Der große Reformbetrug. Udo Schenck
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Neben den anderen Reformen der Agenda 2010 sind ebenso die Hartz-Reformen vor diesem Hintergrund zu betrachten, sie erwuchsen einem gemeinsamen Ursprung, sind auf einen bestimmten (Zeit)Geist, eine bestimmte Ideologie zurück zu führen, sind mithin weniger das Ergebnis einer neutralen und nüchternen Überlegung und zielen offenbar weniger auf die gewissenhafte Lösung bestimmter Probleme im Sinne des Gemeinwohls, also der gesamten Gesellschaft ab, als es ihre Schöpfer glauben machen wollen. Bei näherer Betrachtung erkennt man in diesen Reformen die Handschrift knallharter egoistischer Interessen, von Lobbyisten, welchen es allein um ihren Vorteil geht, denen das Gemeinwohl bzw. seine Funktionsfähigkeit offenbar gleichgültig bis verhasst ist oder zumindest als zweitrangig erscheint, so etwa nach dem Motto: Nach mir die Sintflut. Diese Gesinnung des Egoismus, der Rücksichtslosigkeit und des Geizes geht letzten Endes über Leichen, sie schürt Kraft ihrer Macht Angst und Unsicherheit, die sie zum Vorteil weniger nutzt. Im August 2005 lobte das britische Wirtschaftsmagazin The Economist die Reformbemühungen der deutschen Bundesregierung, u. a. die Hartz-Gesetzgebung, denn diese Gesetze haben „bewirkt, dass viele Beschäftigte die Folgen eines Arbeitsplatzverlustes stärker fürchten. Dies hat die Position der Firmen bei neuen Lohnverhandlungen gestärkt und die Macht der Gewerkschaften geschwächt“ (vgl. Müller, A. 2007: 145). Offenbar finden es der Economist und die Bundesregierung gut, wenn die Menschen Angst vor Arbeitslosigkeit haben. Was ist das anderes als menschenverachtend und was hat das noch mit Zivilisiertheit zu tun, einmal davon abgesehen, dass dadurch krank werdende Menschen nicht mehr leistungsfähig sind, Geld kosten und ein schlechtes Arbeitsklima entsteht, Stichwort Mobbing?
Unterdessen ist es geradezu bestürzend, mit ansehen zu müssen wie sich ausgerechnet eine rot-grüne Bundesregierung, welche sich angeblich eher als links, den humanistischen Idealen und dem Gemeinwohl zugeneigt zeigt, für solch destruktive, menschenverachtende Elemente, wie die o. g. Arbeitsmarktreformen und andere ungerechte Reformen hat einspannen lassen, ja für diese aktiv gefochten hat. Mit trauriger Berühmtheit wird dies wohl einst in die Annalen Eingang finden, als ein Beispiel für die Schwäche und Manipulierbarkeit des Menschen, für bitterböses Unrecht im Namen einer Demokratie. Angesichts dessen fragt man sich unwillkürlich, ob die verantwortlichen Politiker wirklich wussten was sie da taten. Die Federführenden wussten es ganz bestimmt, sie haben sich regelrecht angebiedert und korrumpieren lassen. Dabei fällt dem Autor immer wieder ein TV-Bild ein, in dem sich der sog. „Genosse der Bosse“ mit selbstgefälligem Grinsen und einer dicken Havanna im wuchtigen Chefsessel fläzt. Bei vielen anderen, sogar ehedem Linken, hat das Trommelfeuer einer geschickten und aggressiven Propaganda gewirkt, sie haben sich durch Halb- und Unwahrheiten, im Gewand angeblich unausweichlicher Sachzwänge (Globalisierung, Demographischer Wandel usw.), beeindrucken und täuschen lassen. Auch die Alltags ferne vieler Politiker, welche von ihren behaglichen und luxuriösen Elfenbeintürmen herab das Ameisengewimmel im Schneegestöber der Straßen betrachten und dabei wohl eher von einem Wintermärchen träumen, trug und trägt sicher nicht zu einer realen Einschätzung der Situation bei. Und warum soll man denn da ins ungemütlich Kalte hinausgehen, hier hat man doch außerdem so viele „gute Freunde“, welche sich einem gegen „kleine Gefälligkeiten“ als großzügig erweisen. Neben Skrupellosigkeit mag ebenso Inkompetenz, Naivität und sogar blanke Dummheit bei vielen der Verantwortlichen wegbereitend für die o. g. Reformen gewesen sein.
Angesichts der harschen Kritik und den massiven Protesten gegen die Hartz-Reformen ist ihr Bestand bis heute auf den ersten Blick eigentlich verwunderlich; man fragt sich Augen reibend wie das nur sein kann. So ist man von Reform betreibender Seite in die Gegenoffensive gegangen und wurde und wird nicht müde gebetsmühlenartig zu behaupten, die Reformen seien alternativlos und zog und zieht alle Register der Propaganda, bis hin zur Kolportierung des Bildes von massenhaft schmarotzenden und unfähigen Arbeitslosen, die man entsprechend zu „fordern“ und „fördern“ hätte oder der angeblichen Notwendigkeit, wegen dem demographischen Wandel die Lebensarbeitszeit verlängern zu müssen. Das schlechte Erscheinungsbild der Hartz-Reformen versucht man verharmlosend durch sog. „Fehler“ zu erklären, die bei der Einführung eines so „gewaltigen“ Reformwerkes angeblich unvermeidbar wären. Näher betrachtet offenbart sich hier jedoch ein von langer Hand organisiertes „Chaos“ mit System, das zudem „sinnlos“ – wohl bemerkt nur im Sinne der Erwerbslosen und des Allgemeininteresses – gewaltige Steuermittel verschwendet, also letztendlich veruntreut und somit nur eine weitere Ebene der Umverteilung von unten nach oben bildet. Das alles hat Ursachen und diese liegen in den Wettbewerbsinteressen bzw. Weltmarkteroberungsgelüsten weniger aber sehr mächtiger Akteure begründet, denen des sog. Big Business bzw. der sog. Global Player, welche wiederum alleinige Nutznießer ihrer globalen, grenzenlosen Gier sind.
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