Keine Angst vor Flüchtlingen. Antonio Rudolphios

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Keine Angst vor Flüchtlingen - Antonio Rudolphios

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ist der seit Jahren andauernde Bürgerkrieg in Syrien. Aus anfänglich friedlichen Protesten gegen Unterdrückung und Geheimdienst-Verfolgung haben sich nach und nach militante Auseinandersetzungen entwickelt. Das seit Jahrzehnten herrschende Regime ist massiv mit Waffengewalt gegen die eigene Bevölkerung vorgegangen. Syrien ist so undurchschaubar wie kaum zu verstehen. Verschiedene Interessengruppen und Widerstandsbewegungen bekämpfen sich teils gegenseitig und waren lange Zeit nicht einheitlich gegen den repressiven Staatsapparat zusammen zu bringen. Zudem haben ausländische Mächte unterschiedliche Interessen in Syrien.

      Nicht zuletzt handelt es sich hier auch um eine Art Stellvertreterkrieg wie zu Zeiten des Kalten Krieges zwischen Ost und West. Russland und Amerika lassen hier die Muskeln gegeneinander spielen. Die einen unterstützen das herrschende Regime und wollen ihren Fuß im mittleren Osten behalten. Und die anderen unterstützen Widerstandskämpfer gegen Syriens Machthaber Assad. Dazu kommt die Terrororganisation ISIS, die weite Teile des Landes unter ihre Kontrolle gebracht hat und eine Schreckensherrschaft in ihrem Einflussbereich etabliert. Syrien ist heute ein Fleckenteppich unterschiedlicher Machtgruppen. Der Bürgerkrieg hat inzwischen Hunderttausenden das Leben gekostet, Millionen sind auf der Flucht. Auf dem Rücken der Bevölkerung wird ein unmenschlicher Krieg geführt. Zurück bleiben die Alten und Schwachen, die sich eine Flucht gar nicht erst leisten können. Die Fluchtwege führen über die Türkei, Jordanien und den Libanon, die notdürftige Flüchtlingscamps meist in Zelten eingerichtet haben.

      Aber Syrien ist nicht allein der Grund. Die vornehmlich von den USA geführten Kriege gegen Afghanistan (als Folge der Anschläge vom 11. September 2001 in Amerika durch die von Afghanistan ausgehende Terrororganisation Al Kaida) und gegen den Irak (wegen vermeintlicher Chemiewaffen und terroristischer Unterstützung) haben zu weiteren Flüchtlingstrecks geführt. Ferner ist der Zusammenbruch autoritärer Regime (bekannt unter dem Namen Arabischer Frühling) in Libyen, Tunesien, Ägypten, Somalia und in Teilen Schwarzafrikas (Mali, Nigeria, Sahel-Zone) mit ein Grund für so viele Flüchtlinge. Bürgerkriege in unterschiedlichen Teilen der Welt sowie Verfolgung bestimmter Volksgruppen komplettieren das sehr komplexe Bild der modernen Völkerwanderungen.

      Last but not least verlassen viele Menschen aus rein wirtschaftlichen Gründen ihre Heimat: Arbeitslosigkeit, Armut, geringe Zukunftschancen, Existenznot bis hin zur Todesangst. Vor allem vom Balkan (Ungarn, Rumänien, Mazedonien, Albanien, Kosovo, Bulgarien, Ukraine, Serbien) strömen so genannte „Wirtschaftsflüchtlinge“ nach Westeuropa.

      Was sind die Folgen der Völkerwanderung?

      Eine zunehmende Abschottungs-Politik mancher Länder führt dazu, dass die Fremden überwiegend nach Deutschland, Italien, Griechenland, Frankreich, Spanien, die Benelux-Staaten und Nordeuropa sowie England drängen. Ein Teil Westeuropas schottet sich ab, macht die Grenzen dicht, errichtet hohe Schutzzäune oder kontingentiert strikt den Zufluss wie Polen, Österreich oder Ungarn. Ein anderer Teil hält seine Übergänge offen und lädt damit geradezu Asylanten ein. Das ist natürlich im eigenen Land nicht von allen Seiten gern gesehen, weil eine gerechte Verteilung der Lasten unter den Europäern gefordert wird. Bisherige Verteilungspläne haben nicht funktioniert. Spannungen entstehen unter einst guten Nachbarn. Die Völkerwanderung ist nämlich real und kann nicht durch Schutzwälle weggezaubert werden. Irgendwohin müssen diese Menschen ja gelangen. Man kann sie nicht in Wind und Wetter vor den Zäunen einfach stehen lassen. Warum nehmen Österreich, Ungarn und Polen nicht mehr Menschen auf, warum verschärft England den Zuzug Fremder? Warum fühlen sich Griechenland, die Türkei und Italien überlastet, wieso haben Frankreich und Spanien Probleme genug?

      Die klassischen Durchgangsstationen sind die Türkei, Griechenland und Italien, weil sie direkt an die Problemzonen angrenzen. Sie bilden quasi die Außengrenzen Westeuropas zu den Bürgerkriegsgebieten, den Puffer also. Frankreich und Spanien haben genau dieses Problem gegenüber Afrika, wo teils auch über ihre Enklaven Flüchtlinge aus Schwarz-Afrika in Scharen über Grenzzäune klettern. Wer einmal in Europa ist, kann nicht so einfach wieder weggeschickt werden. Die direkten Folgen sind eine Überlastung weniger Staaten, in die ja auch die meisten Fremden weiterziehen wollen, und ein radikales Begrenzungs-Kontingent in anderen Ländern, die damit ihre eigenen Probleme stark minimieren. Dabei geht es gar nicht mal um Geld als Ausgleich für zusätzliche finanzielle Auswirkungen der Aufnahme-Staaten. Denn das ist da. Die Europäische Union erstattet solchen Ländern Milliarden für den Flüchtlingsstrom, die über Gebühr aufnehmen. Hier zeigt sich Fremdenfeindlichkeit bis hin zum Rassismus in sehr subtiler Form. Man spricht es nicht offen aus, aber es ist doch nichts anderes. Das Problem behalten allein die Länder, die Flüchtlinge willkommen heißen und alles Erdenkliche tun, um ihnen eine neue Heimat zu bieten. Mit Problem ist auch hier weniger das finanzielle gemeint. Vielmehr geht es hier um die gesellschaftliche Integration, um das Schaffen von Zukunftsperspektiven, um die logistische Bewältigung des Zustroms mit menschenwürdigen Unterkünften, um die Infrastruktur, um das Bereitstellen von Jobs und Schulen, um Sprachkurse und so weiter. Außerdem sind Millionen überwiegend muslimischer Flüchtlinge in allein einem Jahr für Deutschland mit christlich-humanistisch geprägten Werten erst einmal zu bewältigen und der eigenen Bevölkerung ohne Angst zu vermitteln.

      Wie kommen Immigranten zu uns?

      Bekannt wurde die Völkerwanderung durch schreckliche Szenen gekenterter Boote und vieler Tote wie das vom Meer angespülte Kleinkind an einem Strand. Auf legalem Weg per Flugzeug, Bus oder Zug geht die Flucht in den seltensten Fällen. In Syrien wird kaum jemand ein Visum bekommen, um nach Deutschland oder in andere Länder Europas auszureisen, zumal die Flüchtlinge in umkämpften Gebieten leben und keinen Zugang zu einer westeuropäischen Auslandsvertretung haben.

      Einige wenige Fachkräfte wie Ärzte oder Computer-Experten partizipieren vielleicht davon, zudem solche Menschen, die bereits Verwandte in Europa haben. Also machen sich die meisten auf eine gefährliche illegale Flucht durch Kriegsgebiete oder mit Hilfe von kriminellen Schleusern, die sie auf unzureichend gesicherte Boote ins Meer setzen und sie so ihrem Schicksal überlassen. Die Flucht über den Seeweg im Mittelmeer ist äußerst riskant. Die so genannte Balkanroute über Griechenland, Mazedonien, Ungarn und Österreich zwingt den Flüchtlingstreck immer wieder auf andere Strecken, weil Grenzen plötzlich versperrt sind.

      Diese Route ist auch zum Teil dicht gemacht worden durch die betreffenden Staaten. Sie harren vor Zäunen und anderen Grenzbefestigungen aus, werden zurückgehalten oder überfüllte Bahnhöfe reichen für ihren Abtransport nicht aus. Mit ihrem letzten Hab und Gut warten sie auf die Weiterreise unter freiem Himmel oft tagelang. Die Durchzugsstaaten sind überfordert – selbst mit der notdürftigen Versorgung mit Wasser und Nahrungsmitteln. Die Kapazitäten der Länder, die Fremden in Bussen weiterzuleiten, stossen an ihre Grenzen. Flüchtlinge nehmen oft tagelange Fußmärsche auf sich, um endlich in Aufnahmelager zu kommen. Der Seeweg von der Türkei nach Griechenland oder Afrika nach Italien galt lange als der hoffnungsvollste Fluchtweg, bis erschreckende Bilder von gekenterten Booten Menschen abschreckten. Es blieb teils nur noch der Landweg von Syrien über die Türkei in den Balkan. Immer wieder suchen diese Menschen neue Wege, weil Grenzen plötzlich dicht gemacht wurden. Kaum jemand wagt den Weg nach Russland, Polen oder in die Ukraine und Weißrussland, weil sie dort keine Perspektiven sehen. Die Hauptlast des Flüchtlingsproblems trägt daher Westeuropa alleine. Die Verursacher-Länder wie die USA oder Russland bleiben weitgehend geschont.

      Die Europäische Union versucht eine Einigung mit Griechenland und der Türkei zu erzielen, die Flüchtlinge direkt hinter der Übertritts-Grenze

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