Fakten Wissen Denkblasen?. D. G. Berlin
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Angesichts der bunten Baby-Bilder des Universums und der kategorischen Verkündungen sollte man nur noch den Kopf schütteln. Es ist schon sehr erstaunlich, was die Physiker daraus alles ablesen wollen. Das Alter des Universums, die exakten Anteile normaler und dunkler Materie wie auch der Dunklen Energie, die Quellen der Galaxien und Sterne, wie wir sie heute beobachten, sogar den Beweis für die Inflation, für ein oszillierendes Universum und anderes mehr.
Beispiel: Alter des Universums. Früher genügten den Astronomen bei den Angaben zum Alter des Universums grobe Zeitspannen. Man definierte es zwischen 10 und 15 oder auch zwischen 15 und 20 Milliarden Jahre. Damit konnten alle ganz gut leben. Mit den Messungen der Hintergrundstrahlung wurden die Altersangaben erstaunlich präzise. Eine Zeitlang überschlugen sich die Angaben dazu förmlich: 13,7; 13,73; 13,78; 13,8; 13,81. Es schien sich ein Wettbewerb entwickelt zu haben, das Alter immer noch ein wenig genauer bestimmt zu haben, als die zuvor veröffentlichte Zahl. Einmal las ich im Internet sogar diese Altersangabe: 13 Milliarden 780 Millionen 807 Tausend 626 Jahre. Schade, dass der Künstler auf die Angabe der Monate und Tage verzichtet hatte. (Ist nur Spaß.)
Obwohl alle diese präzisen Angaben im ”Brustton der Überzeugung” verkündet wurden, sucht man nach der konkreten Erläuterung, wie genau sie aus den Daten der Strahlungsmessungen eigentlich abgeleitet werden, vergeblich. Gibt es dafür irgendeine geheime Formel? Steht in den bunten Bildchen irgendwo etwas, was die Physiker als Altersangabe erkennen können? Und was muss ich mir da vorstellen?
Einen allgemeinen Hinweis liefern die Physiker dazu schon. Die Ableitung des Alters aus den Daten der Hintergrundstrahlung erfolge auf der Basis des Lambda-CDM-Modells. Das klingt erst einmal gut, wer will dann noch an der Exaktheit der Altersangaben zweifeln, wenn ihnen doch das bedeutende Lambda-CDM zu grunde liegt.
Nur muss man dazu wissen: Lambda steht für eine kosmologische Konstante, die auch in direkter Beziehung zur Dunkle Energie stehen soll; und CDM heißt ausgeschrieben cold dark matter, was nichts anderes als kalte Dunkle Materie bedeutet. Da haben sie ja nun was gekonnt. Die tatsächliche Größe der kosmologischen Konstante ist noch immer relativ unsicher, gibt es bei ihr doch die bisher größte Differenz zwischen einem theoretisch zu bestimmenden Wert und dem aus Beobachtungen abzuleitenden. Und über die Dunkle Energie wissen sie nur, dass es sie geben könnte, mehr aber nicht. Und die Dunkle Materie ist den Physikern in der kalten ebenso komplett unbekannt wie in einer eventuell heißen Version.
Das heißt, aus Komponenten, über die sie absolut nichts Konkretes wissen, wollen sie ernsthaft etwas so Konkretes wie die Altersangabe für das ganze Universum ableiten. Bewundernswert, dieser Mut. Oder sollte ich besser von Unverfrorenheit schreiben?
Das Problem beginnt schon bei der Form der Grafik. Welche Form hat das Universum? Ist es eine Kugel, oder vielleicht ein Ellipsoid, oder ein Torus oder doch ein Dodekaeder, wie es manche Forscher kühn vermuten?
Sollte es eine Kugel sein, kommt die Ellipse als 2-dimensionalen Darstellung dem 3-dimensionalen Innenraum einer Kugel schon nahe; würde ihn aber trotzdem erheblich verfälschen. Hat das Universum aber andere Formen, wären die Grafiken wohl recht weit weg von der Möglichkeit, die Temperaturverteilung im Frühstadium des Universums in elliptischere Form so zu erfassen, dass man daraus alles das ableiten kann, was man vorgibt, ableiten zu können. Es würde zu völlig falschen Vorstellungen führen, wenn die Ellipse einer Innenansicht des Universums nicht sehr nahe wäre.
Dabei muss man sich einmal vor das nur wenig kritische Auge halten, wie die Daten der Hintergrundstrahlung-Messungen zu Stande kommen. Sicher, an Bord der Raumsonden und Höhenballons waren bestimmt hochempfindliche Geräte. Aber die zu untersuchende Strahlung stammt aus der Frühzeit des Universums, genauer aus der frühesten Zeit, aus der wir Informationen ergattern können. Ein noch früherer Informationsträger steht uns nicht zur Verfügung.
In den Milliarden Jahren seit ihrer Entstehung ist die Strahlung aber den verschiedensten Einflüssen ausgesetzt gewesen. Wenn die Standardmodelle der Teilchenphysik und der Kosmologie zutreffen, entstand sie, als sich Strahlung und die noch immer superheiße Materie voneinander trennten. Es folgte eine Phase, da die Galaxien und Sterne erst entstehen mussten. Darüber wissen wir nur wenig.
Dann noch die schon Milliarden Jahre andauernde Entwicklungsphase mit dem teils sehr turbulentem Geschehen um Quasare, Schwarze Löcher, Galaxien, Sternentstehung, Sternenzyklen und Supernovae. Das alles überlagert die nur noch schwach strahlende Hintergrundstrahlung und erzeugte und erzeugt eine allgegenwärtige und sehr viel stärkere Vordergrundstrahlung. Das filigran auseinanderzuhalten dürfte eine Aufgabe gigantischen Ausmaßes sein.
Um mal die "Größenordnung" anzudeuten: Es geht hier um Inhomogenitäten in einer Differenz von 2,7281 zu 2,7280 Kelvin oder -270,4219 zu -270,422 Grad Celsius. Um die aufzuspüren, muss man alle Vordergrund-Strahlungsquellen sauber eliminieren. Das mag ja bei der Sonne und den bekannten Galaxien und Quasaren vielleicht noch einigermaßen möglich sein, obwohl selbst da schon Zweifel angebracht sind, ob das vollständig oder nur sehr grob gelingt. Aber da sind ja auch schwach leuchtende Sterne, Braune Zwerge, Galaxien mit geringer Helligkeit, Wasserstoffwolken, interstellarer Staub, deren Lage und Stärke man gar nicht oder nicht genau kennt und zudem unbekannte Strahlungsquellen, mit denen man immer rechnen muss.
Bei der Interpretation der WMAP-Daten sollen 700 extra-galaktische Punktquellen maskiert, also ausgeblendet worden sein. Warum 700, warum nicht 2000? Wurde das geschätzt? Und dann emittiert unsere Galaxie ja auch noch eine Eigenstrahlung, die herausgerechnet werden muss. Die Bewegung der Erde durch den Mikrowellenhintergrund sorgt zudem für Verzerrungen.
In der ersten Phase nach der Entkopplung von Materie und Strahlung soll es eine Ära der Monstersterne gegeben haben; massereiche – 300- bis 1000- fache Sonnenmasse – helle Sterne mit Strahlung im Ultravioletten und starker Neigung zu Supernova-Explosionen. Diese Riesensterne hatten nur eine kurze Existenzzeit. Es muss sich also um eine Etappe recht turbulenten Geschehens und zahlreichen Strahlungsausbrüchen in Folge von Supernovae gehandelt haben. Über diese Periode wissen wir nichts Genaues, wir nehmen nur an, dass es sie gegeben haben muss, da anders die Metallizität der heute zu beobachtenden ältesten Sterne nicht erklärbar wäre.
Alle diese Faktoren fügen sich zu einer recht diffusen Vordergrund-"Verunreinigung" des Strahlungshintergrundes zusammen. Um aus den Messdaten, in die das alles eingeht, dann ein Bild von der Hintergrundstrahlung, ihren Inhomogenitäten und deren Lage und Größe zu machen, sind komplizierte Umrechnungen und eine stattliche Anzahl von Annahmen notwendig. Annahmen und Umrechnungen, die von Theorien und Modellen, Vorstellungen und Vermutungen ausgehen.
Es ist doch entschieden zu bezweifeln, dass das mit gebührender Sicherheit gelingen kann. Hilfreich war es in diesem komplexen und komplizierten Prozess bestimmt, zu wissen, wonach genau man sucht und wie das Bild aussehen muss, wenn es die Paradigmen bestätigen soll. Obwohl viele Physiker die Ostereier ernst nehmen, müssen wir ihr Triumphgeheul nicht teilen.
Die häufigen Mitteilungen, man hätte nun noch Dieses und Jenes aus der Hintergrundstrahlung ablesen können, was eindeutig jene und diese Annahme, Vorstellung oder Theorie bestätige, können wir mit dem müden Lächeln eines wissend Ungläubigen in den sich füllenden Korb neben dem Schreibtisch schieben. All die Grafiken vom Baby-Universum und die Verkündungen von aus den Daten der Hintergrundstrahlung gewonnenen Erkenntnisse muss man wohl nicht sonderlich ernst nehmen.
Vielleicht war es ja doch noch anders
Die Urknallvorstellung