Der Sturm entfacht von Herwarth Walden. Kerstin Herrnkind

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wird. Wir haben uns entschlossen, unsere eigenen Verleger zu sein. Denn wir sind noch immer so glücklich, glauben zu können, dass an Stelle des Journalismus und des Feuilletonismus wieder Kultur und die Künste treten können“ (10). Journalismus und Feuilletonismus behindern, so glaubt Walden, die Kultur und die Künste, anstatt sie zu fördern. Wie bei der Gründung des „Vereins für Kunst“, mit dem Walden versucht, ein Gegengewicht zu den kommerziellen Agenturen zu schaffen, stellt er auch seine Zeitschrift in den Dienst der Künstler und ihrer Förderung. Else Lasker-Schüler gibt der Zeitschrift den Namen (11). Kurt Möser weist in seinem Buch: „Literatur und die ,Große Abstraktion‘, Kunsttheorien, Poetik und ,abstrakte Dichtung‘ im Sturm von 1910 bis 1930“ darauf hin, dass es für diese Behauptung keinen Beleg gebe (12). Die Zeitzeugen Lothar Schreyer (13) und Gottfried Benn (14) haben allerdings bestätigt, dass der Name der Zeitschrift von Else Lasker-Schüler stammt (15). In der Literatur stösst man häufig auf den Hinweis, der Name sei angelehnt an „Sturm und Drang“ (16). Lothar Schreyer spricht dem Namen jedoch eher eine metaphysische Bedeutung zu: „Der Sturm reinigt, entwurzelt, zerstört. Aber er braust auch als heiliger Geist durch die Welt. Er ist die immerwährende Verwandlung, die Erneuerung von Grund auf“ (17). Tatsächlich setzt „Der Sturm“ in der bildenden Kunst und der Literatur nicht nur neue Akzente, sondern entwickelt sich im Laufe der Jahre „zu dem bedeutendsten Sprachrohr der Moderne“ (18). Die „Wochenschrift für Kultur und die Künste“ (19), die laut Verlagsangabe mit einer Erstauflage von 30.000 Exemplaren (20) erscheint, unterscheidet sich deutlich von dem, was die Leser der bürgerlichen Presse gewöhnt sind. Walden setzt auf ein großes Format (2°) und - „im Unterschied zu fast allen erscheinenden bürgerlichen Zeitschriften, die noch lange durch die Frakturschrift eine längst zur Illusion gewordene Tradition aufrechterhielten“ (21) auf Antiqua. Erst 18 Jahre später wird das „Berliner Tageblatt“ am 22. März 1928 in Antiqua gedruckt (21a) . „Der Sturm“ bringt auf acht Seiten unter anderem einen Leitartikel von Karl Kraus über die Operette, eine Ballade über Berlin von René Schickele, die Geschichte „vom armen reichen Mann“ von Adolf Loos sowie Gedichte von Peter Baum und Else Lasker-Schüler. Darüber hinaus werden in der Rubrik: „Bemerkenswerte Bücher und Tonwerke“ (22) Veröffentlichungen von Herman Bang, Karl Kraus, Ludwig Hatvang, Joseph Schöffel und Robert Heu empfohlen. Die beiden letzten Seiten stehen ganz im Zeichen der Werbung. Dies ist umso verwunderlicher als dass Walden sich als Redakteur der Zeitschrift „Das Theater“ stets geweigert hat, Reklamenotizen redaktionell zu vertreten (23). Die Werbung ist nicht auf den Kulturbereich begrenzt: Neben den „Vereinigten Smyrateppich-Fabriken“ (24), die ihre „mechanisch gewebten hochflorigen Teppiche anpreisen“ (25), wirbt die Berliner Firma Hoffmann für „elegante Herrenmode“ (26). Doch auch der „Verein für Kunst“, einige Malschulen und Ateliers sowie die Zeitschrift „Die Fackel“ sind mit Anzeigen in der ersten Ausgabe des Sturms vertreten (27). Mit einem Verkaufspreis von 10 Pfennigen buhlt der Stern auf dem Berliner Zeitungsmarkt um Leser. Doch von der Auflage können „nur Bruchteile verkauft werden“ (Pirsich, Der Sturm, S. 79). Im März schreibt Walden Karl Kraus, dass von der zweiten Ausgabe des Sturms ca. 3.000 Exemplare verkauft worden seien. Von der Nummer 3 sollen in Wien 1.200 Hefte verkauft worden sein. Eine Zahl, die Pirsich allerdings für „schwer vorstellbar“ hält (Pirsich, S. 79). Heft 5 wird in Deutschland angeblich 4.000 Mal abgesetzt. Den Rest der Auflage verschenkt Walden, indem er gemeinsam mit Kokoschka und seiner Frau Else loszieht und die übrig gebliebenen Sturm-Hefte in Briefkästen steckt (Pirsich, S. 80).

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