De Chlapf im Bundeshuus. Rubi Fox

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De Chlapf im Bundeshuus - Rubi Fox

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brauchst halt ein Erstklass-Essen, so mit vier fünf Gängen. Mir aber genügt der Frass aus der Stadtküche. Es gibt da zwar keine Abwechslung,

      dafür kostet der Scheiss nichts. Die könnten sich ruhig etwas mehr Mühe geben.” Maria zieht die Zigaretten aus ihrer Tasche und steckt sich wieder eine an. “Willst du auch eine?” Überrascht, dass ihm eine seiner eigenen Zigaretten offeriert wird, greift er zu.

      “Du sagst, du brauchst Freiraum. - Jeder Mensch hat Freiraum, auch die, die arbeiten.”

      Das Mädchen lacht: “Das bisschen Freizeit nach dem Feierabend meinst du? Das kann doch nicht das Leben sein!”

      “Dann darfst du dich aber auch nicht beklagen, du lebst so, wie du gerne willst. Sagst zwar, dass es sehr hart wäre, aber was glaubst du, wer bezahlt dein Essen in der Stadtküche?”

      Das Mädchen antwortet nicht sofort, fährt sich mit ihren Fingern durchs Haar, sie denkt nach. “Die Stadt hat ja genügend Kohle, die sollen für uns armen Teufel aufkommen.”

      “Schon, aber was glaubst du, woher dieses Geld kommt? - Genau, von all denen, die arbeiten und Steuern zahlen. Wer zahlt dann, wenn alle aufhören zu arbeiten, wenn alle mehr Freiraum möchten?”

      Das Mädchen schüttelt den Kopf.

      “Ach, leck mich, du bist auch so ein kapitalistisches Schwein. Geh nach Hause, geh arbeiten, damit die Stadt mir meinen Freiraum weiterhin finanzieren kann.”

      Roger Zweifel ist sprachlos. Seine Gesprächsparterin dreht sich um und geht in die entgegengesetzte Richtung weiter. Warscheinlich sucht sie sich ein Nachtlager unter der Brücke.

      Auch Roger Zweifel geht kopfschüttelnd weiter. “Ist das Dummheit, ist das Faulheit, ist das Unzufriedenheit mit sich selbst?” sinniert er vor sich hin.”Oder bin ich, sind wir alle, die arbeiten die Dummen?”

      Jakob Seiler wird 90

      Gut gehts ihm, dem Jakob Seiler. Seit 18 Jahren wohnt er bei seinem Sohn und dessen Familie in einem schönen Einfamilienhaus am Rande einer kleineren Stadt. Seine geliebte Frau starb vor 20 Jahren nach einer schweren Krankheit. Aber ihm, dem Jakob Seiler fehlt eigentlich nichts, abgesehen von kleineren Altersbeschwerden, über die andere bereits mit fünfzig oder sechzig klagen. Verträumt sitzt der weisshaarige Urgrossvater in seinem Lehnstuhl und schaut aus dem Fenster. Er beobachtet die zierlichen Vögel, die auf dem Fenstersims hin und her tanzen und die ausgelegten Kernen aufpicken. Ein friedlicher Tag. Nichts deutet darauf hin, dass Jakob Seiler heute seinen neunzigsten Geburtstag feiert. Plötzlich, wie auf ein Kommando, fliegen sämtliche Vögel davon. Jakob streckt seinen Kopf etwas näher gegen das Fenster. Er will wissen, was die Vögel aufgeschreckt hat. Zuerst sieht er nichts, doch nach wenigen Augenblicken bemerkt er den Briefträger, der sich mit seinem Mofa dem Haus nähert.

      Kurze Zeit später klingelt es auch schon an der Haustüre. Opa Seiler richtet seinen Blick auf die Türe, durch welche soeben seine Schwiegertochter das Wohnzimmer betritt. Marianne Seiler reicht ihm eine Handvoll Post hin. “Da, Opa, das ist für Dich. Das sind sicher alles Gratulationen.” Der Jubilar legt seine Geburtstagspost auf das Salontischchen.

      “Ich werde diese Briefe und Karten erst nach dem Essen lesen.”

      Nach dem festlichen Mittagsmahl ist die ganze Familie bei Kaffee und Kuchen im Wohnzimmer versammelt. Opa Seiler nimmt einen riesigen Blumenstrauss von seiner Enkelin entgegen. Sein Sohn reicht ihm die kurz vor Mittag eingetroffene Geburtstagspost hin. “Soll ich Dir die Briefe öffnen?”

      “Du könntest sie mir vorlesen. Du weisst ja, meine Augen sind nicht mehr die besten.”

      Sein Sohn öffnet die erste Karte und liest vor:

      “Lieber Jakob,

       zu Deinem Geburtstag wünschen wir Dir alles Gute und weiterhin beste Gesundheit.

       Deine Lilly, Marcel und Kinder.”

      “Äh, sag mal, die Lilly, das ist doch die Tochter meines Bruders?” erinnert sich Jakob Seiler, während sein Sohn bereits den nächsten Brief öffnet. “Der ist von der AHV. Was haben die dir wohl zu schreiben?”

      “Sehr geehrter Herr Seiler,

       zu Ihrem hohen Geburtstag möchten wir Ihnen herzlich gratulieren und wünschen Ihnen alles Gute.

       Leider müssen wir Ihnen mitteilen, dass Sie mit dem Erreichen Ihres neunzigsten Altersjahres die statistische Altersgrenze um die im Gesetz verankerten 15 Jahre überschritten haben und wir Ihnen deshalb nach Paragraph „soundso“ keine weiteren Renten mehr überweisen dürfen. Es tut uns ausserordentlich leid, aber unsere Erkundigungen über Sie haben ergeben, dass es Ihnen gut geht und dass Sie bei der Familie Ihres Sohnes gut untergebracht sind. Zudem haben unsere Abklärungen auf dem Gemeindesteueramt ergeben, dass Sie über ein beträchtliches Vermögen verfügen, welches Sie während Ihrer Rentenzeit sogar noch aufstocken konnten. Aus diesem Grunde greifen wir auf den vom Bundesrat erlassenen Spezialartikel zurück, wonach Ihre Altersrente gemäss folgender Begründung ab sofort aufzuheben ist: Der Bundesrat hat beschlossen, sämtliche Altersrenten zu reduzieren, wenn der oder die bezugsberechtigte Person ein eigenes Vermögen aufweist aus dem ein Zinsertrag von Fr. 12250.35 resultiert.

       Lebt der oder die bezugsberechtigte Person zudem unter dem gleichen Dach mit direkten Verwandten wie Sohn oder Tochter, wird die Rente gänzlich gestrichen. Diese Massnahme musste aus folgenden zwingenden Gründen eingeführt werden: Die Existenz unserer staatlichen Altersvorsorge ist ernsthaft gefährdet. Der Bundesrat musste feststellen, dass in den vergangenen fünf Jahren nicht nur weniger geraucht und getrunken wurde, (die AHV wird ja bekanntlich zu einem grossen Teil von der Tabak- und Alkoholsteuer finanziert) sondern dass zudem immer weniger junge Leute einer geregelten Arbeit nachgehen. Erschwerend kommt hinzu, dass immer mehr Erwerbstätige bereits mit fünfzig oder fünfundfünfzig Jahren in Frührente gehen oder aus uns nicht bekannten Gründen ihre Arbeit aufgeben. Die Ausgleichskasse funktioniert nach dem Prinzip des Umlageverfahrens. Und obwohl wir den AHV-Beitrag der arbeitenden Bevölkerung bereits um zehn Prozent erhöht haben, ist es uns nicht gelungen, die nötige Finanzierung zu sichern.

       Es tut uns aufrichtig leid, Ihnen, lieber Jubilar, keinen besseren Bescheid geben zu können. Wir wünschen Ihnen trotzdem einen geruhsamen Lebensabend im Kreise Ihrer Familie und grüssen Sie

       mit vorzüglicher Hochachtung.”

      “PS: Sollte aus gesundheitlichen Gründen eine Einweisung in ein Alters- oder gar Pflegeheim notwendig sein, haben Sie die Möglichkeit, unter Benutzung des Formulares A.0203b den Antrag für die Wiederaufnahme Ihrer Rente einzureichen.”

      Jakob Seiler konnte noch zwei Monate bei seiner Familie bleiben. Dann musste er in das örtliche Alters- und Pflegeheim eingewiesen werden. Sein Antrag für die Wiederaufnahme seiner Rente wurde nach elf Monaten bewilligt - drei Wochen nach seiner Beerdigung!

      Die Martys machen eine Erbschaft

      Brigitte und Walter Marty sind seit zweiundzwanzig Jahren verheiratet, kinderlos und beide berufstätig. Walter ist Prokurist in einer grossen Industriefimra, seine Frau Brigitte führt eine eigene Boutique

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