Die Marquise. George Sand

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Die Marquise - George Sand

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Ich trat in die Welt ein mit Vorstellungen, die ganz und gar falsch waren, mit Vorurteilen, die mein ganzes Leben nicht hat in ihr Gegenteil umkehren können.

      Mit sechzehneinhalb Jahren war ich Witwe; und meine Schwiegermutter, die mich – gerade wohl wegen meines gänzlichen Mangels an Geist und Energie – in ihr Herz geschlossen hatte, setzte mir mit Ratschlägen zu, mich wieder zu verheiraten. Nun ja, ich war schwanger, und das schmale Wittum, das man mir eingeräumt hatte, mußte an die Familie meines Gatten heimfallen, gesetzt, ich wollte seinem Kinde und Erben einen Stiefvater geben. Kaum daß meine Trauerzeit um war, führte man mich also wieder ein in die Welt. Ich sah mich bald umgeben von Bewerbern. Ich stand damals im Glanze meiner Schönheit, und nach Meinung aller meiner Artgenossinnen gab es kein Gesicht und keine Taille, die sich mit meinen Frauenreizen hätten messen können.

      Aber mein Gatte, dieser alte, blasierte Lebemann, der für mich nie etwas anderes als ein ironisches Lächeln gehabt und der mich nur heimgeführt hatte, um sich eine Stellung zu ergattern, die ihm mit Rücksicht auf mich zugesichert war, dieser Mann hatte mir eine so große Abscheu gegen das Eheleben hinterlassen, daß ich mich nie mehr dazu bereit erklären wollte, einen neuen Heiratskontrakt einzugehen. In meiner Unerfahrenheit stellte ich mir vor, daß alle Männer von seiner Art wären, daß sie einer wie der andere diese selbe Dürre des Herzens, diese erbarmungslose Ironie, diese kalten und beleidigenden Zärtlichkeiten hätten, mit denen er mich so gedemütigt hatte. So beschränkt ich war, ich hatte recht wohl herausgefühlt, daß die seltenen Liebesanwandlungen meines Gatten sich nur den Reizen der schönen Frau zuwandten und daß er ihre Seele für nichts achtete. Ich blieb für ihn die dumme Gans, über die er in der Öffentlichkeit rot anlaufen konnte und die er am liebsten hätte verleugnen wollen.

      Dieser düstere Eintritt in das Leben nahm mir alle Illusionen – für immer. Mein Herz, das vielleicht nicht für solche Kühle geschaffen war, zog sich in sich zusammen und verschloß sich in Mißtrauen. Ich faßte eine Abneigung, einen Widerwillen gegen die Männer. Ihre Huldigungen kamen mir wie Hohn vor. Ich sah in ihnen nur Schufte, die sich zu Sklaven machten, um Tyrannen zu werden. Ich brachte ihnen ein Ressentiment, einen anhaltenden Haß entgegen. Wenn man keine Tugend nötig hat, hat man keine – und so war ich, bei strengstem moralischem Lebenswandel, durchaus alles andere als tugendhaft zu nennen. Oh, wie bedauerte ich, es nicht sein zu können! Wie sehr hatte ich Verlangen nach jener sittlichen Kraft und frommen Art, die ihrer Leidenschaften Herr wird und das Leben in Licht und Farbe taucht! Mein Leben war so kalt, so nichtig! Was alles hätte ich nicht gegeben für solche Leidenschaften, die ich hätte unterdrücken, mit denen ich hätte im Kampf liegen und ringen können – wenn ich mich hätte auf die Knie werfen und beten können wie jene jungen Frauen, die ich beim Verlassen der Klosterschule sah, wie sie sich anständig hielten in der Welt, Jahre hindurch, und mit ihrer Willensstärke immer wieder Widerstand leisteten! Und ich Unglückliche, was hatte ich in der Welt zu tun? Nichts als mich herauszuschmücken, mich zu zeigen und mich zu langweilen. Ich hatte kein Herz, keine Gewissensbisse, keine Ängste und Bängnisse: Mein Schutzengel schlummerte, statt zu wachen. Die Heilige Jungfrau und ihre Keuschheitsmysterien hatten für mich keine Tröstung, keinen Zauber mehr. Ich hatte kein Bedürfnis nach himmlischem Schutz: Die Gefahren waren nicht für mich geschaffen, und ich verachtete mich um deswillen, wofür ich mich hätte glücklich preisen sollen.

      Denn – ich muß es Ihnen sagen: Ich maß ebensosehr mir selbst wie den andern die Schuld zu, wenn ich in mir diesen kraftlosen, verkümmerten Willen, nicht zu lieben, fand. Den andern Frauen, die mich eifrig zur Wahl eines Ehemannes oder eines Liebhabers überreden wollten, hatte ich wiederholt mein Gefühl des Abgestoßenseins anvertraut, das mir die Undankbarkeit, der Egoismus und die Brutalität der Männer einflößten. Sie lachten mir ins Gesicht, wenn ich so redete, und versicherten mir, es wären doch nicht alle so wie mein alter Eheherr, und sie hätten ihre geheimen Vorzüge, die ihre Fehler und Laster verzeihlich machten. Diese Vernünfteleien brachten mich nur noch mehr auf: Ich fühlte mich als Frau doppelt erniedrigt, wenn ich andere meines Geschlechtes ihren Empfindungen solch groben Ausdruck geben und sie wie toll lachen hörte über die Scham- und Zornröte, die mir ins Gesicht stieg. In solchen Augenblicken bildete ich mir ein, mehr zu gelten als sie alle.

      Und dann fiel ich in meinen alten Schmerz zurück. Der Verdruß nagte an mir. Das Leben der ändern war erfüllt, das meine war leer und öde. Ich klagte mich der Verrücktheit, des maßlosen Verlangens an. Ich fing an, alles für wahr zu halten, was diese lachenden, lebensklug schwätzenden Frauen, die ihre Zeit so nahmen, wie sie war, mir vorerzählten. Ich sagte mir, daß meine Unerfahrenheit mich dem Leben entzogen, daß ich mir wahnhafte Illusionen zusammengesponnen, mir Gaukelbilder von wahrhaft vollkommenen Männern – wie sie gar nicht von dieser Welt sein konnten – erträumt hatte. Mit einem Wort, ich klagte mich selbst allen Unrechts an, das man gegen mich gehabt hatte.

      Solange die Frauen hofften, mich bald zu ihren Maximen bekehrt zu sehen und zu dem, was sie ihre ›Lebensklugheit‹ nannten, solange ertrugen sie mich. Es war sogar mehr als eine, die auf mich ihre große Hoffnung setzte zur Rechtfertigung ihrer selbst, mehr als nur eine, die von übertriebenen Bekundungen einer verbissenen Tugendhaftigkeit übergegangen war zu einer mehr als leichtsinnigen Lebensführung und sich nun schmeichelte, auch mich bald der Welt das Beispiel einer Leichtfertigkeit geben zu sehen, die fähig wäre, ihre eigene zu entschuldigen.

      Aber als sie sahen, daß nichts davon in Erfüllung ging, daß ich bereits eine Zwanzigjährige war und noch immer einen unsträflichen Lebenswandel führte, packte sie Wut und Haß gegen mich; sie behaupteten, ich sei ihr leibhaftiges kritisches Gewissen, sie zogen mich vor ihren Galanen ins Lächerliche, und meine Besiegung wurde zum Gegenstand ihres ehrenabschneiderischsten Ränkespiels und unmoralischsten Vorgehens gegen mich. Frauen von höchstem Rang in der Welt konnten, ohne schamrot zu werden, lachend die infamsten Komplotte gegen mich inszenieren; und bei der Sittenfreiheit unseres Landes wurde ich das Ziel aller möglichen Angriffe, die mit einer Zudringlichkeit unternommen wurden, die fast an Haß grenzte. Es gab Männer, die ihren Mätressen versprachen, mich kirre zu machen, und Frauen, die ihren Liebhabern erlaubten, das bei mir zu probieren. Es fanden sich vornehme Gastgeberinnen, die sich erbötig zeigten, bei ihren Haussoupers meine Vernunft mit Hilfe ihrer Weine ins Schwanken zu bringen. Ich hatte Freunde und Verwandte, die mir, um mich in Versuchung zu führen, Männer vorstellten, aus denen ich hätte recht nette Kutscher für meine Equipage machen können. Da ich die Naivität hatte, ihnen meine ganze Seele aufzudecken, waren sie sehr wohl im Bild, daß es weder fromme Tugend noch stolzes Ehrgefühl, noch auch eine alte Liebe war, die mich zurückhaltend sein ließ, sondern einfach das Mißtrauen und ein Gefühl instinktiven Abgestoßenseins. Sie verfehlten nicht, alles, was sie über mich wußten, unter die Leute zu bringen, und ohne sich Gedanken zu machen über die Beunruhigungen und Bängnisse meiner Seele, verbreiteten sie frei und kühn, ich verachtete alle Männer! Es gibt nichts, was sie mehr verletzt als das – eher noch könnten sie leichtfertiges Geschwätz und dumme Hochmütigkeit verzeihen. Und daher teilten sie die Abneigung, die ihre Bundesgenossinnen gegen mich hatten. Sie suchten mich nur mehr, um ihre Rachegefühle zu kühlen und mich dann dem Spott und Gelächter preiszugeben. Auf allen Stirnen fand ich die Ironie und die Verstellung geschrieben, und mein Menschenhaß wuchs darüber von Tag zu Tag mehr.

      Eine Frau von Geist hätte aus all dem ihre Konsequenz für sich gezogen: Sie hätte in ihrer Widerstandskraft beharrt, und wäre es auch nur, um dadurch die Wut ihrer Rivalinnen zu steigern. Sie hätte sich offen und vor aller Welt der Frömmigkeit in die Arme geworfen und sich fest verbunden mit der Gesellschaft, der kleinen Schar tugendhafter Frauen, die – selbst zu jenen Zeiten – die Erbauung aller wahrhaft feinen Geister bildeten. Aber ich hatte nicht so viel Charakterstärke, dem Gewitter die Stirn zu bieten, das gegen mich losgrollte. Ich sah mich allein gelassen, mißkannt, gehaßt. Schon spürte ich meinen Ruf das Opfer der scheußlichsten, abwegigsten Ehrabschneidereien werden. Gewisse Frauen, die sich den zügellosesten Ausschweifungen hingaben, stellten sich plötzlich, als sähen sie in meiner Nähe sich und ihren Ruf gefährdet.

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