Geheimagent Nr. 6. Edgar Wallace

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Geheimagent Nr. 6 - Edgar Wallace

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mein Freund«, sagte er nur, ging mit raschen Schritten zu dem Wagen und öffnete die Tür.

      Der Chauffeur hatte bei der schlechten Beleuchtung nicht sehen können, was geschehen war, aber andere Leute konnten Zeugen dieses kurzen, unheimlichen Kampfes gewesen sein.

      Gleich darauf fuhr der Wagen an. Als sie an der Stelle vorbeikamen, wo der Zusammenstoß mit dem Polizisten stattgefunden hatte, glaubte Smith eine Gestalt an dem grauen Steingeländer zu sehen. Er ließ das vom Regen beschlagene Fenster herunter, um hinauszuschauen.

      Im Lichtkegel der Scheinwerfer entdeckte er ein junges Mädchen, das vollständig in Schwarz gekleidet war und über das Geländer in den dunklen Fluß sah. Als das Auto vorbeifuhr, wandte es den Kopf, und Smith konnte einen Augenblick ihr schönes, trauriges Gesicht erkennen.

      Er beugte sich weiter hinaus und schaute zurück, aber Valentine packte ihn am Arm.

      »Machen Sie doch nicht solchen Unsinn«, sagte Cäsar ärgerlich. »Wen wollen Sie denn sehen?«

      »Ach, niemand«, erwiderte Smith und schloß das Fenster.

      3

      Cäsar Valentine hatte verschiedene Häuser und Wohnungen in und bei Paris. Tre-Bong Smith wußte das genau. Zuerst glaubte er, daß die Wohnung am Boulevard Victor Hugo das Ziel sein würde, aber der Wagen fuhr geradeaus über den Place de l'Etoile und raste die Avenue de la Grande Armée entlang.

      In einer solchen Nacht war es schwer, die Richtung zu erkennen, aber nach einiger Zeit merkte Smith, daß sie auf Maisons Laffitte zuhielten. Gleich darauf bog das Auto in eine Seitenstraße ein, die von hohen Hecken umgeben war, und dann ging es über einen unebenen Feldweg zu einem halbverfallenen Tor. Es war so dunkel, daß man das Gebäude dahinter nicht sehen konnte. Auch als der Wagen stand und Smith ausstieg, blieb ihm keine Zeit, sich lange umzuschauen. Er sah nur, daß es ein ziemlich großes Schloß war.

      Cäsar öffnete die Tür und führte seinen Gast in die große, dunkle Halle. Dann machte er Licht, und sie gingen quer durch den Raum in einen hohen, geräumigen Salon.

      »Nehmen Sie Platz!« befahl Cäsar. »Wollen Sie etwas Wein trinken?«

      Er nahm ein Tablett, eine Flasche und Gläser aus einem Schrank und stellte alles auf einen kleinen Tisch in Tre-Bongs Nähe.

      »Trinken Sie«, sagte er kurz.

      Smith goss sich ein Glas ein.

      Cäsar legte seinen nassen Mantel ab und warf ihn über eine Stuhllehne. Dann ging er zum Kamin, drehte den elektrischen Ofen an und wärmte sich. Dabei betrachtete er Smith mit eigentümlichen Blicken und lächelte spöttisch.

      »Mein Freund Tre-Bong Smith«, fragte er langsam, »haben Sie schon einmal gesehen, wie jemand mit der Guillotine der Kopf abgehackt wird?«

      »Schon ein halbes dutzendmal«, entgegnete Smith prompt. »Auf das Brett geschnallt, Kopf in die Vertiefung – schnack! Kopf im Korb. Vive la France!«

      Valentine legte die Stirn in Falten, als ob er sich über diesen leichtfertigen Ton ärgerte. Aber dann lachte er und nickte.

      »Ich glaube, Sie sind der Mann, den ich brauche. Das ist die Haltung, die man dem Leben gegenüber einnehmen muß. Aber vergessen Sie ja nicht, daß man die Behörden nicht auslachen darf. Staatsgewalt ist nicht lächerlich, sondern grausam, ungerecht und tragisch.«

      Smith zog seinen nassen Rock aus, während Valentine mit ihm sprach.

      »Hängen Sie ihn ans Fenster, oder besser, legen Sie ihn auf einen Stuhl vor der Tür.« Cäsar zeigte auf einen Ausgang rechts vom Kamin. »Madonna Beatrice wird sich schon darum kümmern.«

      Smith kam der Aufforderung nach und wunderte sich, wer wohl Madonna Beatrice sein mochte.

      Plötzlich sah ihn Cäsar scharf an.

      »Haben Sie eigentlich Blut an den Händen?«

      Smith schüttelte den Kopf.

      »Ich habe genau zwischen die vierte und fünfte Rippe gezielt«, erwiderte er ruhig. »Es fließt nur wenig Blut an dieser Stelle.«

      Valentine nickte beifällig, während Smith seine Hände betrachtete.

      »Viel Opium haben Sie auch nicht geraucht«, bemerkte er, trat auf seinen Gast zu und sah ihm in die Augen.

      »Ich rauche niemals Opium«, entgegnete Tre-Bong kühl. »Ich gehe nicht in Chi Sos Spelunke, um zu rauchen, sondern um zu beobachten.«

      Cäsar lachte aufs neue.

      »Nun, Sie können ein guter Assistent werden. Aber ich warne Sie, sich mit mir irgendwelche Tricks zu erlauben. Ich habe Ihretwegen ein großes Risiko auf mich genommen. Sie können wissen, daß auch ich Chi Sos Lokal besuche, um zu beobachten, und zwar, um Sie zu beobachten.«

      Smith hatte das bereits geahnt, aber er sagte nichts.

      »Ich habe Sie mir dort angesehen; Chi So hat seine Kneipe mit meinem Geld aufgemacht. Der Platz ist für mich unbezahlbar. Ich erhalte von dem Gelben viele wertvolle Nachrichten. Als ich nun erfuhr, daß sich ein englischer Verbrecher in Paris vor der Polizei versteckt, weil er in Amerika wegen eines Mordes, wegen Fälschung und verschiedener anderer ziemlich blöder Verbrechen gesucht wird, interessierte ich mich für Sie. Aber ich halte derartige Verbrechen, wie Sie sie begangen haben, für töricht und albern. Damit kommt man nicht weiter, höchstens zur Guillotine oder zum Galgen.«

      Smith hätte vielleicht auch seine Ansichten über Verbrechen geäußert, wenn sich in diesem Augenblick nicht die Tür geöffnet hätte und ein Mann eingetreten wäre. Er war klein, hatte rote Haare und ziemlich rohe Gesichtszüge. Seiner äußeren Erscheinung nach paßte er weder zu seiner Umgebung noch zu Cäsar Valentine. Er war zu auffallend gekleidet und benahm sich herausfordernd. Smith vermutete, daß der Fremde getrunken hatte.

      »Nun, Ernest, was wollen Sie?«

      Der Mann kam mit unsicheren Schritten näher und sah von Cäsar zu Smith hinüber.

      »Hallo, Sie haben Besuch?« sagte er laut.

      »Wie Sie sehen«, erwiderte Cäsar freundlich.

      Eine Zeitlang schwieg Ernest, dann räusperte er sich.

      »Ich gehe morgen.«

      »So, Sie gehen morgen?« wiederholte Valentine liebenswürdig.

      »Ja, nach London. Haben Sie vielleicht etwas dagegen?«

      Cäsar schüttelte den Kopf und lächelte.

      »Durchaus nicht.«

      »Sie wissen doch, wohin Sie mein Gehalt zu schicken haben?«

      »Ihr Gehalt? Ich dachte, Sie wollten meine Dienste verlassen?«

      »Sie wissen, wohin Sie mein Gehalt zu schicken haben?« sagte Ernest in drohendem Ton. »Ich nehme zehn Jahre Urlaub.« Er lachte über seinen eigenen Witz. »Das wird mir guttun, meinen Sie nicht auch?«

      »Und

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