Die Zeit Constantins des Großen. Jacob Burckhardt

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Die Zeit Constantins des Großen - Jacob Burckhardt

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kam diesen Bemühungen entgegen der Ingrimm der Provinzialen gegen den Wüterich, so dass dieser zum Beispiel Kärnten menschenleer und ohne alle Lebensmittel vorfand und bei seinem Einzug in das öde Haemona (Laibach) Hunderte von Wölfen zur Begleitung hatte. Seine Mauretanier und Kelten waren dadurch schon sehr verstimmt, als er vor Aquileia anlangte. Als sich diese Stadt unter Anleitung zweier Senatoren lange und verzweifelt verteidigte, schlug ihn sein darbendes Heer tot, um für sich Frieden mit den neuen Kaisern zu machen.

      Ob man klug daran tat, alle oder die meisten dieser Truppen nach Rom zu führen, können wir nicht mehr entscheiden; sie wären in den Provinzen auch gefährlich gewesen. In Rom aber waren schon des Korpsgeistes wegen zwischen dem vorzugsweise germanischen Heere der Senatskaiser und dem des Maximin heftige Reibungen zu erwarten; ohnehin musste das letztere, nach Art mancher besiegten Heere und geschlagenen Parteien, seinem Missmut irgendwo Luft machen. Das Opfer hievon wurden die beiden Senatskaiser, nach deren Ermordung Soldaten und Pöbel den noch sehr jungen Gordian (238–244) in wildem Tumulte zum Augustus ausriefen. Der Senat war überwältigt, vergab sich aber, wie es scheint, durchaus nichts; Soldaten, welche in die Senatssitzung (damals auf dem Kapitol) eindrangen, wurden am Altar der Victoria durch Senatoren niedergehauen.

      Das nächste war eine Palastregierung von Eunuchen und Intriganten um einen unerfahrenen Jüngling herum. Nach einiger Zeit nähert sich ihm ein grosser, ernster Mann, der Redner Misitheus, und weckt die edle Seite seiner Natur. Er wird, man weiss nicht wie, Vormund, Regent, auch Schwiegervater des Gordian, der ihm die beiden Präfekturen der Garde und der Hauptstadt überträgt. Die Stellung des Misitheus erinnert bis auf den Namen, den ihm der Senat gab – »Vater des Fürsten« Sein voller Titel Hist. Aug., Gord. 27: eminenti viro, parenti principum, praetorii praefecto et totius urbis, tutori rei publicae. – an die Atabeks der Seldschukensultane im zwölften Jahrhundert. Ob er sich irgend mit dem Senat ins Einvernehmen setzte, ist unbekannt; jedenfalls dauerte diese treffliche Regierung nicht lange. Auf einem sonst glücklichen Feldzuge wider die Perser erlag zuerst der Vormund dem Gifte des sogenannten Arabers Philipp; darauf machte dieser die Truppen durch eine künstliche Hungersnot schwierig, liess sich durch gewonnene Offiziere dem haltlosen Gordian als Mitregent aufdrängen und versagte ihm dann stufenweise jede Stellung, zuletzt auch das Leben.

      Auf die Todesnachricht hin griff der Senat rasch ein; aber der von ihm ernannte Kaiser Marcus der Philosoph starb bald, ebenso ein gewisser Severus Hostilianus, der sich darauf irgendwie des Throns bemächtigt hatte Zonaras XII, 18 wird hier vor der Hist. Aug., Gord., 31 den Vorzug haben müssen. Vgl. auch Zosim. I, 19.. Nun erst erkannte man auch den Philipp (244–249) an, der inzwischen nach Rom gekommen war und die wichtigsten Senatoren durch geschmeidige Reden gewann. Man tut Philipp zu grosse Ehre an, wenn man ihn für einen arabischen Scheik hält; er war aus dem verrufenen Stamme der südlichen Syrer östlich vom Jordan.

      Wenn die Herrschermacht nicht einen ganz verblendenden Reiz hätte, so könnte man diesen Menschen nicht begreifen, der da meinte, mit seinen geringen militärischen Gaben durch Verteilung der Hauptstellen an Verwandte und Vertraute das erschlichene Römische Reich bemeistern zu können. Während er in Rom das tausendjährige Säkularfest der Stadt feierte, brachen von mehrern Seiten die Barbaren ins Reich ein, und mindestens zwei Heere stellten neue Kaiser auf. In Syrien erhob sich gegen Philipps Bruder Priscus der Abenteurer Jotapian, der von Alexander dem Grossen abstammen wollte, ein Name, welchem man noch immer einen fast abergläubigen Kultus weihte Hist. Aug., XXX Tyr. 13. – Septim. Severus hatte das Grab Alexanders schliessen lassen, »damit niemand mehr dessen Leichnam sehe«. Dio Cass. LXXV, 13.. Gegen Philipps Schwiegersohn Severian in Mösien empörte sich Marinus, als in der Nähe die Goten einmarschierten.

      Die bewusste, grosse Gefahr des Reiches rief nun noch einmal den Genius Roms wach. Die zweite Hälfte des dritten Jahrhunderts ist einer von den Zeiträumen, welche in der Wertschätzung gewinnen müssten, wenn wir die Persönlichkeiten und die Beweggründe ihres Handelns besser kennten, als uns die vorhandenen Quellen gestatten. Sind auch die leitenden Männer meist keine Stadtrömer, sondern Illyrier, das heisst aus den Gegenden zwischen dem Adriatischen und dem Schwarzen Meere, so hat doch römische Bildung und Tradition, namentlich in Betreff des Krieges, sie zu nochmaliger Rettung der alten Welt befähigt. Es war jetzt kein Vergnügen mehr, sondern ein verhängnisvolles Amt, römischer Imperator zu sein; ganz Unwürdige nehmen den Purpur meistens gezwungen, und auch die Bessern drängen sich nicht mehr dazu, sondern erkennen darin Pflicht oder Schicksal. Eine gewisse sittliche Erhebung ist nicht zu verkennen.

      Mit Philipp war es angesichts jener grossen Gefahren bald vorbei. Er wandte sich ganz erschrocken an den Senat und bot seine Abdikation an; alles schwieg, bis der tapfere Decius sich zur Unterwerfung des Marinus erbot. Er führte sie durch, verlangte aber eilig seine Abberufung, weil er sah, dass bei der allgemeinen Verachtung gegen Philipp das Heer ihn bald würde zum Kaiser erheben wollen. Philipp willfahrte ihm nicht, und so geschah das Unvermeidliche Mit der dunkeln Darstellung des Ioh. Antiochenus (Fragm. 148) sind die bisherigen Annahmen über diese Ereignisse gar nicht zu vereinigen.. In oder nach einer Schlacht gegen Decius kam Philipp in Verona durch Soldaten um. Dass sein Bruder Priscus nachher noch Statthalter in Macedonien sein konnte, zeigt, dass Decius sich wegen des Geschehenen nicht zu schämen hatte. Priscus lohnte ihm in der Folge mit Verrat.

      Decius (249–251) ist überhaupt ein Idealist, mit den Illusionen eines solchen. Seine gewaltige kriegerische Kraft im Dienst einer veredelten Senatsregierung Hist. Aug., Valerian. 1 u. 2. zu üben, altrömische Sitte und Religion und durch dieselbe die Macht des römischen Namens aufzufrischen und auf ewig festzustellen – das mochten seine Pläne sein. Damit hing allerdings zusammen, dass er die Christen verfolgte; sechzig Jahre später würde er vielleicht mit demselben Eifer versucht haben, die christliche Aufopferungsfähigkeit auf die Rettung des Reiches hinzulenken.

      Dies Ziel seines Lebens zu erreichen, war ihm allerdings nicht beschieden; neben dem Einbruch der Barbaren an allen Grenzen wütete eine Hungersnot und eine Pest, welche im ganzen römischen Leben dauernde Veränderungen müssen hervorgebracht haben, weil ein alterndes Volkstum solche Schläge nicht so überdauert wie ein jugendliches. Der Lohn des Decius war ein glorreicher Untergang im Gotenkriege.

      Auch jetzt behauptete der Senat sein Recht; neben dem von den Soldaten erhobenen Gallus ernennt er Aur. Vict., Epit. (251) seinen eigenen Kaiser, Hostilian, der indes bald an einer Krankheit starb. Als Gallus die Goten mit Tribut abkaufte, fand sich ein Feldherr bei den Donautruppen, der Mauretanier Aemilian, welcher seinen Soldaten von der »römischen Ehre« sprach Τὸ Ρωμαιων αξιωμα. Zosim. I, 22. und im Fall eines Sieges ihnen selbst den Tribut verhiess, der jetzt den Goten bezahlt würde; sie siegten wirklich und erhoben ihn dann zum Kaiser (253). Aber so weit wirkte schon die Denkweise des Decius, dass Aemilian nur der Feldherr des Senates heissen, diesem dagegen die Reichsregierung überlassen wollte Zonaras XII, 21..

      Eine empfindliche Lücke in der Historia Augusta hindert uns an jeder bündigen Beurteilung der zunächst folgenden Ereignisse. Aemilian rückt nach Italien; Gallus, der gegen ihn ausgezogen, wird nebst seinem Sohne von den eigenen Truppen ermordet; aber einer seiner Generale, Valerian, aus den Alpen heranrückend, gewinnt auf ganz rätselhafte Weise das Heer des siegreichen Aemilian, welches seinen Kaiser tötet, »weil derselbe ein Soldat, aber kein Regent sei, weil Valerian besser zum Kaisertum passe, oder weil man den Römern einen neuen Bürgerkrieg ersparen müsse« Zosim. I, 29; Zonar. XII, 22.. Das Wahre schimmert durch; es sind offenbar nicht mehr meuterische Soldatenhaufen, welche hier handeln; das Entscheidende war ohne Zweifel eine Transaktion zwischen den höhern Offizieren der drei Heere. So allein war die Erhebung Valerians (253) möglich, vielleicht desjenigen Römers, der in bürgerlichen Ämtern wie im Kriege vor allen gleichmässig ausgezeichnet war; die Soldaten allein hätten entweder auf ihrem Aemilian beharrt oder einen schönen grossen Mann mit den Talenten eines Unteroffiziers auf den Thron erhoben.

      Es nimmt aber die Kaiserwahl fortan überhaupt eine neue Form an. In den fortdauernden Barbarenkriegen seit Alexander Severus muss sich eine ausgezeichnete Generalität gebildet haben, in welcher man sich dem wahren Werte nach kannte und taxierte; Valerian

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