Der Dingle-Way. Maik Ottleben
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Der Dingle-Way - Maik Ottleben страница 3
Das Paar vor uns hatte offensichtlich einen ähnlichen Urlaub wie wir geplant – allerdings wohl eher in der „Hardcore-Variante“, da sie ihre Wanderschuhe bereits trugen und ihr ganzes Gepäck aus je einem überdimensionalen Rucksack bestand.
Wir gaben unsere Reisetaschen auf, atmeten konsequent erleichtert auf als die Gepäck-Waage jedes Mal deutlich unter den erlaubten 20kg blieb und machten uns auf den Weg zur Sicherheitskontrolle.
Glücklicher Weise wurde auch Susis Gepäck anstandslos angenommen, obwohl ich ihren Nachnamen bei der Flugbuchung falsch geschrieben hatte.
Obwohl mir die Aer-Lingus-Servicehotline mehrfach telefonisch und auch schriftlich mitgeteilt hatte, dass ein einzelner falscher Buchstabe kein Problem wäre und ich deshalb keine Änderung der Buchung würde vornehmen müssen, blieb doch dieser nagende, kleine Restzweifel.
Erst als sie (auf den falsch geschriebenen Nachnamen) ihre Bordkarte in der Hand hatte und somit wirklich sicher war, dass sie fliegen konnte, war ich fast beruhigt.
Wir stellten uns an der Sicherheitskontrolle an, legten unser Handgepäck samt Portmonees, Handys und Gürteln in die natürlich viel zu kleinen Plastikbehälter und gingen durch die Schleuse.
Kurz hatten wir noch überlegt, ob es wohl eine gute Idee wäre, nun einfach mal laut „Allahu Akbar“ zu rufen oder darüber zu reden, ob man unser Kokain wohl finden würde, uns aber auf Grund eines doch halbwegs gesunden Selbsterhaltungstriebes dagegen entschieden.
Andy: alles grün.
Susi: alles grün.
Ich: Rot, Warnung.
Ich hasse solche Tage.
Brav trat ich unter den Augen von gefühlt einem Dutzend bewaffneter Sicherheitsleute und eben so vieler anderer Fluggäste aus der Reihe und wurde noch einmal extra untersucht. Dankenswerter Weise erfolgte diese Untersuchung nur mit einem chemischen Test an den Händen, weshalb mir die Leibesvisitation erspart blieb.
Als dann wenig später klar war, dass ich weder Terrorist noch Drogenkurier war, packte auch ich meinen Kram ein und wir machten uns auf die Suche nach einem dringend notwendigen, sehr großem Pott Kaffee.
Das Boarding und der Flug nach Cork waren dann etwa so aufregend wie eine Werbepause bei RTL und so landeten wir pünktlich in Irland.
Grüne Wiesen, Sonnenschein, Leprechauns und ein großes Guinness erwarteten uns allerdings nicht – eher grauer Beton und dicke, graue Wolken.
Unser Gepäck kam, wir verließen das Terminalgebäude, griffen uns das erste Taxi und machten uns auf den Weg zum Bahnhof.
Von da wollten wir dann eher spontan entscheiden, ob wir per Bahn oder Fernbus die rund 200km weiter nach Tralee reisen würden, dem Ausgangspunkt unserer Wandertour.
Als wir den Bahnhof erreicht hatten, standen wir wohl keine zehn Sekunden in der Schalterhalle, als ein Bahnangestellter auch schon wissen wollte, wo wir denn hin wollten.
Mein Gott, müssen wir hilf- und planlos aussehen, dachte ich noch.
Wir erklärten ihm, dass wir nach Tralee wollten, er schaute kurz zum Bahngleis, stieß einen gellenden Pfiff zum Schaffner aus und rief ihm auf Gälisch etwas zu.
Der Schaffner, der gerade im Begriff gewesen war, einem Zug das Zeichen zur Abfahrt zu geben, gab den Ruf weiter an den Zugführer und bevor einer von uns reagieren konnte, scheuchte der Bahnangestellte uns schon los.
Während ich schnell die Tickets besorgte, wurden Andy und Susi samt Gepäck quasi in den Zug geschoben. Kaum war ich dann auch eingestiegen, ertönte ein neuer Ruf, es folgte der Pfiff des Schaffners und der Zug fuhr an.
Wir suchten uns freie Plätze, setzten uns und schauten uns dann erst mal verdutzt an. Man hatte den ganzen Zug solange angehalten, bis wir soweit waren.
Unwillkürlich stellte ich mir so eine Szene an einem deutschen Bahnhof vor, dachte an mein Erlebnis vom Vortag mit der bayrischen Landesbahn und hakte es ab – unmöglich bei uns.
Kurz nach der Abfahrt kam der Kontrolleur, prüfte unsere Tickets und erklärte auch gleich, dass wir dann bald würden umsteigen müssen.
In Mallow, einem Bahnhof von der Größe einer größeren Straßenbahnhaltestelle, stiegen wir aus und waren wieder mal planlos. Kein Fahrplan, keine Anzeigetafel, nicht einmal Nummern an den die Gleisen.
Dafür stand auf dem Gleis direkt neben unserem ein abfahrbereiter Zug. Ich entschloss mich kurzer Hand, die Hilfsbereitschaft der irischen Bahnangestellten noch einmal auf die Probe zu stellen und ging zu dem Schaffner in der offenen Waggontür.
Noch bevor ich etwas sagen konnte, grinste er mich an, fragte, ob es nach Tralee gehen soll und erklärte mir auf mein verwundertes Nicken hin, dass wir gleich da drüben zu Gleis eins müssten und einfach den zweiten Zug nehmen sollten, der dann bald einfahren würde. Wir sollten aber auch wirklich die Geduld aufbringen und erst den zweiten Zug nehmen. Nicht den Ersten! Und auf Gleis eins! Den zweiten einfahrenden Zug!
Nachdem er sicher war, dass ich es auch wirklich verstanden hatte – Gleis eins, den zweiten Zug, also geduldig sein – war er eindeutig zufrieden, verabschiedete sich mit einem Lächeln und schloss hinter sich die Waggontür.
Ich gestehe, ich war baff erstaunt. So viel Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit war ich aus Deutschland nicht gewohnt.
Vierzig Minuten später („etwas geduldig sein“ heißt in Irland eindeutig etwas anderes als bei uns) saßen wir dann wieder im Zug, diesmal auf direktem Weg nach Tralee.
Vom dortigen Bahnhof war es dann ein etwa viertelstündiger Fußmarsch zu unserem ersten BnB, dem „The Willows“.
Unser Empfang durch den Hausherrn Tim fiel eher wie das Heimkommen eines weg gewesenen Familienmitglieds aus. Wir hatten kaum Gelegenheit, uns vorzustellen, geschweige denn zu sagen, dass wir via Hillwalk Tours eine Übernachtung hatten buchen lassen, als wir auch schon halb in den Hausflur geschoben wurden und uns Mary, ihres Zeichens Hausherrin, genauso freundlich begrüßte wie ihr Mann. Andy und ich waren aus Schottland schon viel Herzlichkeit gewohnt gewesen, aber das hier war noch einmal eine Klasse für sich. Erstaunlicher Weise sollte das den ganzen Dingle-Way über so weitergehen – egal in welchem BnB wir übernachten würden.
Kaum war die Vorstellungsrunde erledigt, als Tim sich schon bei mir zu entschuldigen begann. Sie hatten in der Nacht zuvor einen Heizungsschaden oder einen Rohrbruch oder irgendetwas mit Wasser gehabt. Leider war er so aufgeregt und sprach dermaßen schnell, dass ich mit meinem doch an sich relativ gutem Englisch völlig auf der Strecke blieb. Jedenfalls war in meinem eigentlichen Zimmer der Teppich noch total nass und das Zimmer deshalb unbewohnbar.
Sie hatten mich folglich in einem kleinen Nebengebäude untergebracht.
Während also Andy und Susi nach ungefähr drei Schritten im Flur rechts in ihr Zimmer abbogen, wurde ich durch das Haus geführt, folgte Tim durch den Frühstücksraum und den Hinterausgang und ein kleines Tor im Zaun. Vor uns war ein Haus, was von den Abmessungen eher einer etwas größeren deutschen Garage ähnelte. Er führte mich hinein, entschuldigte sich dabei unentwegt und zeigte mir mein Heim für die nächsten 15 Stunden. Während er sich noch laufend dafür zu rechtfertigen versuchte, dass es hier hinten leider kein Wi-Fi gäbe (in BnBs ist