Der Ring des Generals. Selma Lagerlöf

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Der Ring des Generals - Selma Lagerlöf Löwensköld-Trilogie

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hatte sie zu Ende gesprochen, als der Mann aus dem Bett sprang und sich anzuziehen begann. Er fand, daß die Frau ganz recht hatte. Es war von Olsby nicht weiter als eine halbe Stunde zur Broer Kirche. In einer Stunde konnte er wieder da sein, und dann würde er die ganze Nacht schlafen können.

      Aber kaum war er zur Türe hinaus, als die Frau sich sagte, daß es für den Mann doch unheimlich war, mutterseelenallein auf den Friedhof zu gehen, und sie sprang auch hastig auf und zog die Kleider an.

      Sie holte den Mann auf dem Hügel unter Olsby ein. Bard lachte, als er sie kommen hörte.

      »Kommst du, um nachzusehen, ob ich nicht den Ring des Generals stehle?« sagte er.

      »O, du meine Güte,« sagte die Frau. »Das weiß ich wohl, daß du an so etwas nicht denkst, ich bin nur gekommen, um dir beizustehen, wenn du einem Friedhofsgespenst begegnen solltest.«

       Sie schritten rüstig aus. Die Nacht war eingebrochen, und alles war schwarze Dunkelheit bis auf einen kleinen schmalen Lichtstreif am westlichen Himmel, aber sie kannten ja den Weg. Sie sprachen miteinander und waren guter Dinge. Sie gingen ja nur zum Friedhof hinunter, um zu sehen, ob das Grab offen stand, damit Bard nicht schlaflos dazuliegen und über diese Sache nachzugrübeln brauchte.

      »Mir scheint es ganz unglaublich, daß die drüben in Hedeby so tollkühn sein sollten, den Ring nicht wieder einzumauern,« sagte Bard.

      »Ja, darüber werden wir bald Klarheit haben,« sagte die Frau. »Wenn mich nicht alles trügt, ist das die Friedhofsmauer, die wir da neben uns haben.«

      Der Mann blieb stehen. Er wunderte sich, daß die Stimme der Frau so fröhlich klang. Es konnte doch nicht möglich sein, daß sie bei dieser Wanderung eine andere Absicht hatte als er.

      »Bevor wir in den Friedhof hineingehen,« sagte Bard, »sollten wir doch übereinkommen, was wir tun wollen, falls das Grab offen steht.«

      »Ob es nun verschlossen oder offen ist, ich wüßte nicht, daß wir etwas anderes zu tun haben, als heimzugehen und uns niederzulegen.«

      »Nein, natürlich. Da hast du ganz recht,« sagte Bard und setzte sich wieder in Gang.

      »Es ist nicht zu erwarten, daß das Friedhofstor um diese Zeit offen steht,« sagte er gleich darauf.

      »Das wohl nicht,« sagte die Frau. »Wir müssen schon über die Mauer kraxeln, wenn wir bei dem General vorsprechen und sehen wollen, wie es ihm geht.«

      Wieder war der Mann erstaunt. Er hörte ein leichtes Rascheln von niederfallenden Steinchen und sah gleich darauf, wie sich die Gestalt der Frau von dem lichten Streif im Westen abzeichnete. Sie war schon auf der Mauer oben, und das war ja kein Kunststück, da sie nicht mehr als ein paar Fuß hoch war; aber es war doch seltsam, daß sie sich so eifrig zeigte und vor ihm hinaufgestiegen war. »Sieh her! Nimm meine Hand, dann will ich dir hinaufhelfen,« sagte sie.

      Gleich darauf hatten sie die Mauer hinter sich und gingen still und vorsichtig zwischen all den kleinen Grabhügelchen weiter.

      Einmal strauchelte Bard über ein Hügelchen und wäre fast gefallen. Es war ihm so, als hätte ihm jemand ein Bein gestellt. Er erschrak dermaßen, daß er zitterte, und er sagte ganz laut, damit all die Toten es hörten, wie gutgesinnt er war:

      »Hier möchte ich nicht gehen, wenn ich in unrechter Absicht gekommen wäre.«

      »Nein, nicht wahr!« sagte die Frau, »da hast du freilich recht. Aber weißt du, dort drüben haben wir schon das Grab.«

      Er sah undeutlich die schräggestellten Grabplatten gegen den dunklen Nachthimmel.

      Gleich darauf waren sie an dem Grabe angelangt, und sie fanden es offen. Das Grabgewölbe war nicht zugemauert.

      »Das ist aber doch wirklich sehr fahrlässig,« sagte der Mann. »Das ist ja wie eigens gemacht, um all jene, die wissen, was für ein Schatz hier unten verborgen liegt, der schlimmsten Versuchung auszusetzen.«

      »Sie verlassen sich wohl darauf, daß niemand einem Toten zu nahe treten will,« sagte die Frau.

      »Es ist ja auch kein Spaß, sich in eine solche Grabkammer hinunterzuwagen,« sagte der Mann. »Hinunterzuspringen wäre ja nicht so schwer, aber dann bliebe man drunten sitzen wie der Fuchs in der Fuchsfalle.«

       »Ich sah heute vormittag, daß sie eine kleine Leiter in das Grab gestellt hatten,« sagte die Frau, »aber die müssen sie doch wenigstens weggenommen haben.«

      »Ich muß wahrhaftig nachsehen,« sagte der Mann und tastete zu dem offenen Grab hin. »Nein, denk dir nur!« rief er aus. »Das geht doch über alle Grenzen. Die Leiter steht noch da.«

      »Das ist wohl sehr nachlässig, stimmte die Frau bei. Aber weißt du, ich finde, es macht nicht so sehr viel, daß die Leiter da steht. Denn er, der hier drunten in der Tiefe wohnt, kann das Seinige schon verteidigen.«

      »Wenn ich das nur sicher wüßte,« sagte der Mann. »Vielleicht sollte ich doch wenigstens die Leiter wegstellen.«

      »Ich glaube nicht, daß wir irgend etwas beim Grabe berühren sollen,« sagte die Frau. »Es ist am besten, wenn der Totengräber morgen das Grab genau so findet, wie er es verlassen hat.«

      Sie standen da und starrten in das schwarze Loch hinunter, unentschlossen und ratlos. Sie hätten ja jetzt nach Hause gehen sollen, aber irgend etwas Geheimes, etwas, was keines von ihnen auszusprechen wagte, hielt sie zurück.

       »Ja, freilich könnte ich die Leiter stehen lassen,« sagte Bard schließlich, »wenn ich nur sicher wüßte, daß der General die Macht hat, die Diebe fernzuhalten.«

      »Du kannst ja ins Grab hinuntersteigen, dann wirst du schon sehen, welche Macht er hat,« sagte die Frau.

      Es war, als hätte Bard nur auf diese Worte seiner Frau gewartet. Im Nu war er bei der Leiter und unten im Grabgewölbe.

      Aber kaum stand er auf dem Steinboden der Grabkammer, als er ein Knacken der Leiter hörte und merkte, daß die Frau ihm nachkam.

      »So so, du kommst mir auch hierher nach,« sagte er.

      »Ich traue mich nicht, dich hier unten mit dem Toten allein zu lassen.«

      »Ach, ich glaub' gar nicht, daß er so gefährlich ist,« sagte der Mann. »Ich spüre keine kalte Hand, die mir das Leben auspressen will.«

      »Ja, sieh, er will uns wohl nichts zuleide tun,« sagte die Frau. »Er weiß ja, daß wir nicht daran denken, den Ring zu stehlen, aber eine andere Sache wäre es natürlich, wenn wir zum Spaß versuchen wollten, den Sargdeckel abzuschrauben.«

       Sofort tappte der Mann zum Sarg des Generals hin und begann den Deckel abzutasten. Er fand eine Schraube, die ein kleines Kreuzchen an der Spitze hatte.

      »Alles hier ist förmlich für einen Dieb zurechtgelegt,« sagte er, indem er die Sargschrauben vorsichtig und dabei behend aufzudrehen begann.

      »Spürst du nichts?« fragte die Frau. »Merkst du nicht, daß sich unter dem Sargdeckel etwas regt?«

      »Hier ist es so still wie im Grab,« sagte der Mann.

      »Er glaubt wohl nicht, daß wir ihm das

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