Silberschatten. Катя Брандис
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Was war, wenn der Drache wach dort drinnen lag? Hatte er uns schon bemerkt? Ungewohnt und schwer hing das fremde Schwert an meiner Hüfte.
Dann sah ich eine Gestalt vor mir aufragen, eine Gestalt groß wie ein Berg. Der Drache lag näher am Höhleneingang diesmal, so dass etwas Tageslicht auf seinem Körper schimmerte. Wieder schlief er. Seine Flanken hoben sich im Takt seines Atems. Er war größer, als ich gedacht hatte, und so schön, dass ich ihn am liebsten berührt hätte. Einfach, um herauszufinden, wie sich seine silberglänzenden Schuppen anfühlten. Glatt und fest und kühl vielleicht, oder biegsam und warm? An manchen Stellen hingen eigenartige Fetzen daran herunter, was das wohl war?
Auf einmal war Kendan neben mir, starrte mich wütend an, fragte mich mit Gesten, was ich hier machte. Er wies mich an, zurückzubleiben, und schob seine Augengläser zurecht, die ihm ein Stück die Nase hinunter gerutscht waren. Dann trat er an den Drachen heran, hob die Waffe und zielte auf den kaum gepanzerten Bauch.
In mir krampfte sich alles zusammen. Ohne nachzudenken riss ich mein neues Schwert heraus und blockte seinen Schlag ab. Mit einem harten Kleng traf Stahl auf Stahl.
Ich atmete schwer. Was hatte ich da getan? Kendan blickte mich aus aufgerissenen Augen an, ungläubig und erschrocken zugleich.
Dann hörten wir ein Geräusch, merkten, dass der Berg neben uns sich bewegte, und fuhren beide herum. Der Drache war aufgewacht! Sein keilförmiger Kopf schwenkte auf uns zu, seine Augen – jedes fast so groß wie mein Kopf – glühten in der Dunkelheit. Wie die einer Katze hatten sie eine gelbe Iris und eine schlitzförmige schwarze Pupille. Ärgerlich glotzten diese Augen uns an, und ein tiefes Knurren stieg aus der Kehle des Drachen empor. Ein Hauch seines Atems traf uns, er roch warm und schwer, nach Rauch und etwas nach verwesendem Fleisch. Seine handlangen Zähne glänzten im Licht von Kendans Fackel.
Wir wichen zurück. Meine Beine fühlten sich weich und zittrig an. Kendan hielt sein Schwert vor sich und klammerte sich mit der anderen Hand an seine Fackel.
Der Drache hob noch ein Stück den Kopf, sog Luft in seine Lungen. „Der spuckt gleich Feuer“, brüllte ich Kendan zu. „Schnell, in Deckung!“
Ich warf mich hinter einen Felsblock. Kendan dagegen rannte zur Öffnung der Höhle zurück. Entsetzt sah ich ihm hinterher – was machte er da? Er musste Schutz suchen! Ich schrie ihm nochmal zu, er solle sich verstecken, doch da war es schon zu spät. Eine Feuerwalze schoß durch die Höhle. Schnell duckte ich mich noch tiefer. Sengende Hitze schlug über mich hinweg. Kendan schrie gellend auf, einen so furchtbaren Schrei hatte ich noch nie gehört. Eine Gänsehaut überzog meine Arme. War er tot? Vaelhors Gnade, das durfte nicht sein!
Sobald die Flamme erloschen war, kroch ich hinter dem Felsen hervor und raste los. Ich wusste, dass ich nur wenige Augenblicke Zeit hatte, bis der Drache Luft geholt hatte und wieder Feuer spucken konnte.
Kendan lag mit dem Gesicht nach unten auf dem sandigen Boden der Höhle. Seine Rüstung war geschwärzt und angelaufen durch die Hitze, sein Haar fast abgesengt. Die Augengläser lagen zerbrochen auf dem Boden. Doch unser mächtiger Gott der Gipfel war ihm wohlgesonnen, er lebte noch. Ich packte den Prinzen unter den Achseln und schleifte ihn nach draußen, so schnell ich konnte.
Wenn der Drache uns gefolgt wäre und versucht hätte, nach uns zu schnappen, hätten wir es nicht geschafft. Aber er beobachtete uns nur – nachdenklich, wie mir schien – mit diesen gelben Augen. Dabei sog er langsam Luft ein und nahm unsere Witterung auf.
Auch Kendans Leute hatten den Schrei gehört und rannten herbei. Als sie ihren Prinzen leblos sahen, hielten sie entsetzt inne. Dann rissen sie ihn mir förmlich aus den Händen und trugen ihn zu viert von der Höhle weg. Einer der Männer kniete sich neben ihn, schnallte ihm den Brustpanzer ab und fühlte ihm den Puls. „Er lebt, ist aber ohnmächtig“, verkündet er erleichtert. „Seine Brandwunden sehen nicht so schlimm aus, das heilt wieder.“ Er wandte sich an mich. „Was ist passiert, Junge?“
„Der Drache ist aufgewacht und hat uns gesehen“, erklärte ich. Das war immerhin ein Teil der Wahrheit. Der andere Teil brannte wie glühendes Blei in meiner Brust. Ich musste weg hier, so schnell wie möglich, noch bevor Kendan zu sich kam und erzählen konnte, was wirklich passiert war! Weg aus dem Dorf, vielleicht weg aus Gabrún.
Während die Männer damit beschäftigt waren, den ohnmächtigen Kendan auf das Bergpony zu heben, ging ich Richtung Bergflanke, wie um Ausschau zu halten. Niemand achtete auf mich, die Leute des Königs beobachteten nervös den Eingang der Höhle, aus der jeden Moment der Drache hervorkommen konnte. Doch zu hören war nichts.
Sofort, als ich außer Sicht war, begann ich, im Bogen zum Pfad zurück zu klettern. Ich nahm den Weg in die andere Richtung, weg vom Dorf. Soweit ich wusste, führte der Pfad in die Täler des Kiruna-Flusses, irgendwo dort, Richtung Süden, musste auch die Grenze nach Xalhor sein. Wenn ich es bis dahin schaffte, war ich in Sicherheit!
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