Von Bagdad nach Stambul. Karl May

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Von Bagdad nach Stambul - Karl May

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die Pferde; nur das meinige blieb in der Hand Halef's, der recht gut wußte, was mir lieb und angenehm war. Wir Andern nahmen bei dem Khan Platz. Die Flamme leuchtete hell auf uns herüber, so daß wir einander ganz genau erkennen konnten. Der Bejat war ein in den mittleren Jahren stehender Mann von sehr kriegerischem Aussehen. Seine Züge waren offen und Vertrauen erweckend, und die achtungsvolle Entfernung, in welcher sich seine Untergebenen von ihm hielten, ließ auf einen ehrliebenden und selbstbewußten Charakter schließen.

      »Kennst Du bereits meinen Namen?« erkundigte er sich.

      »Nein,« antwortete ich.

      »Ich bin Heider Mirlam, der Neffe des berühmten Hassan Kerkusch-Bey. Hast Du von ihm gehört?«

      »Ja. Er residirte in der Nähe des Dorfes Dschenijah, welches an der Poststraße von Bagdad nach Tauk liegt. Er war ein sehr tapferer Krieger, aber er liebte dennoch den Frieden, und jeder Verlassene fand guten Schutz bei ihm.«

      Er hatte mir seinen Namen gesagt, und nun erforderte es natürlich die Höflichkeit, ihm auch den meinigen zu nennen. Darum fuhr ich fort:

      »Dein Kundschafter wird Dir bereits gesagt haben, daß ich ein Franke bin. Man nennt mich Kara Ben Nemsi – – –«

      Er konnte trotz der bekannten orientalischen Selbstbeherrschung einen Ausruf des Erstaunens nicht unterdrücken:

      »Ajah – oh! Kara Ben Nemsi! So ist dieser andere Mann, der eine rothe Nase hat, der Emir aus Inglistan, welcher Steine und Schriften ausgraben will?«

      »Hast Du von ihm gehört?«

      »Ja, Herr; Du hast mir nur Deinen Namen genannt, aber ich kenne Dich und ihn. Der kleine Mann, welcher Dein Pferd hält, ist Hadschi Halef Omar, vor dem sich so viele Große fürchten?«

      »Du hast es errathen.«

      »Und wer sind die beiden Andern?«

      »Das sind Freunde von mir, welche ihre Namen in den Kuran legten. Wer hat Dir von uns erzählt?«

      »Du kennst Ibn Zedar Ben Huli, den Scheik der Abu Hammed?«

      »Ja. Er ist Dein Freund?«

      »Er ist nicht mein Freund und nicht mein Feind. Du brauchst Dich nicht zu sorgen; ich habe ihn nicht an Dir zu rächen.«

      »Ich fürchte mich nicht!«

      »Das glaube ich. Ich traf mit ihm bei Eski Kifri zusammen, und da erzählte er mir, daß Du Schuld bist, daß er Tribut zu zahlen hat. Sei vorsichtig, Herr! Er wird Dich tödten, wenn Du in seine Hände fällst.«

      »Ich befand mich in seiner Hand, ohne daß er mich getödtet hat. Ich war Gefangener; aber er konnte mich nicht festhalten.«

      »Ich habe es gehört. Du hast den Löwen getödtet, ganz allein und in der Dunkelheit, und bist dann mit der Haut desselben davongeritten. Glaubst Du, daß auch ich Dich nicht halten könnte, wenn Du mein Gefangener wärest?«

      Dies klang verdächtig, doch ich antwortete ruhig:

      »Du könntest mich nicht halten, und ich wüßte auch nicht, wie Du es anfangen solltest, um mich gefangen zu nehmen.«

      »Herr, wir sind Zweihundert, Ihr aber seid nur Fünf!«

      »Khan, vergiß nicht, daß zwei Emire aus Frankhistan unter diesen Fünf sind, und daß diese Zwei so viel zählen wie zweihundert Bejat!«

      »Du sprichst sehr stolz!«

      »Und Du fragst sehr ungastlich! Soll ich an der Wahrheit Deines Wortes zweifeln, Heider Mirlam?«

      »Ihr seid meine Gäste, obgleich ich die Namen dieser beiden Männer nicht kenne, und sollt Brod und Fleisch mit mir essen.«

      Ein rücksichtsvolles Lächeln umspielte seine Lippen, und der Blick, welchen er auf die beiden Haddedihn warf, sagte mir genug. Mohammed Emin war infolge seines prachtvollen, schneeweißen Bartes unter Tausenden zu erkennen.

      Auf einen Wink des Khan wurden einige viereckige Lederstücke herbeigebracht. Auf diesen servirte man uns Brod, Fleisch und Datteln, und als wir ein Weniges davon genossen hatten, wurde uns für unsere Pfeifen Tabak gereicht, für welchen uns der Khan eigenhändig Feuer gab.

      Jetzt erst konnten wir uns als seine Gäste betrachten, und ich gab Halef einen Wink, mein Pferd zu den übrigen Rossen zu bringen. Er that dies und nahm dann auch bei uns Platz.

      »Welches ist das Ziel Eurer Wanderungen?« erkundigte sich der Khan.

      »Wir reiten nach Bagdad zu,« antwortete ich vorsichtig.

      »Wir ziehen nach Sinna,« hob er wieder an. »Wollt Ihr mit uns reiten?«

      »Wirst Du es erlauben?«

      »Ich werde mich freuen, Euch bei mir zu sehen. Komm, reiche mir Deine Hand, Kara Ben Nemsi! Meine Brüder sollen Deine Brüder sein und meine Feinde Deine Feinde!«

      Er reichte mir seine Hand entgegen, und ich schlug ein. Er that dasselbe auch mit den Andern, die sich mit mir herzlich freuten, hier so ganz unerwartet einen Freund und Beschützer gefunden zu haben. Wir sollten es später zu bereuen haben. Der Bejat meinte es nicht böse mit uns; aber er glaubte, an uns eine gute Erwerbung gemacht zu haben, die ihm großen Nutzen bringen werde.

      »Welche Stämme trifft man von hier bis Sinna?« erkundigte ich mich.

      »Hier ist ein freies Land, wo bald dieser und bald jener Stamm seine Heerden weidet; wer der Stärkere ist, der bleibt.«

      »Zu welchem Stamme seid Ihr geladen?«

      »Zu dem der Dschiaf.«

      »So freue Dich Deiner Freunde; denn der Stamm der Dschiaf ist der mächtigste des ganzen Landes! Die Scheik-Ismael, Zengeneh, Kelogawani, Kelhore und sogar die Schenki und Hollali fürchten ihn.«

      »Emir, warst Du bereits einmal hier?«

      »Noch niemals.«

      »Aber Du kennst ja alle Stämme dieser Gegend!«

      »Vergiß nicht, daß ich ein Franke bin!«

      »Ja, die Franken wissen Alles, selbst das, was sie nicht gesehen haben. Hast Du auch vom Stamme der Bebbeh gehört?«

      »Ja. Er ist der reichste Stamm weit und breit und hat seine Dörfer und Zelte in der Umgebung von Sulimania.«

      »Du bist recht berichtet. Hast Du Freunde oder Feinde unter ihnen?«

      »Nein. Ich bin noch nie mit einem Bebbeh zusammengetroffen. «

      »Vielleicht werdet Ihr sie kennen lernen.«

      »Werdet Ihr ihnen begegnen?«

      »Vielleicht, obgleich wir gern ein Zusammentreffen vermeiden.«

      »Kennst Du den Weg nach Sinna ganz genau?«

      »Ganz genau.«

      »Wie

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