Neues Vertrauen. Ute Dombrowski

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Neues Vertrauen - Ute Dombrowski

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nach Weihnachten mit dir da runter zu fahren, aber wenn du so zickig bist, mache ich anderweitig Urlaub.“

      Im Hintergrund hörte Susanne eine Frauenstimme: „Süßer, wo gibt es denn Filtertüten?“

      „Du blöder Penner!“, schrie Susanne in den Hörer. „Verschwinde aus meinem Leben und melde dich nie wieder bei mir.“

      Wütend drückte sie den Anruf weg und warf das Handy über den Tisch.

      „Es wäre besser, wenn Sie Ihre Privatgespräche zuhause führen“, knurrte eine tiefe Stimme, als sie hochsah.

      Erics Augen funkelten böse. Seine schönen Lippen waren ein schmaler Strich. Das Handy war vor seinen Füßen gelandet. Jetzt hob er es auf und legte es auf den Tisch.

      „Das war nicht privat, das war mein Exfreund, der mich belästigt hat.“

      „Es ist egal, ob ex oder aktuell, hier trennen wir Privates und Dienstliches.“

      In Susanne brannte die Wut wie ein loderndes Feuer und so konnte sie die Worte, die ihr dann über die Lippen schleuderten, nicht aufhalten.

      „Das hat ja bei Ihnen auch nicht funktioniert.“

      In dem Moment, als es ausgesprochen war, wurde Eric blass, schluckte, drehte sich um und verließ das Büro. Die Tür knallte zu und Susanne wäre gern im Boden versunken. Sie sank auf ihren Stuhl, presste die Hände vor das Gesicht, seufzte und erschrak, als Robin vor dem Schreibtisch stand und sie ernst ansah.

      „Ähm“, begann er und zeigte hinter sich, „was ist dem denn über die Leber gelaufen? Oder hast du etwas angestellt, was ich wissen sollte?“

      „Ich bin ein Idiot“, nuschelte Susanne hinter den Händen.

      „Wie bitte?“

      Susanne nahm die Hände weg.

      „Ich bin ein Idiot.“

      Dann fasste sie kurz zusammen, wie der Morgen bisher verlaufen war.

      „Ach du Schande“, sagte Robin mitfühlend. „Das hat gesessen. Was hast du dir nur dabei gedacht?“

      „Nichts!“

      Susanne sprang auf und lief hin und her. Sie hielt den Kopf aus dem Fenster und holte so tief Luft, als wäre es ihr letzter Atemzug vor einem wahnwitzigen Tauchgang. Sie drehte sich um und sah Robin, der immer noch den Kopf schüttelte, verbittert an.

      „Es ist mir rausgerutscht. Als ich es gesagt hatte, wusste ich schon, wie schlimm es war. Aber dieser miese Phillip bescheißt mich und macht trotzdem einen auf heile Welt, da bin ich explodiert.“

      „Ah ja.“

      „Das sollte eigentlich nicht mehr passieren.“

      „Hm.“

      „Wie kann ich das nur je wiedergutmachen?“

      „Im Moment fällt mir dazu gar nichts ein. Du solltest Eric in den nächsten dreißig Jahren aus dem Weg gehen.“

      Gegen ihren Willen musste Susanne lachen, denn Robin hatte es so ernst gesagt, dass sie es fast glaubte. Dabei sah er wie ein sanftes Schaf aus. Susanne setzte sich an den Schreibtisch.

      „Ich kann mich ja auf einen Außenposten am Nordpol bewerben.“

      „Das ist eine gute Idee. Ich frage lieber nicht, was du dir an deiner alten Dienststelle geleistet hast. Meine Fantasie fährt gerade ein rasantes Kopfkino. Komm, wir verschwinden. Eric ist so viel allein, da hockt er sieben Tage die Woche auf der Arbeit herum. Ich zeige dir den Rheingau, schließlich ist Sonntag.“

      Er nickte aufmunternd und Susanne griff nach Jacke und Tasche und folgte ihm. Im Auto schwieg sie, aber Robin grübelte, wie er hinter das Geheimnis seiner Kollegin kommen könnte. Hatte sie jemanden erschossen? Nein, das konnte nicht sein, denn er selbst war ja auch noch im Dienst. Der Gedanke an den Schuss, der mit Simons Tod geendet hatte, war ihm noch immer unheimlich und belastete ihn sehr, noch dazu, weil er Bianca nicht hatte retten können.

      Aber er wollte weiter nach vorne schauen. Dass Eric das nicht konnte, tat weh und jede Bemerkung in diese Richtung war eine zu viel. Er beschloss, auf Susanne achtzugeben und sie weitgehend aus der Schusslinie zu nehmen, sonst würde sie wirklich am Nordpol enden. Es schien etwas in der neuen Kollegin zu sein, dass voller Wut und Angst war, aber es war nicht greifbar. Noch nicht.

      Sie bogen auf den Parkplatz vor dem Schloss Johannisberg ein und fuhren bis fast ans Tor. Dort stiegen sie aus und nahmen den Weg nach links, auf dem zu dieser Jahreszeit nur selten Menschen unterwegs waren. Plötzlich öffnete sich die Natur und gab einen atemberaubenden Blick auf den Rhein frei, der weit unter ihnen behäbig dahinfloss, Autos waren winzig klein und es herrschte eine durchdringende Stille.

      Susanne sank auf die Bank nieder und schwieg demütig. Dann begannen die Tränen zu laufen und sie schluchzte und schämte sich gleichzeitig für diesen Gefühlsausbruch. Robin ließ sie weinen und das rechnete sie ihm hoch an, auch, dass er nicht versuchte, sie zu trösten oder irgendwelche nichtssagenden Floskeln von sich gab. Er stand einfach nur da, die Hände in den Jackentaschen, beobachtete den Rhein und strahlte eine große Ruhe aus.

      Irgendwann waren auch Susannes Tränen versiegt und sie putzte sich die Nase. Was da alles aus ihr herausgebrochen war, konnte sie nicht in Worte fassen. Sie schnaufte und ging zu Robin.

      „Danke. Das war nötig.“

      „Weißt du, wenn du mal Hilfe brauchst oder dich nur aussprechen willst, kannst du gerne zu mir kommen. Mir ging es auch mies, aber ich habe es ganz gut unter Kontrolle. Wie sieht es bei dir aus?“

      „Mit der Kontrolle?“

      Jetzt kniff Susanne misstrauisch die dunkelbraunen Augen zusammen. Hatte Ferdinand doch etwas ausgeplaudert? Er hatte ihr versprochen, nichts zu sagen, um ihr einen wirklichen Neustart zu ermöglichen. Dann schluckte sie beschämt, denn Robin hatte ihr Misstrauen nicht verdient.

      „Ich werde es dir irgendwann erzählen, aber gib mir etwas Zeit. Ich muss das alles noch verarbeiten und zu mir selbst finden. Ich war mal erfolgreich und angesehen. Jetzt bin ich die, die strafversetzt wurde, weil ich einen Fehler gemacht habe, den ich nie wieder gutmachen kann.“

      „Ich war bei einer sehr guten Psychologin …“

      „Hör mir damit auf! Ich musste auch hingehen, aber danach ging es mir nicht besser, im Gegenteil, ich habe Dinge über mich erfahren, die ich niemals wissen wollte.“

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