Glücklich durch gute Nachbarschaft. Antonio Rudolphios

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Glücklich durch gute Nachbarschaft - Antonio Rudolphios

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ruhig und gelassen vorgetragen, müsste doch eigentlich jeden Hitzkopf besänftigen. Aber wenn schon auf der anderen Seite der Empfänger gestört ist, nutzt auch nicht mehr ein Neujustieren der Antenne – das alte Problem zwischen Sender und Empfänger. Ich sende etwas aus, was gar nicht ankommt. Was natürlich auch – jetzt mal vom rein Technischen weg – mental etwas mit Empathie zu tun hat. Wir reden über Äpfel, bei unserem Gegenüber kommen aber nur Birnen an. Schon haben wir ein dickes Problem.

      Ich muss also sicherstellen, dass das, worüber ich rede und wovon ich jemanden überzeugen will, auch beim anderen genauso verstanden wird. Dazu ist erst mal eine klare Sprache notwendig – nicht in Bildern/Synonymen, nicht ironisch bis ins Gegenteil verfremdet, sondern klar ausgesprochen. Ja, dabei müssen wir schon über unseren eigenen Schatten springen. Sie lieben es, in Bildern blumenreich zu sprechen. Das versteht aber nicht jeder.

      Prüfen Sie sich deshalb selbst immer wieder wie es ja auch zum unbedingten Handwerk der schreiben und sprechenden Zunft gehört: Kommt meine Ausdrucksweise überhaupt noch an? Erreiche ich meine Leser und Zuhörer noch?

      Und noch eins ist ganz wichtig: Sie schreiben und sprechen nie nur fürs eigene Ego, sondern für ein ganz bestimmtes Klientel. Nun gut, man darf seinen eigenen Stil haben, seine originäre Schreibe, seine Vorliebe für bestimmte Worte und Ausdrucksweisen, aber selbst die müssen uneingeschränkt ankommen. Und worüber schreibe ich hier gerade – ich ertappe mich selbst wieder einmal, denn „schreibende Zunft“ versteht auch nicht jeder. Zunft ist ein im Mittelalter geprägter Begriff für einen Berufsstand wie den der Zimmerleute, Schmiede oder eben der „Schreiber“ – heute Journalisten oder Redakteure. Manche Zünfte wie die der Marktschreier, Herolde oder Gaukler gibt es heute nicht mehr, weil sie durch moderne Arbeitsweisen/Medien abgelöst wurden. Selbst relativ junge Berufe wie die der Metteure, Schriftsetzer im Zeitungs- und Buchdruck sind mittlerweile ersetzt durch so genannte Mediengestalter. So schnell geht das, aber selbst das müsste man einem Nicht-Fachmann noch näher erklären. Also vergewissern Sie sich immer wieder, dass Ihr Nachbar nichts in den falschen Hals bekommt.

      Journalisten sollten sich auch immer als Übersetzer und Vermittler sehen – wie Sie ja auch auf der Suche nach guten Nachbarn. Zurück zur Streit-Kultur – Kultur sagt ja schon, dass man sich auch im Streit, im Wort-Gefecht benehmen sollte wie ein edler Fechter, der sich an die Regeln hält und nicht unter der Gürtellinie zuschlägt wie ein Boxer mit 1000 Volt in den Armen, aber nichts in der Birne.

      Wir sind ja nicht wild kämpfende Tiere, sondern intelligente Wesen, also benutzen wir auch unsere grauen Zellen und pflegen die Kultur des Streitens, die ja schon die Erfinder des Demokratie-Gedankens im alten Griechenland (Attische Demokratie im fünften Jahrhundert vor Chr. sowie Aristoteles und Perikles später) in den Vordergrund hoben.

      Demokratie stammt aus dem Griechischen: Demos kratein = das Volk herrscht. Hier wurden die Grundlagen des zivilen Streitens für seine Sache gelegt, indem jeder das Recht bekam, für seine Überzeugung zu reden und zu werben.

      Also bemühen Sie sich um Ihre Nachbarn, werben Sie für ein gutes Verhältnis untereinander. Das zahlt sich am Ende aus wie bei dem Softie, den man zwar belächeln mag, der aber erfolgreicher ist. Gehen Sie soft durchs Leben und suchen Sie nicht um alles den Streit. Geben Sie nach, um im entscheidenden Moment dann doch den Sieg einzufahren.

      Derjenige hat mehr vom Leben, der lächelt und vergibt, der sich nicht immer durchsetzt. Ok, oberflächlich hat der zunächst mehr Erfolg, der sich ständig beschwert, motzt und cholerisch ausrastet. Aber er vereinsamt auch in seinem Erfolg, denn keiner will etwas mit ihm zu tun haben und macht einen großen Bogen um ihn. Die Auseinandersetzungen mit ihm sind nämlich unangenehm. Oder wollen Sie sich etwa mit dem Motzki näher beschäftigen? Wie heißt es doch so schön im Englischen: „Stay away from Problems! – Halte dich von Problemen fern!“ Und Sie wissen auch: Streit um des Kaisers Bart ist nutzlos vertane Zeit. Streiten Sie für die wirklich wichtigen Dinge im Leben, beispielsweise um gute, verlässliche Freunde.

      Man sieht sich immer zweimal im Leben

      An diesem Spruch ist wirklich was dran. Die Welt ist manchmal ein Dorf. Berufliche oder private Zufälle bringen Menschen auch nach Jahren wieder zusammen, die immer geglaubt hatten „Einmal und nie wieder“. Deshalb der Rat: Reden Sie sich nie um Kopf und Kragen, verbauen Sie sich keine künftigen Gelegenheiten und sagen Sie nie „Nach mir die Sintflut“ – verbrannte Erde! So habe ich mich mal mit der Grundschullehrerin meines Sohnes kurz vor Ende seiner Schulzeit total überworfen. Und wo traf ich sie dann plötzlich wieder? Weit weg in der Nachbarmetropole, wo ich dann als Lokalreporter über ihr Schulfest berichten musste. Sie war nämlich inzwischen Schulleiterin geworden. Oh wie peinlich, denn ich hatte nun auch meinen Job in ihrer Nähe und wir würden uns wahrscheinlich künftig noch öfter begegnen. Gute Miene zum bösen Spiel kann man da nur sagen. Sie wird wahrscheinlich in ihrem Kollegium über mich gesprochen haben – und die Mund—zu-Mund-Propaganda kann sich ja auch viral fatal ausbreiten. Deshalb: Waren Sie immer Ihr Gesicht und stecken lieber einmal mehr die Faust in die Tasche als keinen Fuß mehr am Boden zu kriegen. Rasten Sie niemals unverzeihlich aus.

      Denken Sie immer weise vorausschauend: Was könnte mir im Zweifel mal schaden und was nützlich sein? Treffen Sie nie spontan wichtige Entscheidungen. Schlafen Sie eine Nacht darüber. Am nächsten Tag sehen Sie die Welt mit einem ganz anderen Blick. Und holen Sie sich Rat bei einer guten Freundin oder dem besten Freund. Sie brauchen auch mal die Sichtweise aus der Außen-Perspektive. Sie haben doch den Tunnel-Blick, sind betroffen und geblendet, ja Fachidiot in Ihrem Thema. Lassen Sie sich nie zu spontanen Entschlüssen drängen, denn da passieren die meisten Fehler. Alles wird gut, es gibt immer Lösungen, nichts ist endgültig – nur der Tod. Und manchmal sehen wir uns sogar dreimal oder gar viermal im Leben wieder. Dann ist es doch gut, wenn man sich selbst noch im Spiegel ansehen kann und den anderen sowieso.

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