Local Heros 2.0. Matthias Hell
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Im Zuge der Omnichannel-Entwicklung schmelzen die Gegensätze zwischen Online und Offline. So versteht sich heute ein Online-Marktplatz wie eBay auch als Partner des stationären Handels. Welche Potenziale sehen Sie in der Zusammenarbeit zwischen E-Commerce-Anbietern und dem Einzelhandel?
Stephan Tromp: Online-Dienstleister haben in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Einzelhändler können und müssen immer mehr Prozesse digital umsetzen, optimieren oder ergänzen. Nicht immer haben sie selbst das Know-how oder können selbst den notwendigen Aufwand betreiben. Hier übernehmen Online-Dienstleister diese Aufgaben und ermöglichen dem Händler, sich auf das zu konzentrieren, was er am besten kann: verkaufen. Welche Leistungen die Händler nach außen geben, ist am Ende eine unternehmerische Entscheidung, die in jedem Einzelfall anders ausfallen kann.
Wie wird sich aus Ihrer Sicht das Ladengeschäft und das damit verbundene Handelsmodell eines klassischen HDE-Mitglieds in den nächsten Jahren verändern?
Stephan Tromp: Das klassische HDE-Mitglied gibt es schon heute nicht mehr. Das Spektrum unserer Mitglieder reicht vom mittelständischen Fachhändler über den Supermarkt und das Warenhaus bis hin zum Online-Händler und dem Multichannel-Unternehmen. Eines kann man aber sagen: Wenn sich die aktuellen Trends so weiterentwickeln, werden wir deutlich mehr digitale Technologie im Ladengeschäft sehen. Die Anfänge sind schon sichtbar: So stellen beispielsweise einige Händler über Tablets zusätzliche Informationen bereit oder integrieren die Geräte in das Verkaufsgespräch. Auch die Rolle des Smartphones wird in diesem Zusammenhang wachsen. Technologien wie Beacons werden die Verknüpfung mit der digitalen Welt via Smartphone weiter voranbringen. Kunden werden ihre Einkäufe im Ladengeschäft dann online fortsetzen können – oder anders herum. Die Kanäle werden weiter zusammenwachsen. Insgesamt wird das Einkaufen als Erlebnis noch weiter an Bedeutung gewinnen.
LOCAL HEROES ZEIGEN DEN WEG:
In der ersten Buchveröffentlichung 2013 wurden die Beispiele von 25 Local Heroes vorgestellt. Das Spektrum reichte dabei von lokalen Einzelhändlern mit innovativen Online-Konzepten bis hin zu Online-Händlern, die mit stationären Geschäftsmodellen frischen Wind in den Einzelhandel brachten. Ebenfalls zu den Local Heroes zählten Hersteller und Verbundgruppen, die ihre Partner vor Ort in die Online-Wertschöpfung einbinden, Anbieter von Online-Partnerprogrammen für lokale Einzelhändler sowie Plattformbetreiber, die stationäre Händler und Online-Kunden im Netz zusammenbringen.
Viele dieser Local Heroes haben in den vergangenen zwei Jahren eine fulminante Entwicklung zurückgelegt und ihr Innovationspotenzial eindrücklich unter Beweis gestellt. Grund genug, um im Folgenden noch einmal einen Blick auf zehn Local Heroes der ersten Stunde und die von ihnen gemachten Fortschritte zu werfen.
3|01
Buchhandlung Riemann
Das Bücherabo wird zum Verkaufsschlager
Als klassische Buchhandlung, noch dazu in einem von den Umbrüchen im Handel besonders betroffenen Mittelzentrum wie Coburg, gehört die Buchhandlung Riemann eigentlich zu einer von der Online-Konkurrenz akut bedrohten Spezies. Doch das traditionsreiche, 1806 gegründete Buchgeschäft kontert im Netz mit einem Angebot, bei dem selbst Amazon nicht mithalten kann: der geballten Beratungskompetenz und dem Buchwissen seiner Buchhändlerinnen. Dieser Wissensschatz bietet die Grundlage für das von der Buchhandlung Riemann im Internet angebotene Bücherabo. Wer sich das Abonnement selbst gönnt oder an jemand anderen verschenkt, erhält jeden Monat ein sorgfältig ausgewähltes Buch zu einem bestimmten Genre, Thema oder Autor. Die Buchhandlung Riemann hat damit ein Produkt geschaffen, das hochindividuell ist und sich über das Netz gut vermarkten lässt. Dennoch ist das Bücherabo nur ein Teil der Zukunftssicherung des Buchgeschäfts – erst recht in einer Zeit, in der die Riemann’sche Buchhandlung nach einem Eigentümerwechsel eine Reihe von Veränderungen durchläuft.
Irmgard Clausen, die die Buchhandlung seit 1987 leitete – und auch das Bücherabo erfand –, übergab das Geschäft zum Jahresende 2014 in jüngere Hände: an die nach ihrer Ausbildungszeit 2009 zu Riemann zurückgekehrte Buchhändlerin Martina Riegert und ihren Mann Martin Vögele als kaufmännischen Leiter. „Seit dem Bericht im ersten ,Local Heroes‘-Buch hat sich vor allem online bei uns einiges verändert“, erzählt Martina Riegert. So habe sich Irmgard Clausen dazu entschlossen, den veralteten und ihrer Ansicht nach wenig effektiven Onlineshop der Buchhandlung Mitte 2014 vom Netz zu nehmen. Erst nach dem Eigentümerwechsel wartete die Buchhandlung Riemann wieder mit einem Webshop auf, dieses Mal mit einer Whitelabel-Lösung des Buchgroßhändlers Libri. „Für einige Monate ganz auf einen Online-Shop zu verzichten, war ein Fehler“, räumt Riegert ein. „Zwar laufen weiterhin mehr als 90 Prozent unserer Umsätze über den Laden oder gehen als Bestellung per Telefon ein, doch gibt es auch Kunden, die über das Internet bestellen wollen.“ Viele Online-Shop-Nutzer holten ihre Bestellungen zudem in der Buchhandlung ab und sorgten so für zusätzliche Frequenz im Geschäft. Mit der neuen Shop-Lösung ist Martina Riegert nun durchweg zufrieden, doch gelte es zunächst, den Online-Umsatz, den man vor der Abschaltung des alten Shops hatte, Stück für Stück zurückzuholen.
Ebenfalls eingestellt wurde der flankierende Online-Shop „Franken und Co.“, über den ein auf die Region Oberfranken und Südthüringen fokussiertes Sortiment an Büchern, Filmen, CDs und Spielen angeboten wurde. Zwar machte die von Irmgard Clausen initiierte Idee, sich mit einem klar umrissenen Sortiment von den weitgehend deckungsgleichen Buch-Shops im Netz zu unterscheiden, durchaus Sinn. Doch wie Martina Riegert erklärt, blieb der Erfolg des Projekts recht begrenzt. „Vielleicht war das Thema doch zu spitz. Zudem gab es in dem Shop nur wenige Artikel, die sonst keiner hat, und die meisten Titel konnten auch woanders bestellt werden.“ Da die Pflege des Franken-Shops erheblichen Aufwand verlangt habe, entschloss man sich schließlich zur Abschaltung des Angebots.
Denn konzentrieren wollen sich Martina Riegert und ihr Team lieber auf das erfolgreichste Online-Angebot der Buchhandlung Riemann: das Bücherabo. „In der Zeit nach der Local-Heroes-Veröffentlichung begann es, dass plötzlich ganz viele neue Leute angerufen haben und sich für das Abo interessiert haben. Während wir das Bücherabo vorher fast nur in der Region verkauft haben, kamen die Kunden nun aus ganz Deutschland, einige sogar aus der Schweiz.“ Nach dem großen Erfolg im Weihnachtsgeschäft 2013 entschied sich die Buchhandlung Riemann 2014 dazu, das Bücherabo mit einer eigenen Website gezielt zu bewerben. Der Buchhandlung und der daran beteiligten Web-Agentur ist dabei ein runder Wurf gelungen: Auf der Homepage wird das Bücherabo mit aussagekräftigen Bildern anschaulich erklärt, werden die beteiligten Buchhändlerinnen vorgestellt und kommen auch begeisterte Kunden zu Wort. „Wir verlängern durch das Bücherabo ja unsere stationäre Kompetenz ins Netz und die Seite macht das gut greifbar“, erklärt Martina Riegert. Auch die Entwicklung der Abo-Verkäufe sei seit dem Start der neuen Homepage sehr positiv: „Wir erhalten seitdem fast täglich Abo-Bestellungen.“ Die gesamte Anzahl der Abo-Nutzer liege inzwischen im mittleren dreistelligen Bereich.
Mit dem Erfolg des Bücherabos setzte auch das Nachdenken über eine Weiterentwicklung des Angebots ein. „Wir müssen das Bücherabo weiter professionalisieren“, erklärt Riegert. Auf der To-do-Liste steht unter anderem die Einbindung von Online- und Kreditkartenzahlverfahren. Daneben müsse man sich auch Gedanken über die künftige personelle Organisation machen: Die für das Bücherabo zuständigen Mitarbeiterinnen seien aktuell jeweils die letzte Monatswoche komplett mit der Auswahl, dem liebevollen Verpacken und dem Versand der Abo-Titel beschäftigt.