Jünglingsjahre. Лев Толстой
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LUNATA
Jünglingsjahre
© 1857 Lew Tolstoi
Originaltitel Junost'
Aus dem Russischen von Hanny Brentano
Umschlagbild: Etienne Jeaurat
© Lunata Berlin 2020
Inhalt
Was ich als den Anfang der Jünglingsjahre betrachte
Wie ich mich zum Examen vorbereitete
Was Wolodja und Dubkow trieben
Ein vertrauliches Gespräch mit meinem Freunde
Ich zeige mich von der vorteilhaftesten Seite
Wie wir diese Mitteilung aufnahmen
Die Freundschaft mit den Nechljudows
Was ich als den Anfang der Jünglingsjahre betrachte
Ich habe gesagt, daß meine Freundschaft mit Dmitrij mir eine neue Anschauung vom Leben, von seinem Zwecke und seinen Beziehungen enthüllt hatte. Das Wesentliche dieser Anschauung bestand in der Überzeugung, daß der Mensch bestimmt sei, nach sittlicher Vervollkommnung zu streben, und daß diese Vervollkommnung leicht, möglich und ewig sei. Aber ich freute mich vorläufig nur an der Entdeckung der neuen Ideen, die aus dieser Überzeugung entsprangen, und am Entwerfen glänzender Pläne für eine sittliche, tatenreiche Zukunft, während mein Leben ebenso kleinlich, verworren und müßig blieb wie bisher.
Die tugendhaften Gedanken, die in den Gesprächen mit meinem vergötterten Freunde Dmitrij – dem »prächtigen Mitja«, wie ich ihn bisweilen im stillen nannte, – entwickelt wurden, gefielen vorläufig nur meinem Verstande, nicht meinem Gefühl. Aber es kam eine Zeit, wo diese Gedanken mit einer so frischen Kraft der moralischen Erkenntnis meinen Kopf erfüllten, daß ich erschrak, wenn ich bedachte, wieviel Zeit ich unnütz vergeudet hatte, und dann wollte ich sofort, in demselben Augenblick, diese Gedanken auf das Leben anwenden, mit der festen Absicht, ihnen nie mehr untreu zu werden.
Und von dieser Zeit an rechne ich den Anfang meines Jünglingsalters.
Ich stand damals vor der Vollendung meines sechzehnten Lebensjahres. Nach wie vor kamen Lehrer zu mir; St. Jérôme beaufsichtigte meine Studien, und ich bereitete mich mit Widerwillen und Unlust für die Universität