Erzählungen. Ханс Фаллада

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Erzählungen - Ханс Фаллада страница 4

Erzählungen - Ханс Фаллада

Скачать книгу

ist ein Wort«, rief Utesch plötzlich lebhaft. »Das ist ein Wort wie aus der Bibel.« Er sank wieder in sich zusammen.

      »Trinken wir noch einen!«

      Und nachdem sie getrunken hatten, schenkte Wrede wieder voll.

      Der Betrunkene flüsterte: »Aber wenn eines verheiratet ist und ist nachts fort und kommt wieder und man fragt's: wo bist du gewesen? und es lächelt bloß, das ist Verrat, Herr Inspektor! Das nenne ich blutschänderischen Verrat.«

      Er hielt inne, wie zusammenschreckend, den Blick aufmerksam, wie erwacht, auf sein Gegenüber geheftet. »Sie wissen alles, Herr Inspektor. Natürlich wissen Sie alles. Nur ich weiß nichts.« Nun ganz langsam: »Wo ist die Frau gewesen, frage ich Sie, Herr Inspektor, wo um alles in der Welt ist nachts um zwei Uhr die Frau gewesen?«

      »Ich weiß nichts, Meister. Ich höre nicht auf das, was die Leute sagen.«

      »Sie wissen es. Jeder weiß es. Wenn es mir nur einer sagen könnte ...« Er hielt grübelnd inne, sein Gesicht belebte sich von einer Idee. »Trinken wir!«

      »Und noch einen.«

      »Wird das nicht zu viel?«

      »Wie kann das zu viel werden, junger Mann? Eine Flasche habe ich schon allein getrunken, und ehe ich betrunken werde, kann ich noch eine trinken. Also trinken wir!«

      »An mir soll's nicht liegen«, sagte Wrede und trank, indem er sich darüber klar war, daß der Betrunkene die unsinnige Idee hatte, ihn betrunken zu machen, um ihn aushorchen zu können.

      Aber der andere war schon wieder weit fort. »Am Abend vorher hat sie sich in die Hand gehauen mit dem Beil. Blut ist über ihren Ring geflossen. Was bedeutet das? Man müßte wissen, was es bedeutet. Aber man weiß nichts.«

      Auch dem Inspektor kam ein Gedanke. Er griff in die Westentasche. Er zog die Hand zurück. »Also trinken wir noch einen.«

      Und der andere echote: »Trinken wir noch einen!«

      Sie tranken. »Wo ist die Frau gewesen, Herr Inspektor?«

      »Ich weiß es nicht, Meister.«

      »Sie wissen es nicht. Wie sollen Sie es wissen? Niemand weiß es. Jeder ist allein. Und jeder tut alles für sich allein.« Utesch taumelte hoch, langsam und tastend ging er zur Hoftür, hielt inne. »Ich komme gleich wieder.« Und war fort.

      Wrede sah um sich: Die Stube war düster und leer. Eine späte Fliege erhob sich mit einem Schwung, summte, und alles war still. Wrede zog den Ring aus der Tasche, verborgen in die hohle Hand betrachtete er ihn. Er war breit und schwer, aus einem rötlichen alten Dukatengold, mit tausend feinen Hammerschlägen genetzt, für einen Menschen gearbeitet, der noch glaubt, daß die Dinge einen Sinn in sich tragen.

      Aus der Hosentasche riß Wrede einen Bindfaden. Er knüpfte ihn um den Ring, band das andere Ende des Fadens an einen Westenknopf, steckte den Ring wieder in die Tasche. Er stand auf, ging hin und her. Als Utesch eintrat, saß er schon wieder.

      Die Nachtluft hatte den Tischlermeister noch betrunkener gemacht. Er kam kaum auf seinen Stuhl, er sprach nicht mehr, er lallte nur noch. Wrede goss ein.

      »Es ist sternenklar, Meister. Ob es Frost gibt?«

      Und das Echo: »Ob es Frost gibt?«

      »Trinken wir«, sprach Wrede.

      »Trinken wir«, sagte der andere und rührte sich nicht.

      Da griff Wrede in die Tasche. Auf den Rand des Tisches legte er den Ring, weit davon sichtbar seine Hände. »Trinken wir, Meister«, wiederholte er und stieß sein Glas um. Es klirrte gegen die Flasche. Der trübe Blick suchte nach der Ursache des Geräuschs. Er wurde schrecklich wach. Er sah das kleine blitzende Rund drüben, jenes unverkennbare, das ihm allein Gewähr für Treue war. Der Meister machte aus aller Trunkenheit heraus einen Tigersatz um den Tisch. Alles stürzte zusammen. An der Schnur glitt der Ring zurück hinter das Jackett. Nichts war da.

      »Was kommt Sie an, Utesch?« schrie Wrede. »Sind Sie ganz betrunken geworden?«

      »Der Ring«, flüsterte der andere leise, »es war der Ring.«

      »Was für ein Ring? Was reden Sie von einem Ring? Wo soll er sein?«

      Der andere stand vor ihm. Noch hielt die Wirkung des Schreckens an. Klar drang der Blick in Wrede. »Der Ring! Dort auf der Tischkante lag er. Sie haben ihn. Ich sage, Sie haben ihn.« Er griff Wrede an die Brust. Der stieß ihn stark zurück. »Sie schwatzen. Wie sollte ich Ihren dämlichen Ring haben?«

      Aus dem Fallen richtete der andere sich auf. Stammelnd wieder sagte er: »Sie haben ihn! Jeder hat ihn. Alle haben den Ring. Nur sie hat ihn nicht.« Er stand grübelnd. Plötzlich schrie er noch einmal: »Nun weiß ich es: Sie hat ihn nicht.«

      Utesch sprang gegen die Tür, riß sie auf, war fort in die Nacht. Über den Dorfplatz brüllte Wrede in Angst: »Meister, kommen Sie. Sie sollen den Ring haben.«

      Alles blieb still. Niemand kam. Niemand hörte.

       7

      In dem Zimmer ist es dunkel und still, nichts rührt sich, kein Mondlicht fällt durch die zerbrochenen Scheiben, denn der Mond ist noch nicht aufgegangen. Etwas Dunkleres lehnt sich gegen die Hausmauer, lauscht in das Zimmer, lange, zieht sich plötzlich zurück.

      Ein Geräusch wird hörbar, jemand kommt gelaufen. Er prallt gegen den Vorgartenzaun, tastet umher, findet das Gatter offen, eilt den Gartensteig hinauf, rüttelt an der Haustür. Sie ist verschlossen, gibt nicht nach. Eine Weile steht Wrede still, überlegend. Dann nähert er sich dem Fenster, will dagegen klopfen, stößt gegen eine Scherbe, die klirrend herunterfällt. Er erschrickt, er steht lauschend, er lauscht gegen die Stube, in der sich nichts rührt. Eine zähe lange Stille scheint aus dieser Stube zu dringen, wie etwas Hartnäckiges, Böswilliges.

      Schließlich entschließt er sich. Er ruft leise: »Utesch!« Nichts. Und noch einmal: »Meister Utesch!« Nein, nichts. Nur von Augenblick zu Augenblick ein Windstoß in dem raschelnden Herbstgebüsch.

      Er ruft noch einmal angstvoll: »Martha! Martha Utesch!« und bricht in die Knie, als eine Hand sich auf seine Schulter legt, eine Stimme flüstert: »Still! Still doch! Hören Sie nicht?«

      So, die Knie in der kühlen Gartenerde, unter der Hand des Geheimnisvollen, lauscht er, und nun meint er, weit drinnen im Haus etwas stöhnen zu hören, kurz stöhnen zu hören.

      Plötzlich versteht er. »Der Hobel! Utesch ist in der Werkstatt?«

      Der andere: »Er macht ja wohl ihren Sarg.« Und mit einer schrecklichen Neugierde: »Er hat sie ja wohl umgebracht, Herr Inspektor?«

      Wrede steht wieder. »Hören Sie zu, Hinz. Laufen Sie, was Sie können, zum Wachtmeister. Ich werde hier Posten stehen, daß Utesch nicht ausreißt.«

      Der andere zögert.

      »Laufen Sie!«

      Hinz verschwindet; ist fort, untergetaucht in der Schwärze.

      Langsam nähert sich Wrede dem Fenster. Er befühlt es. Ein Flügel steht offen, er neigt sich

Скачать книгу