Die Macht der Geheimbünde. Walter Brendel
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Häufig betrachten sich diskrete Gesellschaften als Orden mit Initiationsregeln und -riten. Im Volksmund werden diese auch gern als Geheimbünde bezeichnet, da sie der breiten Öffentlichkeit meist unbekannt und somit suspekt erscheinen. Mitglieder haben Ordensgrade bzw. Initiierungsgrade. Die Bünde organisieren sich also entweder hierarchisch oder nach Klassen bzw. Graden. Bestimmte Teile der Lehren werden dabei nur jeweils innerhalb der „höheren“ bzw. „inneren“ Grade weitergegeben. Die Gründe sind dabei weniger konspirativ als eher philosophisch zu verstehen. Viele diskrete Gesellschaften des 18.Jahrhunderts basieren auf dem Konzept des Neoplatonismus der Renaissance und der stufenweisen Erkenntnis seiner Umwelt.
Historisch berufen sich heutige diskrete Gesellschaften in aller Regel entweder auf die Gralsritter, die Templer, die Freimaurer, die Rosenkreuzer oder den Illuminatenorden. Es gibt auch christliche „diskrete Gesellschaften“ wie Opus Dei oder der Orden vom Goldenen Vlies.
Davon abzugrenzen sind Organisationen, deren Ziel weniger die Bewahrung und Weitergabe von Kenntnissen ist, sondern der geheime Aufbau eines Netzwerkes von Personen mit gleichen Zielen. Bei diesen Organisationen wird in der Regel die Mitgliedschaft, meist auch die Existenz der Organisation möglichst geheim gehalten. Die Bandbreite reicht von relativ harmlosen, kleineren Organisation zum Knüpfen wirtschaftlicher Bande (ähnlich der Funktion mancher Golfclubs) über Organisationen, die gezielt Einfluss auf Politik und Wirtschaft zu nehmen versuchen bis hin zu kriminellen Organisationen wie der Propaganda Due. An diesem Ende der Skala ist dann wiederum der Übergang zur terroristischen Gruppierung fließend.
Geschichte der Geheimbünde
Die Geschichte der Geheimbünde reicht von der Antike bis in die Neuzeit. Die folgende Darstellung folgt der jeweiligen zeitgenössischen Definition einer geheimen Verbindung.
Antike
Die Geschichte der geheimen Verbindungen kann bis in die Antike zurückverfolgt werden, als im Alten Ägypten die zahlreichen Priesterorden esoterische Lehren und Gebräuche vor dem Volk durch geheime Zeichen, Hieroglyphen, mehr verbargen als verbreiteten, als im antiken Griechenland die Mysterien aufkamen und im Römischen Reich die Pythagoreer. Auch die jüdische Sekte der Essener galt oder gilt bis heute als Geheimbund und wurde von den römischen Behörden bekämpft.
Mittelalter
Das Mittelalter wies dann zahlreiche, mit der Kirche in Widerspruch stehende religiöse Verbrüderung auf, die Tempelherren, die Katharer, Waldenser und andere.
Neuzeit (17. und 18. Jahrhundert)
Der von Adam Weishaupt in Ingolstadt gegründete Orden der Illuminaten wagte sich mit noch ungeklärten Ideen an die Politik, wo er rasch viele Proselyten machte und sich lange noch nach seiner Aufhebung 1787 insgeheim forterhielt.
Neuzeit bis 1830
Erst als Napoleon I. mit der Anarchie zugleich die Freiheit zu ersticken drohte, entstanden immer häufiger geheime politische Verbindungen, wie die der Philadelphen, die sich ungeachtet aller Gegenmaßnahmen bis zum Sturz des Kaisers hielten.
Ebenso die Charbonniers im östlichen Frankreich, deren Propaganda in Italien die Carbonari ins Leben rief. In Deutschlandhatte sich unter der napoleonischen Herrschaft die Idee desnationalen Widerstands zunächst 1808 in den Tugendbund ge-flüchtet, dessen Satzungen übrigens der Staatsregierung bekannt waren, und der bereits am 31. Dezember 1809 wiederaufgelöst wurde. Er gab anschließend noch mehrere Jahre den Namen her für alle antifranzösische Agitation in Deutschland. Wirkliche Geheimbünde deutscher Patrioten waren der Friedrich Ludwig Jahn und Karl Friedrich Friesen 1810 gegründete Deutsche Bund, der Eiserne Bund, der Bund der Charlottenburger und andere. Wie in Deutschland und Italien bildeten sich auch anderwärts Geheimbünde mit durchaus nationaler Tendenz, insbesondere als mit dem Sieg über den verhassten Napoleon das Legitimitätsprinzip zu neuer Geltung kam. Einen entschieden nationalen Charakter hatte die 1795 gestiftete und1814 erneuerte Hetärie der Griechen zur Befreiung von der türkischen Herrschaft und die seit 1817 in Polen gestifteten Geheimbünde unter den Namen des Patriotischen Vereins, den Bundes der Sensenträger, der Strahlende, der Philareten und der Templer. Die teilweise Entdeckung der Templer führte zu ihrem Zusammengehen mit dem Patriotischen Verein. Der missglückte Ausbruch der Verschwörung der Dekabristen in St. Petersburg nach dem Tod Alexanders I. hatte dann auch die Auflösung des polnischen Patriotischen Vereins zur Folge, an dessen Stelle 1828 eine geheime Verbindung zunächst der Warschauer Militärschule entstand, die, zu einem Jünglings-bunde erweitert, den Anstoß zur polnischen Erhebung 1830 gab. Auch nach der Unterdrückung dieses Aufstands dauerten die zum Teil von der Emigration in Frankreich geleiteten Versuche zur Gründung revolutionärer Gesellschaften fort und führten zu den Aufständen von Krakau, Posen und zum Januaraufstand.
Im Westen und Süden Europas war das Ziel der Geheimbünde seit der Restauration von 1815 und der damit verbundenen Reaktion neben den erwähnten nationalen Einigungsabsichten auch auf die Einführung wirklich verfassungsmäßiger Zustände gerichtet. So hatten in Italien die Carbonari - weniger die Camorra und die Mafia - in Spanien die Freimaurer und Comuneros eine liberale, zum Teil demokratische Färbung.
In Frankreich bildeten sich solche Verbindungen zunächst im Interesse der napoleonischen Dynastie unter verschiedenen Namen, wie Verein der schwarzen Nadel, der Patrioten von 1816, der Geier Bonapartes, der Sonnenritter, der europäisch-reformistischen Patrioten und der Allgemeinen Regeneration. Diese verschmolzen mit den Carbonari, so dass Paris Hauptsitz der Charbonnerie wurde. Bald nach dem Frieden entstand auch in Deutschland, vor allem am Rhein entlang, eine vom früheren Tugendbund mancher entlehnenden geheimen Verbindung, die aber bald wieder einging.
Später bildete sich aus der allgemeinen deutschen Burschenschaft ein Jugendbund (Unbedingte), zum Teil als Opposition gegen die so genannte Adelskette und gegen jesuitische Umtriebe.
Neuzeit 1830
Eine neue Phase in der Geschichte der Geheimbünde beginnt mit der französischen Julirevolution 1830. In Frankreich gingen aus der karlistischen Partei Gesellschaften hervor, wie die der Chevaliers de la legimité. Die republikanische Partei erzeugte eine neue Charbonnerie démocratique, und als Bestandteil der zahlreichen Gesellschaften der Menschenrechte bildete sich eine besondere Section d'action. Nachdem anschließend in Italien erneute revolutionäre Versuche gescheitert waren, stifteten mehrere Emigranten, u.a. Mazzini, in Opposition mit der französischen Charbonnerie, das Junge Italien. Nach dessen Vorbild entstand ein Junges Deutschland, Junges Polen, Junges Frankreich und eine Junge Schweiz, die alle als Junges Europa in gegenseitigen Austausch zu treten suchten.
Nach dem Tod Ferdinands VII. 1833 bildeten sich in Spanienaus den Überresten früherer Vereine, aus der Carbonaria und dem Jungen Europa eine Menge geheimer Gesellschaften, wieder der Isabellinos, der Hohen Templer, der Menschenrechte, der unregelmäßigen Freimaurer und das in Barcelona gegründete Junge Spanien. Diese Vereine bezweckten entweder nur eine Abwehr des karlistischen Despotismus und der Priesterherrschaft oder sie gingen auf die Wiederherstellung der Konstitution von 1812 oder der Republik aus. Ihnen gegenüber traten mehrere karlistische Vereine auf, wie die Sonnenritter, während der gemäßigte Liberalismus der Gesellschaft der Jovellanisten zuneigte. In ähnlicher Weise tauchten in Portugal