Hilfe! Mein Körper macht, was er will. Dr. med. Ulrike Blatter
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Das folgende Diagramm (Abb.2) ist schon etwas älter, aber das, was es zeigt, ist bis heute weitgehend unverändert: Die dunklen Säulen zeigen Gründe, weswegen Menschen in Deutschland einen Arzt aufsuchen. Am häufigsten sind Brustschmerzen, Müdigkeit, Schwindel und Kopfschmerzen. Die hellen Säulen zeigen, wie häufig bei den genannten Beschwerden tatsächlich eine körperliche Erkrankung gefunden wird.
Bis zu 13 % der Bevölkerung leiden im Laufe ihres Lebens an einem behandlungsbedürftigen somatoformen Syndrom. Der Anteil somatoformer Störungen beträgt in Allgemeinarztpraxen sogar bis zu 35 %. 20 % der Psychosomatiker haben eine schwere Symptomatik.
Es gibt also Millionen Betroffene.
Sind wir etwa ein Volk von eingebildeten Kranken? Nein – denn in den meisten Fällen gibt es einen Grund für diese Beschwerden. Nur liegt der oft im Bereich des Seelischen. Konflikte, Stress und Überforderung sind die Wegweiser zu chronischen Schmerzen und Beschwerden. Die Diagnosestellung erfolgt allerdings durchschnittlich erst 7 Jahre nach Symptombeginn. Vorher suchen Patienten jahrelang nach einer Lösung, werden von Facharzt zu Facharzt weiter verwiesen – oder suchen selbst immer neue Ärzte auf, da sie eine psychische Diagnose nicht akzeptieren können oder wollen. Durch diese langen Leidenszeiten kommt es oft zu Folgeerkrankungen, die eigentlich vermieden werden könnten: Suchtentwicklung, unnötige Operationen oder gar Depressionen sind traurige Folgeerscheinungen.
Ein bisschen Geschichte
In der Medizin der griechischen Antike wurden körperliche und psychische Faktoren gleichermaßen berücksichtigt. Allerdings hielten sich die anatomischen Kenntnisse der „alten Griechen“ noch in Grenzen: Blut, Schleim und Galle wurden nach der Säftelehre für Charakter und Krankheitsanfälligkeit verantwortlich gemacht. Die skurrile Theorie von der „wandernden Gebärmutter“ hielt sich sogar bis in die Neuzeit („Hystera“ heißt übersetzt Gebärmutter und daraus wurde die „Hysterie“ abgeleitet).
Im Mittelalter vertrat die Kirche die strikte Trennung von (sündigem) Leib und (unsterblicher) Seele.
Im 17. Jahrhundert begründete der französische Philosoph René Descartes den Dualismus von Leib und Seele erstmals wissenschaftlich. So wurde moderne Forschung erst möglich. Resultat ist jedoch ein mechanistisches Weltbild, das den Organismus quasi als Maschine betrachtet.
Sigmund Freud entwickelte den Begriff der neurotischen Konversion – d.h. seelische Konflikte finden ihr „Ventil“ in körperlichen Symptomen. Von diesen Anfängen war es jedoch noch ein weiter Weg bis zum Begriff der Psychosomatik, wie er heute verwendet wird.
1977 wurde von George Engel das biopsychosoziale Krankheitsmodell vorgestellt. Demnach beeinflussen sich Körper, Psyche und soziale Umwelt wechselseitig.
Dieses ganzheitliche Krankheitsverständnis stellt derzeit das anerkannte Basis-Konzept der modernen Psychosomatik dar.
Im Einzelnen sind damit noch nicht bestimmte psychosomatische Erkrankungen erklärt; es werden aber folgende Phänomene verständlich:
Unter psychischen und psychosozialen Extrembelastungen kann jeder Mensch körperlich erkranken.
Identische Belastungsfaktoren können bei verschiedenen Menschen jedoch zu unterschiedlichen Erkrankungen führen.
Manche Menschen erkranken eher als andere, weil sie über unzureichende Bewältigungsstrategien verfügen und / oder ungünstigen Lebenssituationen ausgesetzt sind.
Dies alles ist sehr wissenschaftlich, sehr kompliziert und nicht immer leicht verständlich. Gehen wir also noch einmal zurück zum Anfang.
Zum SYMPTOM.
Was ist das eigentlich?
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