Bastillesturm. Walter Brendel
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Auf Antrag von Sieyès beschlossen die Abgeordneten des Dritten Standes am 10. Juni ihre Zurückhaltung aufzugeben. Die Abgeordneten der beiden anderen Stände wurden aufgefordert, sich ihnen anzuschließen. Am Abend des 12. Juni sollte die Sitzung mit den Abgeordneten der beiden anderen Stände stattfinden, aber von diesen erschien niemand. Erst am 13. stießen drei Pfarrer dazu. In den folgenden Tagen nahm der Zulauf dann immer stärker zu. Es kam bald die Frage der Selbstbezeichnung auf. Während Mirabeau und Mounier für ein Abwarten plädierten, setzte Sieyès am 17. Juni nach einer zweitägigen Debatte den Begriff 'Nationalversammlung' durch. Am 19. Juni beschloss der Klerus mit 169 zu 157 Stimmen, sich dem Dritten Stand anzuschließen.
Als der König am 20. Juni den Sitzungssaal mit der Begründung schließen ließ, dass er für eine weitere Sitzung am 23. Juni vorbereitet werden müsse, besetzten die sich vor verschlossenen Türen einfindenden Deputierten kurzerhand die sich in der Nähe befindende Ballsport-Halle, wo sie im sogenannten Ballhausschwur gelobten, „sich niemals zu trennen, bis der Staat eine Verfassung hat […] und nur der Gewalt der Bajonette zu weichen“. Damit erklärte sich die Nationalversammlung zugleich zur Verfassunggebenden Versammlung1.
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Hauptproblem Frankreichs war tatsächlich die hohe Staatsverschuldung. Ludwig zeigte sich hier als zwar gutwilliger, aber schwacher und unentschlossener Herrscher, dem es nicht gelang, sich vom Einfluss der Entourage seiner Frau zu befreien. Die radikalen Reformen von Turgot und Malesherbes stießen auf den Widerstand des Adels, und Ludwig hatte nicht den Mut oder die Kraft, sie durchzusetzen. Turgot wurde entlassen, Malesherbes trat 1776 zurück und wurde durch Jacques Necker ersetzt.
Jacques Necker
Im Oktober 1776 wurde er von Ludwig XVI. zum Finanzminister Frankreichs ernannt, zunächst nur mit dem Titel eines Direktors der Schatzkammer, und vom 29. Juni 1777 bis zum 19. Mai 1781 als Generaldirektor der Finanzen, directeur général des finances. Er versuchte die Finanzen wieder in geregelte Bahnen zu lenken, indem er die Kopfsteuer gleichmäßiger verteilte, den vingtième d’industrie abschaffte und gemeinnützige Pfandleiheneinrichtete.
Seine wichtigste finanzielle Maßnahme war jedoch der Versuch, die französischen Schulden sowie die Einführung von Jahresrenten unter Bürgschaft durch den Staat zu finanzieren. Die Anwendung der Finanzierungsmaßnahmen war zu schwierig, um innerhalb kurzer Zeit durchgeführt zu werden, und Necker wies nur auf die zu befolgenden Leitlinien hin, anstatt den Vorgang zu vollenden. In all diesen Dingen behandelte er die französischen Finanzen mehr als Bankier denn als kompetenter politischer Ökonom. An Turgot, den berühmtesten Ökonomen seiner Zeit, reichte er nicht heran. Politisch tat der von den Ideen der Aufklärung beeinflusste Generaldirektor der Finanzen nicht viel, um die sich anbahnende Revolution abzuwenden, und seine Gründung von Provinzversammlungen war nur eine ängstliche Anwendung von Turgots ausgefeiltem Plan zur Neuorganisation der Verwaltung Frankreichs.
Im Jahr 1781 verfasste Necker seinen Rechenschaftsbericht/ Finanzbericht an den König), einen Bericht an den König über die Staatsfinanzen. Über diesen Bericht erhielt auch erstmals die Öffentlichkeit Einblick in die staatlichen Einnahmen und Ausgaben. Dieser Compte rendu ist berühmt geworden, weil durch ihn zum ersten Mal in der Geschichte des Königreichs Frankreich Zahlen über die Staatsfinanzen veröffentlicht wurden. Zudem gab er Anlass zu großen Diskussionen, weil er für das aktuelle Jahr 1781 einen ordentlichen Überschuss konstatierte. Dieser Überschuss erschien vielen Zeitgenossen und Historikern nicht glaubhaft, weil das Frankreich des Ancien Régime mit ständigen Finanzproblemen zu kämpfen hatte (siehe nächstes Kapitel).
Die Unentschlossenheit und Passivität, mit denen Ludwig auf die sich verschärfende Krise reagierte, wird von einigen Historikern auf einen Nervenzusammenbruch mit anschließendem, jahrelangem Realitätsverlust zurückgeführt. Dem hält der britische Historiker Ambrogio Caiani seinen phlegmatischen Charakter und die im 18. Jahrhundert unter Monarchen verbreitete Taktik entgegen, sich undurchschaubar zu geben und seine Motive zu verheimlichen.
Das war also die historische Ausgangslage, dessen Hauptproblem im schwachen König und der der bankrotten Lage der Staatsfinanzen war.
Der Compte rendu au Roi
Der Compte rendu enthält einen Aufsatz, in welchem Necker Rechenschaft über seine bisherige Reformpolitik gibt, und den nachfolgenden eigentlichen Finanzbericht mit den Zahlen für das Jahr 1781.
Der Aufsatz seinerseits besteht aus einem kurzen Vorwort und drei nachfolgenden Teilen. Im Vorwort wird dargelegt, wieso die Veröffentlichung der Staatsfinanzen vorteilhaft sei. Die Minister und übrigen Entscheidungsträger in der Regierung müssten den Zustand der Finanzen kennen, damit sie ihre Politik danach ausrichten könnten. Zudem zeige das Beispiel Englands, dass der Staat viel mehr Kredit bekomme, wenn er die Geheimnistuerei beende und mit offenen Karten spiele. In England werde der Finanzhaushalt jährlich dem Parlament vorgelegt und danach veröffentlicht und sei daher jederzeit bekannt. Daher finde England viel mehr Kredit, obwohl es an Bevölkerung und Fläche kleiner sei als Frankreich.
Im ersten Teil werden der Zustand der Finanzen und des öffentlichen Kredits dargelegt. Hier steht die Schlüsselstelle des Compte rendu, in welcher Necker versichert, dass trotz eines strukturellen Defizits, welches noch 1776 bestand, und trotz der großen Kriegsausgaben die Staatsfinanzen gesund seien und nun ein ordentlicher Überschuss von 10,2 Mio. Livre bestehe: „Ich beeile mich nun Eurer Majestät zu vermelden, dass, sowohl durch das Ergebnis meiner Bemühungen und verschiedener Reformen, welche Ihr erlaubt habt, als auch durch die Erhöhung Eurer Einnahmen, oder deren natürliche Steigerung, und schließlich durch die Erlöschung einiger Renten und Schuldrückzahlungen der aktuelle Zustand Eurer Finanzen derart ist, dass, trotz des Defizits von 1776, trotz der immensen Kriegsausgaben, und trotz der Zinsen für die Anleihen, welche für dessen Unterhalt aufgenommen wurden, die ordentlichen Einnahmen Eurer Majestät momentan Eure ordentlichen Ausgaben um 10'200'000 Livre übersteigen.“
Anders als im letzten Krieg (Siebenjähriger Krieg), bei welchem der französische Staat nach drei Jahren Kampf in die Insolvenz stürzte (Oktober 1759), sei diesmal auch der öffentliche Kredit stabil geblieben. Die französische Regierung finde genügend Geld, um ihr militärisches Engagement im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg zu finanzieren. Sodann kommt Necker auf die Antizipationen (kurzfristige Vorschüsse) zu sprechen, welche seiner Meinung nach nicht zu hoch sein sollten, weil diese Form von Kredit nur wenige Monate lief und daher immer wieder erneuert werden musste, was bei temporärem Austrocknen des Kapitalmarktes schwierig werden konnte. Danach werden kurz die staatliche Buchführung (comptabilité) und die Diskontbank (caisse d’escompte) angesprochen.
Im zweiten Teil werden die verschiedenen Reformen innerhalb der Finanzverwaltung erläutert. Zunächst werden die Pensionen, Gratifikationen und weiteren pekuniären Zuwendungen angesprochen (dons, croupes et pensions), ein Ausgabeposten, der im Ancien Régime ein wichtiger Schuldenfaktor war. Sodann beschreibt Necker, wie er die Profite der Finanzleute begrenzt habe, was im Zusammenhang mit dem Aufbau des damaligen Staatsapparates gesehen werden muss. Dieser war geprägt durch