Wenn wir 1918 ……. Walter Muller

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      Walter Müller

      Wenn wir 1918…..

      Eine realpolitische Utopie

      Wenn wir 1918….

      Walter Müller

      Eine realpolitische Utopie

      Impressum

      Texte: © Copyright by Walter Müller

      Umschlag: © Copyright by Walter Brendel

      Verlag: Das historische Buch, 2022

      Mail: [email protected]

      Druck: epubli - ein Service der neopubli GmbH,

      Berlin

      Inhalt

       Kapitel 1: WIE DER TAPFERE SOLDAT SCHWEJK IN DEN GROSSEN KRIEG EINGRIFF.

      Kapitel 2: IM POLIZEIPRÄSIDIUM.

      Kapitel 3: SCHWEJK VOR DEN GERICHTSMEDIZINERN

      Kapitel 4: WIE SCHWVEJK AUS DER ANSTALT GEWORFEN WURDE.

      Kapitel 5: SCHWEJK IN DER POLIZEISTATION IN DER SALMOVA STRASSE.

      Kapitel 6: SCHWEJK KEHRTE ZU SEINEM HAUS ZURÜCK.

      Kapitel 7: SCHWEJK ZIEHT IN DEN KRIEG.

      Kapitel 8: WIE SCHWEJK AUF DEN TRAURIGEN STATUS EINES HEUCHLERS REDUZIERT WURDE.

      Kapitel 9: SCHWEJK IM GEFÄNGNIS AUF DEM PRAGER PLATZ.

      Kapitel 10: WIE SCHWEJK ZUM BURSCHEN DER MILITÄRSEELSORGE WURDE

      Kapitel 11: SCHWEJK HÄLT DIE MESSE IM LAGER.

      Kapitel 12: RELIGIÖSE KONTROVERSE.

      Kapitel 13: SCHWEJK TRÄGT DIE LETZTE ÖLUNG.

      Kapitel 14: SCHWEJK KOMMT ZU LEUTNANT LUKAS.

      Kapitel 15: CATASTROPHE.

      Zwölf Jahre. Jahre der Hoffnung, der Geduld, des Erschlaffens; Jahre immer neuer Hoffnung und Enttäuschung, der Verbitterung, der Müdigkeit, der Gleichgültigkeit und der Verzweiflung. Hunderttausend Jimmie Higgins blicken zurück auf zwölf verlorene Jahre. Treppauf, treppab sind sie gelaufen, sie haben geschwitzt, geschuftet, geredet und geschrieben, sie haben unzählige Versammlungen, Zahlabende, Kurse, Funktionär-, Kommissions- und Ausschusssitzungen besucht, haben Tausende von Mitgliedern und Abonnenten geworben, haben die Kleinarbeit bei Kommunal-, Landtags- und Reichstagswahlen getan. Zwölf Jahre lang sind sie jeden Sonntag kassieren gegangen. In rauchigen Lokalen haben sie sich bis spät nachts mit Gegnern auseinandergesetzt und gingen dann noch Plakate kleben. Und früh um fünf sind sie hundsmüde, die Margarinestulle in der Tasche, durch den grauen Morgen an ihr Tagewerk gegangen. Die Stunden, die diese Proletarier von ihrer Freizeit hingaben, — wer zählt sie zusammen? Viele hunderttausend Lebensjahre sind geopfert worden! Wofür das alles?

      Wofür? Für die „Bewegung"! Für „die größte Arbeiterpartei der Welt", für die SPD.!

      Ihre Opfer an Zeit, Geld, Kraft und Gesundheit waren das Kapital, das einzige Kapital dieser Proletarier. Sie opferten es ihrer Klasse, der schaffenden Menschheit, als Saatkorn für eine spätere gute Ernte.

      Umsonst! Geerntet haben ein paar tausend „Genossen", die es sich in Amtsstuben, in Landrats-, Reichstags-, Aufsichtsrats- und Ministersesseln bequem machten. Die Massen gingen leer aus.

      Nein! Sie sind noch ärmer geworden und noch entrechteter! Wie war das möglich? Wer ist schuld daran? Gleich Hunderttausenden habe ich oft über diese Frage nachgedacht... Die Flugblätter vom 9. November 1918, die ich diesem Buch voranstelle, gaben mir die Antwort: Wir waren blind vor zwölf Jahren. Hätten wir schärfer gesehen, hätten wir unsere Führer und den Sinn, den Wert ihrer Parolen und Taten durchschaut und als Sozialisten die Konsequenzen daraus gezogen, — die Weltgeschichte hätte einen anderen Lauf genommen. Welchen Lauf sie genommen hätte, das zu schildern versuche ich in vorliegendem Buch, das den Untertitel trägt:

      „Eine realpolitische Utopie."' Ist das nicht ein Widerspruch? Utopien nehmen Kommendes vorweg. Sie erzeugen ein zweifaches Lachen.

      Zuerst lachen die Neunmalklugen — die „Realpolitiker" — über die Phantasie des Verfassers.

      Später — nach der Verwirklichung — spottet alle Welt derjenigen, die damals lachten, als die „Utopie" noch „Utopie" war. Möge mein Buch dies Schicksal teilen.

      Lasst die Anderen lachen. Uns ist es bitter ernst, denn es geht um die Sache der ganzen arbeitenden Menschheit: um den Endkampf. Es genügt nicht, den Zustand zu zeigen, der heute sein könnte und morgen sein wird. Das wäre leicht und billig, wenn ich nicht gleichzeitig zeigte, wie das Ziel erreicht werden kann, wenn ich nicht sofort hinzufügte, dass der Sozialismus nicht von selbst kommt, sondern mit ungeheuren Anstrengungen und unter Opfern und Entbehrungen erkämpft werden muss.

      Ist der ein Utopist, der die Anstrengungen zeigt, die notwendig gewesen wären, um das zu erreichen, was heute schon Wirklichkeit sein könnte?

      Nein! Utopisten sind die anderen, die immer noch vom Hineinwachsen in den Sozialismus träumen, die „Marxismus" mit „Fatalismus" verwechseln, die immer ängstlich davor warnen, den Entwicklungsprozess zu stören oder gar zu beschleunigen.

      Nichts kommt von selbst!

      Oder ist etwa die bürgerliche Revolution von selbst gekommen? Haben Danton und Robespierre nicht gekämpft, nicht ihr Leben geopfert? Wurde die Bastille nicht erstürmt? Ist nicht Dutzend Mal Blut geflossen in den Straßen der Faubourg St. Antoine?

      Die Pseudomarxisten aber träumen davon, dass die Geburt des Sozialismus sich ohne Wehen vollziehen könne. Der Marxismus ist eine Waffe!

      Eine scharfe Waffe! Wenn man sie — wie Lenin — anwendet und nicht — wie Kautsky — im entscheidenden Moment ins Museum stellt. Der Marxismus lehrt uns, den Sinn alles Geschehens zu begreifen, lässt uns verborgene Zusammenhänge erkennen und zeigt uns, wann die gegnerische Stellung reif ist zum Sturm. Aber stürmen müssen wir selbst!

      Dreierlei ist notwendig für die Person und für die Klasse, die einen Sieg erringen will: Erkennen, Wollen und Handeln. Bloße Erkenntnis nützt nichts, wenn sie nicht durch einen festen, unbeugsamen Willen und zielbewusstes Handeln ergänzt wird. Aber auch kräftiges Wollen und tollkühnes Handeln bleiben unwirksam, wenn sie nicht mit Erkenntnis gepaart werden, wenn nicht die objektiven Voraussetzungen für die Erreichung des umkämpften Ziels vorhanden sind.

      Das ist der wahre Sinn des Marxismus! Darum nieder mit den falschen Marxisten, die uns immer noch einreden wollen, dass es auch ohne Kämpfe und Opfer gehe!

      Die objektiven Voraussetzungen für den Sieg des Proletariats waren 1918 ebenso gut vorhanden wie heute. Utopisch an dem Buch ist nur die Annahme, dass auch die Köpfe reif waren. Tausendmal haben die reformistischen Führer versucht, die Schuld an der Niederlage der Revolution auf die Unreife der Massen abzuwälzen. Sie haben recht. Aber unsere ganze „Unreife" bestand darin, dass wir uns der Führung von Leuten anvertrauten, die „überreif" waren für das Revolutionstribunal.

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