen Bogen. Aber in dem kleinen Teich war das gar nicht so leicht. Allerdings, schien uns, hatten sich die drei Erwachsenen mit der Anwesenheit von Neulingen abgefunden. Jedenfalls sah es nicht so aus, als würden sie nach ihnen schnappen.

      Dafür gab es eine andere Überraschung. Weil wir hatten wissen wollen, wie es den jungen Fischen ergangen war, hatten wir gar nicht auf das Ufer unseres Teiches geschaut und so übersehen, dass sich dort inzwischen ein kapitaler Teichfrosch angesiedelt hatte. Und der sprang plötzlich ins Wasser. Wir schreckten regelrecht auf. Uns schien, er sei zielgerichtet in den kleinen Fischschwarm gesprungen, um sich zu bedienen. Aber genau hatten wir es nicht gesehen. Nun machte er kehrt und kraxelte ans Ufer zurück. Dort hockte er sich geruhsam wieder hin, als sei nichts geschehen.

      Teichfrösche, wenn sie eine ansehnliche Beute gemacht haben, verdrehen meist die Augen genüsslich und mampfen irgendwie mit dem Maul. Manchmal sieht man deutlich, wie der ganze Leib mit der Verarbeitung der Nahrung befasst ist. Aber diese Erfahrung hatten wir damals noch nicht. Also konnten wir nicht klären, ob der Frosch sich einen Fisch geschnappt hatte. Später fanden wir heraus, dass Frösche durchaus und sehr gezielt nach dem springen, was sich auf der Wasseroberfläche bewegt. Sobald sich aber eine mögliche Beute ein wenig tiefer befindet, springen Frösche in der Regel nicht.

      Bis in den Herbst hatten wir unsere Freude an den Moderlieschen. Gelegentlich brachten wir ihnen eine Portion lebende Wasserflöhe mit, und sie bedankten sich mit regem Zuspruch. Ansonsten mussten sie selber sehen, wie sie über die Runden kamen. Freilich hatten wir zunehmend Sorge wegen des bevorstehenden Winters. Was sollten wir tun? Unsere Pfütze war nicht tief genug, wenn es sehr kalt werden würde. Andererseits, hatte man uns gesagt, seien die Moderlieschen recht widerstandsfähig. Sie könnten unter Umständen mit einem kleinen Rest Wasser unterm Eis wohlerhalten über den Winter kommen. Darauf setzten wir schließlich unsere Hoffnung.

      Aber Winter fallen eben unterschiedlich streng aus. Schon Ende November gab es Frost, und der hielt an. Die stetig zunehmende Eisdecke versuchte ich mehrmals irgendwie zu durchbohren, um wenigstens ein Luftloch zu machen. Anfangs gelang das, und stets quoll das Wasser in kleiner Fontäne heraus, ein Zeichen dafür, dass im Teich ein ziemlich hoher Druck sein musste. Aber dann reichte einfach meine primitive Technik nicht mehr aus. Ich kam nicht mehr durch das Eis. Außerdem lagen zu allem Überfluss gut zwanzig Zentimeter Schnee darauf.

      Als endlich Tauwetter aufkam, nutzten wir die erste Gelegenheit, nach unseren Fischen zu sehen. Der Schnee war geschmolzen, aber das Eis noch fest. Doch wir sahen schon das Unheil. Unterm glasigen Eis schimmerten gut ein Dutzend silbrige Fischleins. Querliegend. Tot. Noch hofften wir, dass wenigstens ein paar erwachsene Moderlieschen den Winter überlebt hatten.

      Nachdem alles Eis geschmolzen war, standen wir bekümmert vor dem Debakel. Wir trösteten uns mit der Ausrede, dass es nur kleine, unbedeutende Fische gewesen waren. Als wir schließlich doch noch etwa ein halbes Dutzend Moderlieschen lebend ausfindig machten, war das nur ein schwacher Trost. Es ließ sich einfach nicht leugnen, dass wir schuldig waren am Tod der Mehrzahl der Fische. Abzuhelfen war solcher Katastrophe nur durch einen tieferen Teich! Doch vorerst gab es dafür keine müde Mark; denn alles Geld, das wir besaßen, investierten wir in ein Häuschen.

      4. Liebling Edwina

      Im Frühjahr des Hausbaus hatten wir für die Tierwelt wenig Sinn. Dennoch registrierten wir, dass sich im Frosch-Pool schließlich vier mittelgroße Teichfrösche eingefunden hatten. Sie quakten tags wie nachts nach Herzenslust und schienen friedfertig, jedenfalls ließen sie die paar Moderlieschen ungestört. Nach zwei, drei Tagen fast ununterbrochenem Regen, also nach Wanderwetter für Frösche, hatte sich ein großer Dicker dazugesellt. Er residierte am Wasserrand und bewegte sich kaum. Die vier Alteingesessenen hockten in gebührender Entfernung eng nebeneinander, wie in stiller Abwehr des Fremdlings.

      Der Neuankömmling hatte zu unserer Überraschung eine Rückenzeichnung, wie wir sie vor einem Jahr so markant schon einmal gesehen hatten. Bei ihm war die hellgrüne Linie, die Teichfrösche auf dem Rücken zu zieren pflegt, deutlich unterbrochen. Daher erkannten wir ihn wieder, obwohl er uns jetzt wenigstens zwei Zentimeter größer schien als im vorigen Jahr. Wir hatten ihn Edwin genannt. Dass er wieder eingetroffen war, empfanden wir als echte Sensation.

      Der dicke Edwin liebte seine Ruhe, jedenfalls bewegte er sich kaum. Meist döste er auf seinem Sonnenplatz. Als einmal einer der Kleinen am Ufer auf ihn zu kam, schwamm er plötzlich in die Mitte des Teiches, kehrte abrupt um und schnappte dabei mehrmals ins Wasser. Was machte er? Es war nicht eindeutig zu erkennen, doch es gab kaum eine andere Erklärung: Er schien Appetit zu haben auf Moderlieschen! Nach seiner Aktion hockte er sich wieder hin und tat so, als sei nichts geschehen. Jetzt kam der Kleine erneut auf ihn zu und knurrte, leise zwar, aber immerhin. Wollte er liebeshungrig auf sich aufmerksam machen? Nichts geschah. Da die Sonne noch immer nur sehr zurückhaltend schien, war ansonsten nicht viel los am Frosch-Pool. Kaum eine Fliege, noch keine Wespen.

      Wenn es den Fröschen an Futter fehlt, helfen wir meist ein bisschen nach. Jede Fliege, die wir fangen können, spendieren wir ihnen. Und es ist immer wieder spannend zu beobachten, wie unterschiedlich die Frösche reagieren. Manchmal scheinen sie zu dösen oder keinen Hunger zu haben, manchmal springen sie sofort.

      Das ist schon bemerkenswert. In der Regel brauchen Frösche als Impuls fürs Beutemachen, um überhaupt loszuspringen, dass sich das potentielle Opfer bewegt. Dann wird es fixiert, auch gibt's manchmal ein kurzes Anschleichen, und urplötzlich wird gesprungen. Oft recht hoch, auch weit. Beim Füttern, im Falle, dass sich ein Frosch ewig nicht entschließen kann, pflegt meine Frau mit einem dünnen Stock nachzuhelfen. Was dazu führt, dass der eine oder andere Frosch schließlich geradezu auf den Stock abonniert ist. Sie braucht das Holz nur ins Wasser zu halten, schon kommt ein Frosch neugierig herbei.

      Eines Tages hatte ich die Idee, den Fröschen einen Moschuskäfer ins Wasser zu werfen.

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