Liebe im Exzess. Eliza Haywood
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In der Zwischenzeit erging sich die arme Alovisa in den schlimmsten Befürchtungen; jede Stunde, die sie zählte, erschien ihr wie eine Ewigkeit, und beim ersten Dämmern des Tages erhob sie sich und rief nach ihren Dienerinnen, die überrascht waren, sie so verstört vorzufinden. Sie wies sie an, ihre Edelsteine möglichst wirkungsvoll auf ihren Kleidern anzubringen, während sie ihren Spiegel in der Frage zu Rate zog, wie sie sich kleiden solle, ob mit einer heiteren, einer schmachtenden, einer besonnenen, einer gebieterischen oder einer demütigen Note, und probierte und verwarf alles tausend Mal. Und kaum hatte sie sich für etwas entschieden, als ihr ein Page die Nachricht brachte, dass einige Damen, die zum Hof unterwegs waren, ihre Begleitung wünschten, und da sie zu ungeduldig war, um nicht zu den Ersten gehören zu wollen, schloss sie sich ihnen gleich an, gerüstet mit ihrer glitzernden Pracht, doch voller unruhiger Gedanken. Nicht lange nach ihrer Ankunft füllte sich der Salon mit Gästen; weil D´Elmont aber nicht unter ihnen war, heftete sie ihre Augen an den Eingang, wo sie ihn in jedem Moment zu erblicken erwartete.
Unmöglich ist aber ihre Verwirrung zu beschreiben, als er bei seinem Erscheinen die junge Amena hereinführte, die Tochter von Monsieur Sanseverin, eines Gentleman, der trotz eines sehr kleinen Vermögens und zahlreicher Kinder einer Schwärmerei verfallen war, wie sie unter Eltern allzu üblich ist, indem er unter Vernachlässigung aller anderen Kinder diesem Liebling seines Herzens ihren prächtigen Lebenswandel finanzierte. Für Alovisas Hoffnungen bedeutete die Schönheit und Anmut dieser Dame den Tod; sie erblickte, oder bildete sich das nur ein, eine ungewöhnliche Freude in ihren Augen und unsterbliche Liebe in denen von D´Elmont. Sofort ballten sich Verachtung, Verzweiflung und Eifersucht in ihrem Herzen und brachten es fast zum Bersten. Kein Wunder, dass die Wucht so furchtbarer Gefühle sie davon abhielt, die Gespräche der Umstehenden oder den höflichen Gruß von D´Elmont zu beachten, als er bei ihr vorbeikam, und schließlich fiel sie in Ohnmacht. Die Damen eilten ihr zu Hilfe, und ihre bezaubernde Rivalin, die zu ihren engeren Bekannten gehörte, war außerordentlich bemüht, sie wieder zu Sinnen zu bringen. Sie trugen Alovisa so schnell wie möglich in einen anderen Raum und lockerten ihr Kleid, doch es dauerte eine ganze Weile, bis sie aus der Ohnmacht erwachte. Danach wurde sie von der Scham darüber, in einer solchen Gesellschaft derart die Kontrolle verloren zu haben, und ihrer Angst, die Frauen könnten die Ursache dafür durchschaut haben, zusammen mit ihren vorherigen Qualen dermaßen gepeinigt, dass niemand noch Zweifel hatte, dass sie an den Vergnügungen dieses Festes nicht mehr teilhaben konnte. So wurde sie in ihre Kutsche gesetzt, um nach Hause gefahren zu werden.
Amena, die kaum ahnte, wie unerwünscht sie geworden war, begleitete sie dorthin, ohne die Bitten von D´Elmont zu beachten, der sie zu seiner Tanzpartnerin erkoren hatte; nicht dass er ihr in Liebe verfallen war oder zu dieser Zeit glaubte, er könnte von einer Leidenschaft gerührt sein, die er als solche für unbedeutend und eines vernünftigen Mannes unwürdig hielt. Doch das Schicksal, das von dieser Lady, die nicht minder verliebt war als Alovisa, aus dem gleichen Grund schon tausend Mal angerufen worden, schien ihr die Ehre zugewiesen zu haben, seine erste Wahl zu sein; sie war gerade aus ihrer Kutsche gestiegen, als er aus der seinen stieg und ihr seine Hand reichte; ihre Hand zitterte dabei, weshalb er sie aufmerksamer betrachtete als bei ihm üblich. Sofort glaubte er eine Spur jener Sehnsucht in ihren Augen zu erkennen, die der gefühlvolle Brief beschrieben hatte.
Amena war zu lieblich, um diesen Glauben als trügerisch erscheinen zu lassen, und so beschloss er, sich auf ein Liebesabenteuer einzulassen, ohne die Folgen zu bedenken. Da der Abend äußerst angenehm war, bat er sie um den Gefallen, mit ihm ein oder zwei Runden im Palastgarten zu spazieren. Da sie nichts sehnlicher begehrte als ein solches Gespräch, erfüllte sie ihm den Wunsch. So redete er mit ihr eine Zeitlang auf eine Weise, die sie nicht daran zweifeln ließ, dass er es sehr genoss; es war der Ausdruck, den diese Unterhaltung auf ihren Gesichtern hinterließ, der jene traurige Wirkung auf die eifersüchtige Alovisa hatte.
Kaum war sie in ihre Wohnung gebracht worden, wollte sie zu Bett gelegt werden. Die gutmütige Amena, die ihr wirklich sehr freundlich zugetan war, bot ihr an, selbst auf die Vergnügungen des Balls zu verzichten und die ganze Nacht über bei ihr zu bleiben. Die unglückliche Alovisa aber war nicht in der Verfassung, irgendjemandes Anwesenheit zu ertragen, und schon gar nicht ihre, also bat sie Amena so höflich, wie ihre Ängste es zuließen, zu gehen, denn lieber litt sie darunter, dass Amena zum Ball zurückkehrte, als dass sie ein dermaßen verhasstes Objekt, wie diese es nun geworden war, bei sich ließ. Wahrscheinlich war Amena ohnehin nicht übermäßig bekümmert über die Abweisung. Wie sich die erbarmungswürdige Alovisa, allein gelassen und dem Wirbelsturm ihrer Leidenschaft ausgeliefert, aber aufführte, können nur die erahnen, die wie sie in den Flammen der Verzweiflung geschmort haben, und auch die lebhafteste Beschreibung ihrer Gefühle würde diesen nicht gerecht werden; sie tobte und malträtierte ihr Haar und ihr Gesicht und stand auf dem Gipfel ihres Schmerzes kurz davor, Hand an ihr eigenes Leben zu legen. In diesem Aufruhr ihrer Seele verblieb sie für eine Weile, bis die Wut endlich in Tränen sich löste und ruhigeren Betrachtungen wich. Dass ihr natürlicher Hochmut sein Reich in ihrer Seele zurückeroberte, erwies ihr in dieser Lage einen guten Dienst.
„Warum rege ich mich so auf? Wie engstirnig ich doch bin!“, sagte sie sich. „D´Elmont weiß gar nicht um die Gefühle, die ich für ihn hege. Vielleicht liegt es nur an der fehlenden Ermutigung, dass mein Geliebter so lange von mir fern bleibt; mein Brief gibt keinen Hinweis auf ein Merkmal, an dem er mich von anderen unterscheiden könnte, und wer weiß, welche Künste dieses Biest anwendet, um ihn zu verführen. Ich will deshalb“, fuhr sie in besserer Stimmung fort, „seine wirre Suche lenken.“
Als ihr das durch den Kopf ging, kamen ihre Dienerinnen aus dem Nebenzimmer herein (zum Glück, weil sonst ihre gute Stimmung vielleicht wieder verflogen wäre) und erkundigten sich, ob sie irgendetwas brauche.
„Ja“, antwortete sie, und ihre Stimme und ihr Blick waren völlig verwandelt. „Ich stehe jetzt auf. Eine von euch wird mir in meine Kleider helfen, und die andere soll mir Charlo schicken, mit dem ich sofort etwas bereden muss.“
Vergeblich brachten die Dienerinnen den Gemeinplatz vor, es könnte ihrer Gesundheit schaden, ihr Bett zu einer so unpassenden Stunde zu verlassen, da es schon Mitternacht war. Sie wussten, sie war viel zu herrisch, als dass man ihr nicht gehorchen sollte, und führten ihre Befehle aus, ohne deren Vernünftigkeit in Frage zu stellen. Sie war gerade fertig, als Charlo hereingeführt wurde, der D´Elmont den Brief überbracht hatte; er ahnte bereits, um was es ging, und schloss die Tür hinter sich.
„Du solltest aufmerksam zuhören“, sagte seine Herrin, „denn was ich dir nun anvertraue, ist noch wichtiger als mein Leben.“
Der Bursche verbeugte sich mit tausend Beteuerungen seiner ergebenen Treue.
„Ich zweifle nicht daran“, sprach sie weiter. „Geh also sofort zum Hof; wenn du dich beeilst, gelangst du vielleicht noch in den Salon. Wenn nicht, bleibe unter einem Vorwand möglichst in der Nähe, bis der Ball vorbei ist. Lausche jedem Gespräch, in dem Count D´Elmont erwähnt wird; erkundige dich, mit wem