Der Frosch mit der Maske. Edgar Wallace

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Der Frosch mit der Maske - Edgar Wallace

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      »Das Schlimmste an dem Beruf eines Staatsanwaltes ist wohl«, warf er in die mühsame Unterhaltung bei Tisch ein, »daß er diesen Beruf nie abzustreifen vermag. Vermutlich vermerken auch Sie die belanglosesten Gespräche für später in Ihrem Gedächtnis.«

      Dick legte gemächlich ein dünnes Butterbrot zusammen, bevor er antwortete.

      »Ich habe sicherlich ein gutes Gedächtnis. Es hilft mir auch, mich in schwierigen und unangenehmen Situationen ruhig zu verhalten.«

      Plötzlich wendet Ray sich um. »Seht nur«, rief er triumphierend, »dort steht das Oberhaupt seiner Spione. Sein getreuer Elk.« Dick war verblüfft. Er hatte Elk auf einer neuen Froschspur verlassen, der jener nach dem Norden zu folgen im Begriffe war. Und nun stand Elk hier, die Hände um die Stäbe des Gartentores gelegt, das Kinn auf die Brust gesenkt und blickte über seine Augengläser hinweg traurig nach der Gruppe.

      »Darf ich hereinkommen, Herr Bennett?« fragte er. Bennett nickte.

      »Ich bin ganz zufällig hier in die Nähe gekommen, und es fiel mir ein, Sie zu besuchen. Guten Abend.«

      »Gib Sergeant Elk deinen Stuhl«, sagte John Bennett mürrisch zu Ray.

      »Inspektor!« verbesserte der Detektiv. »Es ist merkwürdig, wie viele Leute sich einbilden, daß ich Sergeant bin. Nein, danke, ich möchte lieber stehenbleiben.«

      »Ihre Beförderung hat wohl eine ganze Menge von Gaunern in Angst versetzt, Elk?« spottete Ray.

      »Ach ja, besonders die Amateure«, sagte Elk. »Sonst«, gestand er bescheiden, »hat die Neuigkeit keinerlei Sensation hervorgerufen, denn London ist gerade jetzt so voll wie noch nie von Geschichtenerzählern, die Millionen unter die Armen ausstreuen wollen, wenn man ihnen nur zuerst hundert Pfund leihen wollte, um ihnen sein Vertrauen zu beweisen. Es gibt auch viele lumpige Preisboxer, die von Erpressungen und Räubereien leben, und fast ebenso viele schöne junge Damen gibt es, die Spielsalons und Tanzlokale leiten.«

      Rays Gesicht wurde tiefrot, und wenn Blicke töten könnten, so würden Inspektor Elks Freunde an diesem Abend wohl nur mehr im Flüsterton von ihm gesprochen haben. Aber Elk wendete seine Aufmerksamkeit nun Dick zu.

      »Herr Hauptmann, ich hätte gern gewußt, ob ich nächste Woche einen Tag freibekommen könnte? Ich habe eine kleine Familienunannehmlichkeit.«

      Dick, der nicht gewußt hatte, daß sein Freund überhaupt eine Familie hatte, war überrascht. »Das tut mir leid«, sagte er.

      Elk seufzte. »Ja, es ist etwas sehr Schweres für mich«, sagte er. »Ich möchte es Ihnen gerne erzählen. Wollen Sie uns für einen Augenblick entschuldigen, Fräulein Bennett?«

      Dick erhob sich und folgte dem Detektiv an das Tor. Und dann sagte Elk hastig und leise: »Um ein Uhr morgens ist in Lord Farmleys Haus eingebrochen worden, und die Frösche sind mit der Kopie des Vertrages auf und davon gegangen.«

      Ella beobachtete verstohlen Dicks Gesicht, aber es hatte nicht den Anschein, als habe Elks Geheimnis irgendwelchen Eindruck auf ihn gemacht. Er kam langsam zum Tisch zurück.

      »Ich fürchte, ich werde nun gehen müssen«, sagte er. »Elks Angelegenheiten erfordern meine Anwesenheit in der Stadt.«

      Ihn traf ein Blick des Bedauerns aus Ellas Augen, der ihn für den Verlust vieler Stunden entschädigte. Sie beschleunigten Abschied und Abfahrt. Im Auto begann Elk zu erzählen.

      »Lord Farmley hat das Wochenende in seinem Stadthaus verbracht. Er hat an zwei neuen Klauseln gearbeitet, die auf die privaten Vorstellungen des amerikanischen Gesandten hin eingeschaltet worden waren. Dieser hatte, wie gewöhnlich, eine beobachtende Haltung eingenommen, und es war ihm, gleichfalls wie gewöhnlich, gelungen, sich die für sein Land wünschenswerte Verbesserung einer Klausel zu sichern, die von Schiffstransporten handelte. Lord Farmley hatte das Dokument in den Safe gelegt, der ein ›Cham‹-Fabrikat der letzten Erfindung und in die Wand seines Arbeitszimmers eingebaut ist. Er hat die Stahltüren zweimal versperrt, die Alarmanlage eingeschaltet und ist dann zu Bett gegangen. Erst nach dem Mittagessen hatte er wieder Gelegenheit gehabt, den Safe zu öffnen. Allem Anschein nach waren dessen Türen nicht berührt worden. Der Minister steckte, als er nach dem Essen wieder an dem Vertrag arbeiten wollte, den Schlüssel ins Schloß und entdeckte, während er ihn umdrehte, daß die Schlüsselbärte keinen Widerstand fanden. Er berührte den Handgriff, und dieser ließ sich leicht herausziehen. Der Safe war offen, und der Vertrag fehlte.«

      »Wie sind sie in das Haus gekommen?«

      »Durch das Speisekammerfenster. Die Speisekammern der Haushofmeister sind gerade von einem Einbrecherarchitekten erfunden worden«, meinte Elk. »Es war eine saubere Arbeit. Die feinste, die ich seit zwanzig Jahren gesehen habe, und nur zwei Männer auf der ganzen Welt gibt es, die dergleichen machen können. Keine Fingerabdrücke, keine in den Safe gesprengten häßlichen Löcher, alles nett und wunderbar schön gemacht.«

      »Ich hoffe, daß Lord Farmley ebenso viel Befriedigung über diese Handfertigkeit empfunden hat wie Sie«, antwortete Dick grimmig. Und Elk schnupfte. »Er war nicht zum Lachen aufgelegt«, sagte er. »Wenigstens nicht, als ich wegging.«

      Seine Lordschaft war auch um nichts heiterer, als Elk zurückkehrte.

      »Das ist doch schrecklich, schrecklich, Gordon! Wir halten heute Abend eine Kabinettssitzung über den Fall ab. Der Ministerpräsident ist nur deshalb in die Stadt zurückgekommen. Es bedeutet ja den politischen Ruin für mich.«

      »Glauben Sie, daß die Frösche dafür verantwortlich gemacht werden können?« fragte Dick.

      Lord Farmleys Antwort bestand darin, daß er die Tür des Safes öffnete. Auf der Innenwand war ein weißer Abdruck zu sehen, genau der gleiche Abdruck, den Elk am Türpaneel von Herrn Broads Wohnung gefunden hatte. Es war für einen Nicht-Experten fast unmöglich, zu entdecken, wie der Safe geöffnet worden war. Elk erklärte die Arbeit. Sie hatten zuerst den Handgriff herausgenommen und waren so imstande gewesen, das Schloß durch einen wirksamen Sprengstoff zu zerstören, den niemand im ganzen Haus gehört hatte.

      »Sie haben einen Schalldämpfer benutzt«, meinte Elk. »Ich sage Ihnen, nur zwei Männer auf der Welt können das gemacht haben.«

      »Und wer sind die?«

      »Der junge Harry Lyme ist der eine. Er ist seit Jahren tot. Und Saul Morris ist der andere. Und Saul ist auch tot.«

      »Da aber die Arbeit offensichtlich nicht von zwei Toten herstammt, so wäre es doch wohl ratsam, an einen Dritten zu denken«, sagte Seine Lordschaft mit verzeihlicher Erregung. Elk schüttelte langsam den Kopf.

      »Es muß wohl ein Dritter sein und der Klügste der ganzen Bande«, ließ er seine Gedanken laut werden. »Ich kenne die ganze Kompanie. Wal Cormon, Georg, die Ratte, Billy Harp, Ike Velleco, Pheeny Moore, und ich möchte einen Eid leisten, daß es keiner von ihnen war. Das ist Meisterarbeit, Exzellenz. Die Arbeit eines großen Künstlers, wie wir ihr heutzutage nur selten begegnen.«

      Lord Farmley, der so geduldig wie möglich dieser Rhapsodie zugehört hatte, schritt aus dem Arbeitszimmer und ließ die beiden Männer allein.

      »Herr Hauptmann«, sagte Elk, als er die Tür hinter dem Lord geschlossen hatte, »wissen Sie vielleicht, wo der alte Bennett in der letzten Nacht war?« Elks Ton war leicht, aber Dick fühlte die Bedeutung der Frage, die dahinter lag, und im Augenblick wußte er, daß Ella ihm viel teurer geworden war, als er je geahnt

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