Abwesenheitsagent. Thomas Noll

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Abwesenheitsagent - Thomas Noll

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einen Leihwagen, da kommt´s auf ein paar Minuten nicht an. Die Schalter sind immer besetzt. Die nervösen „schnell, schnell, dabber, dabber“ [saarländisch für „schnell, Beeilung!“] sind die Pauschal-Touristen, die um ihren Bus ins Hotel bangen.

      So bin ich der zweitletzte, der die Maschine am Mallorca Airport verlässt. Hinter mir ist nur noch eine alte Frau, die furchtbar langsam ist. Die Cockpit-Crew verlässt auch das Cockpit. Der Pilot (erkennbar an den vier Streifen am Ärmel) ruft in die Gangway: „Hallo, Sie haben was verloren!“

      Ich drehe mich um. Er meint die alte Frau, die ihren Mantel verloren hat. Der Pilot hängt ihn ihr über den Arm, geht aber dann wieder zurück ins Cockpit.

      Im selben Moment, ich schaue immer noch in Richtung zurück, verliert die alte Frau ihren Stock, an dem eine Stofftüte baumelt.

      Natürlich eile ich zu ihr, hebe den Stock auf, reiche ihn ihr, und hebe dann die Tüte auf und kann es kaum fassen: Das Teil wiegt mindestens 6 Kilo!

      „Oh leck, was hann se´n do drin? E Amboss?“

      “Nee, das iss mei Lesestoff!”

      „Ei, so e schweri Tut kenne se awwer net an de Stock hänge!“ (Ich selbst hätte so eine Tüte nicht an einem Stock händeln können, da er beim Laufen ja sehr stark in einer Pendelbewegung ausschlägt.)

      „Ich holle Ihr Biescher. Mir misse jo ans selbe Band!“

      „Ei, Sie sinn awwer nett!“

      „Jo, gere!“

      [Saarl.: „Owei! Was haben Sie denn da drin? Einen Amboß?“

      „Nein, meinen Lesestoff!

      „Aber so eine schwere Tüte können Sie nicht an den Stock hängen! Ich nehme ihre Bücher! Wir müssen ja ans selbe Gepäckband!“

      „Oh, sie sind aber nett!“ „Gerne!“]

      Also trug ich Omas Bücher. Musste abwechseln, linker Arm, rechter Arm, weil sie irre schwer waren. Ich dachte, wie kann denn eine alte Frau, die bereits am Krückstock geht, eine derart schwere Tasche als HANDGEPÄCK mitnehmen???

      Außerdem fiel mir auf, dass sie sage und schreibe 4 Mäntel über dem Arm hatte, 3 Handtaschen und eine Plastiktüte. Das kam mir bereits spanisch vor...

      Und wir gingen Richtung Gepäckband.

      Aber wir gingen nur kurz.

      Nach ein paar hundert Metern musste sie sich hinsetzen. Sie sei stark gehbehindert. Daher auch der Stock.

      OK.

      Ich kenne den Flughafen Mallorca sehr genau. Es kann sein, dass man nur 5 Minuten zum Kofferband braucht, ich bin aber schon volle 45 Minuten zum Kofferband gelaufen. Wo man rauskommt, kann man selbst als Mallorca-Profi nicht vorher feststellen.

      Also: wenn wir ziemlich weit vom Gepäckband sind, und ich begleite die alte Frau, bekommen wir unsere Koffer nicht mehr.

      Unruhe keimt in mir auf!

      Als erstes gabel´ ich uns mal ein Wägelchen auf.

      Das Handgepäck-Fach ist mit ihren 4 Mänteln, 3 Handtaschen und der Plastiktüte erst mal voll. Mehrmals verlieren wir Gegenstände.

      Die Unruhe steigt in mir!

      Währenddessen erzählt sie mir von den bösen Enkeln, der bösen Schwiegertochter, und den Söhnen, die nicht mehr nach ihr fragen.

      Ganz dumpf im Kleinhirn schwant mir Böses... Wenn sie keinen Familien-Kontakt hat, wer hat dann ihre Reise organisiert, die Reise befürwortet, ihre Sachen gepackt, und überhaupt...???

      Immerhin kann sie mit dem Wägelchen gut laufen. Es stützt sie. Ich trage den Stock. Und wir sind gottseidank nicht weit weg vom Kofferband. Mit dem Wagen braucht sie keine Pause mehr.

      Also stehen wir am Gepäckband.

      Ihre Verfassung lässt es natürlich nicht zu, Gepäckstücke vom laufenden Band zu klauben. Mache ich natürlich, sie soll mir nur sagen, was ihr gehört, und ich hieve es dann vom Band und leg´s in ihren Wagen. No Prob.

      „Das is mein!“ sagt sie zu einer Tasche.

      „Das ah!“

      „Unn das!“

      Meine Unruhe steigt...

      „Das ach!“

      ???

      „Unn das noch!“

      Es sind sage und schreibe 8 Gepäckstücke. Inklusive einem Regenschirm, der die Saarterrassen [Saarbrücker Industriegebiet] abdecken würde.

      Ich schwitze inzwischen wie ein Schwein.

      Versuche, die Gepäckstücke auf ihrem Wagen zu verteilen. Der Gepäckwagen gibt´s nicht her. Unmöglich! Völlig unmöglich! Nochmal umpacken. Und nochmal.

      Ich würde ja gerne was auf meinen Wagen nehmen, aber gleich trennen sich unsere Wege am Ausgang, ich zum Autoverleih, sie zum Bus.

      Irgendwann hab ich´s geschafft, alles bis auf eine große Saunatasche in dem Wägelchen zu stapeln. Inzwischen war kaum noch jemand am Band, jeder hatte sein Gepäck erhalten.

      „Das do Ding krien ich nimmie unner!“

      „Ei, das iss jo a gar net mein!“

      [Saarl.: „Das Ding bekomme ich nicht mehr unter!“

      „Nun… das gehört mir ja auch gar nicht!“]

      Also hab´ ich irgendjemandes Gepäckstück vom Band geholt, der Alten hingestellt, vielleicht ist der wahre Besitzer bereits beim „lost and found-Schalter“, schiebt Terror ohne Ende, oder sieht, wie ich sein Gepäckstück zurück auf´s Band stelle und verflucht mir alle Knochen im Leibe!

      Das war der Moment, wo meine Nächstenhilfe ausgereizt war!

      Das war auch der Moment, in dem ich erfasste, dass die Alte komplett daneben war, vielleicht irgendwo abgehauen oder so.

      Ich brauchte nur noch eine kleine Bestätigung:

      „Wie kommen Sie jetzt weider? Ich muss jetzt gleich mei Audo abhole!“

      „Och, do werd schon e Bus fahre, mol gugge!“

      „Wie... sinn Sie net mit erer Reisegesellschaft gefloh, die sie mi´m Bus ins Hodel bringt?“

      „Nee, ich bin allehn gefloh! Ich war jo vor 35 Johr schommo do! Ich kenne jo die Insel.

      [sich umschauend] Hat sich awwer schon viel veränndert, vor allem am Fluchplatz! Der iss jo so groß!“

      „Do hat sich aarisch viel verännert, in 35 Johr! Wo issen Ihr Hotel?“

      „Wes net, orgendwo in

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